Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Firma Hoerbiger erhält 1,3 Millionen Euro Steuern zurück. Jetzt wackelt der Haushalt der Gemeinde.

Oberstenfeld - Eigentlich sollten die Oberstenfelder Gemeinderäte am kommenden Donnerstag den Haushalt für das Jahr 2015 festzurren. Die öffentliche Sitzung fällt jedoch aus. Stattdessen ist an diesem Abend mit den Räten Krisenmanagement hinter verschlossenen Türen angesagt. Der Bürgermeister Reinhard Rosner informierte gestern unsere Zeitung, dass die Gemeinde einem großen Unternehmen für das Jahr 2013 rund 1,3  Millionen Euro zurückzahlen musste. „Auch dauerhaft ist mit einer Gewerbesteuer zu rechnen, die um diese Größenordnung niedriger liegt“, sagt Rosner. Das heißt: Auch im neuen, bereits eingebrachten Haushalt fehlt ein ähnlich hoher Betrag.

Auf die näheren Umstände der Rückzahlung wollte Rosner wegen des Steuergeheimnisses zunächst nicht eingehen. In Oberstenfeld gibt es nur zwei Unternehmen, die wegen ihrer Größe in Frage kommen: Werzalit und Hoerbiger. „Wir sind es sicher nicht“, teilt Werzalit-Chef Jochen Werz auf Anfrage mit. Und Hoerbiger? Das Unternehmen bestätigt am Abend: Es hat für das Jahr 2013 die zu viel an Oberstenfeld gezahlten 1,3  Millionen Euro zurückbekommen. Dies habe eine Steuerprüfung im Jahr 2014 zutage gefördert. Hintergrund sei der Zusammenschluss der Hoerbiger Antriebstechnik GmbH in Schongau mit der Hoerbiger SynchronTechnik in Oberstenfeld zum 1. Januar 2013. Die Behörden hätten darauf reagiert und vorläufige Steuerbescheide für die Vorauszahlungen ausgestellt. Die Steuerprüfung im Jahr 2014 habe allerdings zu dem nun festgestellten Ergebnis geführt – auch mit einer anderen Aufteilung der Steuerzahlungen zwischen den Standorten Schongau, Peiting und Oberstenfeld.

Die Gemeinde habe das Ergebnis ebenfalls geprüft, „es ist alles rechtens“, bestätigt Reinhard Rosner am Abend. Ob nun für 2014 eine weitere Millionenrückzahlung zu erwarten sei, stehe noch nicht fest. Zwischenzeitlich war die Gemeinde im Steuerkraft-Ranking des Landkreises von Platz 37 auf Rang acht hochgeschnellt – was die Situation aktuell verschärfe: „Wir werden jetzt behandelt wie eine steuerstarke Gemeinde“, sagt Rosner und erinnert an die Krisenjahre 2009 und 2010. Wie Oberstenfeld die neuerliche Krise lösen könnte, darüber könne er im Detail noch nichts sagen, da die Nachricht für ihn sehr frisch sei. Gemeinsam mit der Kämmerin Martina Schrag arbeite er an einem Konzept, das er am Donnerstag „mit belastbaren Zahlen“ in nicht öffentlicher Sitzung dem Gemeinderat vorlegen will. „Wir werden in die Ausgaben einsteigen müssen“, kündigt Reinhard Rosner an, hält jedoch alle ins Auge gefassten Projekte für „wohlbegründet und notwendig“, man müsse dann aber vermutlich einiges aufschieben.

Auf die Liste der Einsparmöglichkeiten ist Michael Meder, der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, gespannt. Niemand könne etwas dafür, wenn in einem Unternehmen umstrukturiert werde. „Die 1,3  Millionen Euro sind eine stolze Summe, die fest verplant war“, sagt Meder, der an das Millionen-Projekt Stiftssanierung erinnert. Daran gekoppelt ist das 1000-Jahr-Jubiläum der Gemeinde 2016. Immerhin könne man jetzt noch reagieren, da der Haushalt noch nicht beschlossen ist.

Den Schulterschluss mit den anderen Räten sucht der SPD-Fraktionsvorsitzende Günter Perlinger: „Wir müssen uns jetzt zusammentun und sachlich diskutieren.“ Auch aus seiner persönlichen Warte sei das Ortsjubiläum wichtig: „Es wird sicherlich nicht ausfallen.“ Er habe sich noch keine abschließende Meinung gebildet, erwarte aber, dass man jedes Projekt durchleuchte.

Viele Unternehmen korrigierten ihre Steuerwerte noch in den letzten Wochen des Jahres, weiß Wolfgang Streufert, Fraktionschef der CDU. Trotz des herben Verlustes sei die finanzielle Situation der Gemeinde nicht bedrohlich. „Allerdings wachsen die Bäume auch nicht in den Himmel.“ Die hohen Einnahmen der Vorjahre hätten Begehrlichkeiten geweckt. „Wir müssen jetzt Prioritäten setzen: Was ist uns wichtig, was weniger wichtig.“