Der Container und die Stiftskirche wirken ästhetisch sehr unterschiedlich. Foto: Werner Kuhnle

Ein Wohncontainer in der Nähe der Oberstenfelder Stiftskirche? Das geht aus Sicht des Unternehmers Werner Nestel in Ordnung. Denkmalschützer sehen das anders.

Oberstenfeld - A

ls Unternehmer ist Werner Nestel in Oberstenfeld eine Institution. Der Bäckermeister gilt als produktiv und geschäftstüchtig. So ermöglichte er auf einer Brache einem großen Edeka-Markt die Ansiedlung. Im Nachbarort Beilstein eröffnete der umtriebige Nestel eine Drive-In-Filiale. Als Mann der Tat könnte der Geschäftsmann jetzt aber den Bogen überspannt haben: Ohne behördliche Genehmigung baute er einen Wohncontainer auf dem Dach eines seiner Häuser bei der Stiftskirche – dem Wahrzeichen Oberstenfelds, dessen 1000-jähriges Bestehen im kommenden Jahr groß gefeiert wird.

Der Container gilt rechtlich als „fliegendes Bauwerk“. Nestel will es nur fünf Jahre stehen lassen. „Ich hab’ mir dabei nichts Böses gedacht“, sagt der Bäcker unserer Zeitung. Er sei erstaunt gewesen, dass er dafür eine Genehmigung brauche. Jetzt hoffe er, dass die Behörden nachträglich ihr Okay geben. Der Unternehmer verweist auf den leer gefegten Wohnungsmarkt. „Wir finden derzeit nichts mehr für unsere rumänischen Mitarbeiter“, beteuert er.

Ohne die Kräfte aus dem südosteuropäischen Land könne er mit der Backindustrie nicht mithalten, erklärt Werner Nestel. Die Rumänen würden – wie Saisonarbeiter in der Landwirtschaft – jeweils für mehrere Wochen kommen. Sie reinigten bei ihm Maschinen oder würden zu ähnlichen Arbeiten eingesetzt. „Die Leute sind glücklich: Sie verdienen hier in zwei Monaten so viel wie zu Hause das ganze Jahr nicht.“ Nestel betont, dass er den Menschen aus dem EU-Land den Mindestlohn zahle und für sie Sozialabgaben abführe. Deutsche Arbeitskräfte seien für die Hilfsarbeiten nicht zu finden: „Mann muss nur in die Gaststätten gehen und schauen, wer da in den Küchen spült“, sagt der Unternehmer. Er finde nichts dabei, den Gastarbeitern eine Chance zu geben: „Sie sind zuverlässig und ehrlich.“ Die Arbeiter konsumierten keinen Alkohol, einer von ihnen gehe regelmäßig in die Kirche. Zu Weihnachten führen die Rumänen wieder in ihre Heimat – zum neuen Jahr kämen sie zum Arbeiten erneut nach Oberstenfeld.

Ob der Wohncontainer jedoch städtebaulich überhaupt ins Bild passt, darüber befindet der Technische Ausschuss des Oberstenfelder Gemeinderats in der Sitzung am kommenden Donnerstag. In der Vorlage zu der Sitzung wird die Umgebung als wichtiges Kriterium für die städtebauliche Beurteilung genannt: „Eine Rolle spielt dabei auch die Umgebungsbebauung mit Stiftsgebäude und Stiftskirche, die beide ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung sind.“ Einen Beschlussvorschlag unterbreitet die Verwaltung den Räten jedoch nicht. Dieser erfolge erst in der Sitzung , heißt es in der Vorlage des Bauamts. Der Beratung im Technischen Ausschuss wolle er nicht vorgreifen, erklärt der Bürgermeister Markus Kleemann auf Nachfrage. Den Umgebungsschutz der Stiftskirche mit dem angeschlossenen Gebäude nehme er jedoch ernst: „Wir kümmern uns darum und haben Herrn Nestel die Problematik erläutert.“

Das letzte Wort in der Sache hat die untere Baurechtsbehörde des Landratsamtes Ludwigsburg. Für ein Ja müsste die Gemeinde ihr Einvernehmen erteilen. Positioniert haben sich jedoch schon die Denkmalschutzbehörden des Landratsamtes und des Regierungspräsidiums Stuttgart. Sie fordern die Beseitigung des Containers, teilt ein Sprecher des Landratsamtes auf Anfrage mit. Im Falle einer Ablehnung müsste der Bauherr den Wohncontainer beseitigen. Ihm würde eine angemessene Frist gesetzt.