Das Interesse am Thema ist ungebrochen groß. Obwohl die Sitzung Foto: Werner Kuhnle

Der Steinbruch soll nicht näher an den Ort heranrücken, erklärt der Ortschaftsrat Rielingshausen einmütig.

Marbach-Rielingshausen - Weil die Sitzung des Ortschaftsrates im Amtsblatt vergangene Woche nicht angekündigt und damit nicht ordnungsgemäß einberufen worden war, konnte am Montag keine formal korrekte Sitzung stattfinden. Mit dieser Information sorgte der Ortsvorsteher Eberhard Ruoff unter den rund 150 Zuhörern in der Rielingshäuser Gemeindehalle kurz nach 19 Uhr für Aufregung. Die Ankündigung vom 10. November im Amtsblatt und die in unserer Zeitung am 17. November veröffentlichte Pressemitteilung reichten nicht aus, gab Ruoff die Auskunft der Rechtsaufsicht wieder. Er übernehme die volle Verantwortung für das Versäumnis. „Es tut mir leid, dass das passiert ist.“ Am 4. Dezember wird die Sitzung wiederholt.

Doch auch wenn die Räte keinen Beschluss fassen konnten, wurde die Zusammenkunft als weiterer Informationsaustausch genutzt. Die wichtigste Information des Abends gab Ruoff dann gleich selbst. Er verlas einen von den Sprechern aller drei Fraktionen unterzeichneten Antrag, über den man eigentlich hatte abstimmen wollen – und den laut Ruoff alle zwölf Räte mittragen. Die klare Botschaft: Das Gremium spricht sich gegen die Überlegungen zur geplanten Teilfortschreibung des Regionalplans bezüglich der Rohstoffsicherung in der Region Stuttgart, also gegen die Klöpfer-Erweiterungspläne, aus. Angesichts vorhandener Zielkonflikte mit bereits schon länger bestehender Rahmenplanungen im Einzugsbereich des Gebiets werde der Verband Region Stuttgart (VRS) aufgefordert, von der Einleitung des Teilfortschreibungsverfahrens des Regionalplans abzusehen, heißt es in der Stellungnahme.

Der Flächennutzungsplan des Gemeindeverwaltungsverbands Marbach sehe seit 1990 westlich der Kirchberger Straße in Rielingshausen eine Wohnbaufläche vor. Diese liege in nur sehr geringem Abstand – 210 Meter – zur Fläche, die in den Regionalplan aufgenommen werden soll. Für diese Wohnbaufläche existiere bereits seit vielen Jahren ein städtebaulicher Entwurf, heißt es in der Begründung des Neins. Der Regionalverkehrsplan des VRS aus dem Jahr 2001 enthalte außerdem für eine mögliche Umfahrung Rielingshausens eine Trassenfreihaltung, die in den demnächst zur Verabschiedung anstehenden Fortschreibungsentwurf des Regionalverkehrsplans übernommen worden sei. Bei der Aufnahme dieser Trassenfreihaltung in den Regionalverkehrsplan 2001 habe der Ortschaftsrat ausdrücklich betont, dass eine solche Trasse seiner Vorstellung nach lediglich südlich der Höhenlinie – und somit innerhalb der von der Firma Klöpfer skizzierten Rohstoffsicherungsfläche – Chancen auf Realisierung habe, so Ruoff.

„Diese beiden Planungen waren somit der Firma Klöpfer bekannt, als sie 2002 eine Erweiterung ihres Steinbruchs in südöstliche Richtung beantragte. Auch waren somit Zielkonflikte einer möglichen zukünftigen Steinbrucherweiterung Richtung Osten mit den beiden konkurrierenden Wohn- und Straßenbauplanungen für die Firma Klöpfer schon zum damaligen Zeitpunkt erkennbar.“

Nicht zuletzt die aktuelle Wohnungsnot in der Region lasse in der Abwägung der planerischen Ziele für die Nutzung der Flächen am südlichen Ortsrand keinen anderen Schluss zu, als auf die Ausweisung der Erweiterungsfläche zugunsten einer Wohnbebauung zu verzichten. Die seien auch bereits seit 1990 im Flächennutzungsplan enthalten.

Für das klare Nein des Gremiums gab es viel Applaus von den Zuhörern. Ebenso wie für die anschließende persönliche Stellungnahme des Bürgermeisters. Es gebe immer Punkte, die in einer Kommune zu Unruhe führen würden, erklärte Jan Trost. Das seien die Themen Asylunterbringung und Neubauentwicklung. Rielingshausen habe viele Jahre Einwohner verloren – was sich an der Infrastruktur bemerkbar mache. Die Entwicklung eines neuen Wohngebietes sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und werde von der Verwaltung dringend empfohlen, so Trost. Denn in Marbach würden laut einer Untersuchung des VRS 700 Wohneinheiten fehlen. „Die fehlen natürlich auch in Rielingshausen.“

Das dritte Thema, das für Aufruhr gesorgt habe, sei das Thema Steinbruch. Hier gelte es, eine Güterabwägung zu machen. „Natürlich geht es um Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, aber eben auch um die Lebensqualität der Bürger“, betonte Trost. Und wenn man eine Güterabwägung mache, müsse man sagen: „Irgendwann muss auch mal Schluss sein mit dem immer näher Heranrücken an die Wohnbebauung, sodass ich von meiner Seite aus die geplante Erweiterungsfläche im Gemeinderat ablehnen werde.“

Welches Gewicht das klare Nein der Ortschaftsräte und des Bürgermeisters habe, wollte ein Bürger in der anschließenden Fragerunde wissen. Träger des Verfahrens sei der VRS, betonte Jan Trost. Die Stadt habe kein Vetorecht, stellte er erneut klar. Unklar sei derzeit, ob der Verband überhaupt ein Verfahren einleite. Und falls er dies tue, sei nicht klar, ob die Erweiterung genehmigt werde. „Die Grundstücke müssen ja auch erst noch erworben werden.“ Frühestens im April werde der VRS, so die jüngste Botschaft aus Stuttgart, das Verfahren einleiten.

Ob die Gemeinderäte das klare Nein des Ortschaftsrates beachten würden, wenn sie am Donnerstag tagen, wollte ein anderer Bürger wissen. Er könne der Sitzung nicht vorgreifen, erklärte Jan Trost. Wegen des Formfehlers gebe es vor der Sitzung am 4. Dezember jetzt keinen formellen Beschluss des Ortschaftsrates. „Ich habe eine von 26 Stimmen. Was andere machen, kann ich nicht beurteilen.“ Formal könne die Stadtverwaltung den VRS jedenfalls frühestens am 5. Dezember anschreiben und über das Nein des Ortschaftsrates und das Signal aus dem Gemeinderat informieren.

Carmen Kiesele, die zu den Sprechern der Bürgerinitiative (BI) zählt, erkundigte sich nach der Laufzeit der im Verfahren 2002/2003 genehmigten Abbaufläche. Das sei schwer planbar, antwortete der Erste Beigeordnete der Stadt, Gerhard Heim. „Es sind in etwa 30 Jahre. Allerdings wurde deutlich schneller abgebaut als geplant.“ Ein anderer Bürger hakte noch einmal in Sachen Vorbrecher nach. Dessen Verlegung sei schon damals zugesagt worden. Was Ortsvorsteher Eberhard Ruoff bejahte.

Muss die Firma Klöpfer renaturieren, sprich „das Loch nach dem Abbau zumachen“, wollte ein anderer Bürger wissen. Die Firma habe ein großes Interesse daran, das Erdloch aufzufüllen, denn damit verdiene Klöpfer Geld, versicherte Eberhard Ruoff. Gerhard Heim wies auf Renaturierungspflichten seitens des Unternehmens hin. Sollte der VRS kein Verfahren einleiten oder am Ende des Verfahrens ein Nein stehen, könnte der Betrieb dann an anderer Stelle erweitern, fragte ein Zuhörer nach. „Hier ist dann Schluss“, betonte Eberhard Ruoff. Aber vielleicht Richtung Kirchberg? Man könne derzeit lediglich die Fläche beurteilen, die zur Beantragung stehe. „Über Alternativen gibt es keine Aussage der Firma Klöpfer“, so Bürgermeister Jan Trost.