Eine Pilgerreise hat Reinhard Rosner in die Schweiz geführt. Foto: privat

Das Jahr nach seinem Abschied als Oberstenfelder Rathauschef hat Reinhard Rosner auf der Suche nach seinem Weg weitergebracht.

Oberstenfeld - Entspannt sitzt Reinhard Rosner auf dem schwarzen Ledersofa seines Wohnzimmers. „Gut“ fühle er sich, „sogar sehr gut“. Die Stille im Haus könne er immer noch genießen. Eine Ruhe, wie sie in den 24 Jahren als Chef im Oberstenfelder Rathaus undenkbar gewesen wäre. „Mein Leben ist ein Stück weit auf den Kopf gestellt“, sagt er und vergleicht seine Situation schmunzelnd mit der in einem Kloster. „Ich habe relativ wenig Außenkontakte, arbeite aber fleißig meine Aufgaben ab.“

Im Unterschied zu früher klingelt das Telefon nicht mehr ständig. Er helfe seiner Frau Ehrentraud, die als Notarin freiberuflich tätig ist, ihre Reisen zu organisieren und arbeitet sich in erbrechtliche Themen ein. „Früher hat sie mich oft zu Terminen begleitet, jetzt begleite ich sie.“ Aachen, Bad Salzuflen, Dingolfing. Man komme schon rum. Bundesweit tätig, kümmern sich die Rosners darum, dass Unternehmen erbrechtlich sauber in die nächste Generation übergeben werden. „Es ist eine interessante Thematik, in die ich mich erst einarbeiten musste“, verrät Rosner. Als Bürgermeister habe er früher schnell von Thema zu Thema springen müssen. Jetzt müsse er sich tiefer und länger mit einer Frage auseinandersetzen. Eine Umstellung, die ihm zunächst nicht leicht gefallen sei. Erste Erfolge haben sich jedoch schon eingestellt. Reinhard Rosner hat an einer Privatuniversität in der Nähe von Frankfurt den Abschluss als Testamentsvollstrecker gemacht. „Es war die erste Prüfung nach 30  Jahren“, erzählt er und schmunzelt wieder. Dass er sie mit einem Ergebnis im Einserbereich geschafft hat, habe ihn selbst überrascht, verrät er bescheiden auf Nachfrage. „Im Grunde bin ich auf dem Gebiet ein kleiner Fisch.“ Viele der Mitschüler arbeiteten bei Banken, es sei vor allem um rechtliche Fragen gegangen.

Nach dem Ende seines Dienstes muss sich Reinhard Rosner selbst neu erfinden. Ein Prozess, der immer noch nicht abgeschlossen sei. Eine Pilgerreise durch Süddeutschland bis nach Fribourg in der Schweiz markierte den Übergang. Mehr Zeit für die Familie und Freunde zu finden, war das Ziel. Sein Vater bezeichnete ihn als „verlorenen Sohn“, als Rosner zum ersten Mal nach 20 Jahren zum 82. Geburtstag in die Heimat kam. Auch Freunde spielen eine größere Rolle. Gelegentlich treffe er sie, gerne wandere er mit ihnen.

Ob ihm etwas fehle? Rosner schüttelt den Kopf. Nein, ins Rathaus gehe er bewusst nur zum Recyceln von Rohstoffen und nicht, um ehemalige Mitarbeiter zu besuchen. „Ich müsste aber dringend mal meinen Reisepass verlängern lassen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Er wolle die Kreise des Nachfolgers Markus Kleemann nicht stören. Auch in die Kommunalpolitik mische er sich nicht ein. Trotzdem werde er natürlich öfter angesprochen. Von Nachbarn etwa, die sich für eine maßvolle Bebauung im nahen geplanten Neubaugebiet Dürren IV einsetzen. Für den Ex-Schultes eine Gratwanderung, denn er selbst hat das Gebiet vom Amtsvorgänger Manfred Läpple im Flächennutzungsplan übernommen und 20  Jahre lang Grundstücke dafür gekauft. „Ich vertraue auf die Gremien und das Landratsamt, dass sie das richtige Maß finden“, sagt Rosner, der angibt, den Nachbarn gerne zu erklären, welche Möglichkeiten zur Mitwirkung es gebe. Umstritten ist derzeit, wie stark das neue Gebiet bebaut werden soll, da es an Landschaftsschutzgebiete angrenze.

Angesprochen wird Reinhard Rosner von Bürgern auch manchmal, wenn es um die schwierige Haushaltslage geht. Schließlich beschloss der Gemeinderat, die Außenstelle der Grundschule in Gronau zu schließen, was viele Eltern enttäuschte. Zu diesen Beschlüssen will sich der ehemalige Bürgermeister nicht äußern, aber er erkläre Fragern immer wieder, wie sehr die doppelte Buchführung, die bis zum Jahr 2020 Pflicht ist, ins Geld gehe, da Abschreibungen finanziert werden müssten. „Es ist wie bei der schwäbischen Putzfrau – sie muss jetzt Geld zurücklegen, damit sie sich einen neuen Eimer kaufen kann, falls ihr jetziger kaputt geht.“ Er selbst habe den Gemeinderat in seiner letzten Haushaltsrede vor einem Jahr darauf hingewiesen, „dass da etwas auf die Gemeinde zukommt.“ Unsolide gewirtschaftet habe die Kommune unter ihm nicht, allerdings sei die Millionen-Steuerrückzahlung an ein großes Unternehmen unerwartet gekommen.

Als Kreisrat fungiert Reinhard Rosner für die CDU-Fraktion als abfallpolitischer Sprecher. „Es ist ein hoch interessantes Gebiet, in das ich mich jetzt besser vertiefen kann“, sagt er, lässt es aber offen, ob er bei der Wahl im Jahr 2019 noch einmal antritt. Festgelegt hat sich der Oberstenfelder aber schon, was die nächste Etappe auf dem Jakobsweg angeht. „Ich werde im Sommer drei bis vier Wochen von Fribourg nach Le Puy unterwegs sein.“ Auf dem Rückweg holt ihn seine Frau ab. Sie nimmt eine Auszeit in einem Kloster in der Provence.