Wie schon im Oktober 2016 bangen Arbeitnehmer um ihre Zukunft. Foto: Archiv (Werner Kuhnle) Quelle: Unbekannt

Insolvenzverwalter und Betriebsrat streben eine gütliche Einigung an, durch die 19 Arbeitnehmer zurückkehren.

Oberstenfeld - Der Verkauf des insolventen Holzverarbeiters Werzalit in Oberstenfeld soll bis Ende des Monats über die Bühne gehen. Dieses Ziel hat sich der Stuttgarter Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz gesetzt. „Es sind nur noch wenige Interessenten übrig – sie haben ein Angebot abgegeben und prüfen derzeit die Bücher“, berichtet der Rechtsanwalt, der seit Beginn des Insolvenzverfahrens rund 40  Anfragen erhalten hatte.

Das Unternehmen war unter anderem in Schieflage geraten, weil das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt das Outsourcing von 74 Mitarbeitern in die Fertigungsgesellschaft Holz und Kunststoff (FHK) für unrechtmäßig befunden hatte. Damit verbunden sind Forderungen in Millionenhöhe von aktuell 52 Arbeitnehmern, die für die Zeit von Mai bis November 2015 und von Dezember 2016 bis jetzt bei Werzalit in Lohn und Brot standen, wie das BAG bestätigt hat. Auch stehen Pensionsforderungen von mehr als drei Millionen Euro im Raum.

Für den Insolvenzverwalter Jochen Sedlitz bedeutet das, er muss eine Einigung mit den Arbeitnehmern erzielen, um weiterzukommen. „Das Problem muss gelöst sein, sonst kann der Betrieb nicht verkauft werden.“ Umgekehrt können die Arbeitnehmer nur auf eine Entschädigung hoffen, wenn Sedlitz das Unternehmen verkaufen kann und Finanzmasse erzielt. Die Zeit für einen Verkauf eilt auch deshalb, weil jeder Monat mehr neue Lohnkosten aufwirft und den Entschädigungstopf schmälert.

Der Betriebsrat will dem Plan von Sedlitz zustimmen, kündigt der Vorsitzende Werner Fischer im Gespräch mit unserer Zeitung an. „Die Summe ist nicht utopisch hoch, aber höher als bei solchen Verfahren üblich“, sagt Fischer. Über die genaue Höhe des Betrags habe man Stillschweigen vereinbart. Bei einer Betriebsversammlung an diesem Freitag in der Oberstenfelder Moschee werde man die Betroffenen informieren. „Natürlich kann es auch böses Blut geben“, sagt Fischer. Schließlich seien die meisten seit Dezember 2016 arbeitslos und hätten durch die Urteile Ansprüche. Diese würden sie aufgeben, wenn sie dem Interessenausgleich zustimmten.

Dass es dabei für den einzelnen um viel Geld geht, macht Jan-Willem Riezebos, der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende, deutlich. „Die meisten Mitarbeiter haben Forderungen, die sich bei 80 000 bis 100 000 Euro bewegen“, sagt er und hofft, dass alle Kollegen, die geklagt haben, mitziehen. In dem Sozialplan, der in der Moschee vorgestellt wird, gehe es auch um Abfindungen und die Aufnahme in eine Transfergesellschaft, in der die Arbeitslosen weiterqualifiziert werden. Und um Wiedereinstellung: „Die Leute haben ein hohes Durchschnittsalter – jedes Jahr bis zur Rente hilft ihnen weiter.“

Eine Zukunft in einer der 14 Tochtergesellschaften, die noch auf dem Werzalit-Werksgelände operieren, werden aber nur 19 der 52 Arbeitnehmer haben, informieren Fischer und Riezebos. „Das ist eine tolle Sache, so sind wenigstens einige von uns wieder in Lohn und Brot“, sagt Jan-Willem Riezebos. Mehr konnten es auch deshalb nicht sein, weil bei einem Verkauf an einen Investor wohl erheblich Arbeitsplätze abgebaut werden, glaubt Werner Fischer. Derzeit seien 297 Personen in Oberstenfeld tätig. Jan-Willem Riezebos befürchtet, dass davon rund 50 Arbeitsplätze wegfallen könnten. „Alles Weitere hängt natürlich auch vom Investor ab.“ Riezebos hält die Produktionsanlagen für veraltet, es sei ja fast nichts mehr investiert worden. „Wahrscheinlich wird alles kleiner gemacht und man pickt sich die Rosinen raus.“