Die Straße zwischen Prevorst und Nassach führt durch den Wald. Foto: Michael Raubold Photographie

Das Schneeräumkommando des Oberstenfelder Bauhofs sorgt im höchsten Dorf des Kreises, in Prevorst, für freie Fahrt.

Oberstenfeld - Stille liegt an diesem Morgen um 6  Uhr über dem Oberstenfelder Bauhof. Im Büro schaut sich der Leiter Jürgen Beck mit wachem Blick die Animation des Deutschen Wetterdienstes an. „Eine Front mit Regen und Schnee zieht von Westen rein“, erklärt er. Ein typischer Wetterumschwung: Es könnte Glatteis geben, denn die Niederschläge würden bei drei Grad minus auf den eiskalten Straßenbelägen blitzartig gefrieren. Beck und sein Kollege Thomas Macedowski starten. Das Ziel ist Prevorst, das mit 483 Metern höchstgelegene Dorf des Landkreises Ludwigsburg und eine Oberstenfelder Exklave im Landkreis Heilbronn.

In der Garage wirft Jürgen Beck noch einen Blick in die Ladung des 18  Tonnen schweren orangefarbenen Lastwagens mit vorgebautem Schneepflug und Salzstreuer am Heck. Zufrieden nickt er, als er absteigt. Er habe genug Salz. „Für eine Tour brauche ich etwa 500 Kilo – insgesamt verstreuen wir für alle Ortsteile bei starkem Schneefall pro Tag etwa eine Tonne.“

Wenig später biegt Beck mit dem 300 PS starken Brummi um die Ecke. Vorne blinkt es, und die kleinen Fähnlein flattern trotzig im kühlen Wind des dunklen Morgens. „Die Fahnen erleichtern das Zielen – sie sind außerdem auch vorgeschrieben“, sagt Beck, der seine Tour über die Kreuzstraße in Richtung Gronau fortsetzt. Läge Schnee, müsste er die rechte Fahrbahn auf drei Meter frei räumen und auf dem Rückweg die Gegenseite beackern. „Wir haben alle unsere feste Tour, so prägt es sich ein und keine Straße wird vergessen“, erzählt Beck, der sich der hohen Verantwortung bewusst ist. Denn scheppere es irgendwo, erkundigten sich die Versicherungen, ob geräumt worden sei. Dann drohten Schadensersatzforderungen.

In Gronau durchqueren Beck und Mazedowski zügig den Ort. Die Straßen sind frei, schnell ist die Abzweigung in Richtung Prevorst erreicht. „Hier ist das Land zuständig, nicht wir – das Straßenbauamt Besigheim hat schon Salz gestreut“, bemerkt Jürgen Beck, der sich noch erinnert, wie er als kleiner Bub die Bergrennen auf der 3,5 Kilometer langen Straße als Zuschauer verfolgt hat. Wenn ganz früh schon Schnee und Eis den Verkehr dort lahmzulegen droht, muss der 50-Jährige für die Kollegen aus Besigheim einspringen. „Sie schaffen es bei extremem Wetter nicht, so früh alle Straßen gleichzeitig zu versorgen.“

In Becks Lastwagen läuft im Radio der Queen-Song „We are the champions“. Vom übermütigen Triumphgejohle eines Siegers ist der Bauhofleiter aber ungefähr so weit entfernt wie ein Schneemann von der Montblanc-Besteigung. Behutsam biegt er in die Prevorster Ortsstraße ein. „Hier gibt es keine Gehwege – wir müssen insbesondere vermeiden, vor Hauseingängen Schneehaufen zu produzieren.“ Es komme manchmal zu Beschwerden, die meistens per E-Mail im Rathaus eingingen. „Aber wir sind die Tage auch mal gelobt worden, wie zuverlässig wir arbeiten.“

Bis zur warmen Tasse Kaffee, mit der sich Jürgen Beck am Ende einer Tour im Bauhof belohnt, ist es noch ein weiter Weg. Die Uhr im Lastwagen zeigt 6.35 Uhr, durchgängig streut Beck Feuchtsalz, damit die bevorstehenden Niederschläge am Boden nicht gefrieren. „Wir betreiben hier heute vorbeugende Straßenmassage“, scherzt Beck. Zwar hat der Räumwagen freie Fahrt, doch die Kombination aus platzraubenden verharschten Schneeresten und ungeschickt geparkten Autos macht vor allem die Wendemanöver in den kleinen Gassen Prevorsts zur Geschicklichkeitsprobe. „Manchmal ist es besser, wenn der zweite Mann aussteigt und dirigiert“, erklärt Thomas Macedowski. Oft gehe es um wenige Zentimeter, und einen Blechschaden wolle niemand verursachen.

Wenige Minuten später biegt das Räumfahrzeug in die Straße nach Nassach und Kurzach ein. Auch dort liegt kein Schnee. Konzentriert fährt Jürgen Beck am Waldspielplatz vorbei. „Ich mag es, wenn ich mit 50 Stundenkilometern durch den Schnee fahre und der dann zehn Meter auf die Seite spritzt“, erzählt er. Das gehe natürlich außerhalb der Orte viel besser, da er in Wohngebieten aufpassen müsse, die Gehwege nicht vollzuspritzen. Ähnliche Sorgfalt verlangt der Bauhofleiter aber auch von Bürgern. „Wer Schnee einfach auf die Straße schippt, macht Räumdiensten und Autofahrern das Leben schwer.“ Am besten sei es, wenn an geeigneten Stellen Schneehaufen entstünden, denn auf Straßen gefriere Schnee – dann werde es glatt.

Das Schneeräumkommando erreicht gegen 7 Uhr wieder den Kernort. Jürgen Beck fährt durch die Beilsteiner Straße. Merklich mehr Autofahrer sind unterwegs, Schulkinder bevölkern die Gehwege. Auch um die öffentlichen Geh- und Radwege muss sich der Bauhof kümmern. Namentlich sind es Andreas Schmidt, Stephan Hanzsch, Matthias Linder und Michael Meißnest, die Brücken, Eingänge und Treppen von Hand räumen. An den Spielplätzen seien schon mal 500 Meter am Stück zu kehren. „Sie müssen vor der Schulzeit zwischen 6 und 6.30 Uhr fertig sein“, erklärt Jürgen Beck. Für das 16 Kilometer zählende Rad- und Fußwegnetz, das mit einem Kehrwagen geräumt wird, ist Thomas Krauß zuständig. Weitere Mitglieder des Schneeräumdienstes sind Helmut Gröninger, Florian Volz, Heiko Menner und Marco Schöneck. Sie alle müssen früh aufstehen, um Schnee und Glätte zu bändigen. Auf dem 60 Kilometer langen Straßennetz von Oberstenfeld müssen sie je nach Lage mehrmals am Tag ausschwärmen.