Die Fertighäuser bieten Platz für etwa 40 Menschen. Foto: Oliver von Schaewen

Die Gemeinde Murr hat an der Hindenburgstraße drei Fertighäuser für Flüchtlinge errichten lassen. Die Gebäude sollen bald bezugsfertig sein.

Murr - Die Passanten in Murr haben sich an den Anblick der drei Häuser im Flachdachstil inzwischen gewöhnt. Die Module zum Preis von je 420 000  Euro waren bereits am 28. März an die Hindenburgstraße 15 angeliefert worden, stehen aber immer noch leer. Das liege an den Außenanlagen, erklärt der Bürgermeister Torsten Bartzsch, sie würden nach den Sommerferien fertiggestellt. Eilig hat es die Gemeinde nicht: „Wir haben keinen Fixtermin für den endgültigen Bezug der drei Häuser festgelegt und stehen nicht unter Zeitdruck“, sagt der Rathauschef.

Die entspannte Lage resultiert aus mehreren Faktoren. Zum einen hat die Gemeinde ihr Aufnahmesoll von 50 Plätzen in diesem Jahr mehr als erfüllt, seit die Caritas im Auftrag des Landkreises im Industriegebiet Egarten das Jugendheim für Unbegleitete Minderjährige Asylbewerber (UMA) mit derzeit 29 belegten Plätzen in Betrieb genommen hat (wir berichteten). Zum anderen ist die große Flüchtlingswelle abgeebbt, nachdem die Balkanroute geschlossen wurde. „Man hat den Eindruck, es kommen weniger Asylbewerber, aber wir müssen für das Jahr 2018 Wohnraum bereithalten, da viele Asylverfahren abgeschlossen werden und wir für die Anschlussunterbringung mitsorgen müssen“, weiß Bartzsch, der davon ausgeht, „dass wir den Platz definitiv brauchen werden“.

Die relative Ruhe hat zumindest für eine Familie ihr Gutes. Sie darf bald aus dem benachbarten Haus an der Hindenburgstraße  11 in eins der Module einziehen. „Das Ehepaar erwartet ein Kind“, berichtet Torsten Bartzsch. In einem der Fertighäuser steht eine der 45 Quadratmeter großen Wohnungen bereit. Erst allmählich sollen die anderen Module gefüllt werden. „Wir gehen bewusst etappenweise vor“, erklärt der Bürgermeister, der mit dem Gemeinderat dem Wunsch der Anwohner entsprach, die ursprünglich geplante Belegung des 2600 Quadratmeter großen Geländes mit 100 Personen zu senken: Künftig sollen dort 40 Menschen leben. Im Erdgeschoss des dritten Hauses auf dem Gelände wird der Arbeitskreis (AK) Asyl einziehen, um vor Ort tätig zu sein.

Für diese Möglichkeit ist Rudolf Grill, einer der drei Sprecher des Arbeitskreises, dankbar. „Wir treffen uns nächste Woche, um über die Nutzung zu beraten“, erzählt er und denkt an einen Sozialraum, in dem Nachhilfe, Deutsch-Unterricht sowie Stammtische und Spieleabende stattfinden könnten. „Auch der Nebenraum für die Caritas-Sozialberatung ist sehr schön“, sagt Grill, der auf einen harten Kern von rund 25 aktiven Helfern zurückgreifen kann, nachdem sich bei der Bürgerversammlung im Januar 2016 etwa 70 Interessierte in eine Liste eintrugen, um regelmäßig über die Aktivität des Arbeitskreises informiert zu werden. Seitdem habe der AK zwei Phasen erlebt: „Zuerst kamen viele Familien aus sicheren Herkunftsstaaten – sie sind schon alle wieder zurückgeführt worden.“ Später kam dann laut Grill die Welle vor allem mit jungen Männern aus Kriegsländern wie Syrien und Afghanistan. „In diesen Fällen steht das Bleiberecht stärker im Raum, und wir helfen den Flüchtlingen, hier ein Praktikum oder Arbeitsstellen zu finden.“ Erfolge auf diesem Gebiet machen auch den Helfern Mut. „Vier von den circa 35 Flüchtlingen haben eine Vollzeitbeschäftigung“, berichtet Grill, der das dezentrale Unterbringungskonzept der Gemeinde lobt. „Es leben ja auch etwa 20 Asylbewerber in privaten Unterkünften.“

Er sei immer wieder überrascht, wie schnell sich die Kinder der Flüchtlingsfamilien die deutsche Sprache aneigneten, lobt der Arbeitskreis-Sprecher Grill. Bei manchen alleinstehenden Männern beobachte er dagegen Schwierigkeiten. „Sie sind nicht die eifrigsten – das hängt auch sicher damit zusammen, dass sie nicht wissen, ob sie nach dem Krieg wieder in ihr Heimatland zurückkönnen“, vermutet Rudolf Grill, der auch nicht ausschließt, dass sich einige mit einem Leben auf Hartz-IV-Niveau abgefunden haben könnten.