Der Steinbruch ist im Ort sehr umstritten. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Die Sprecher der Bürgerinitiative gegen die Steinbrucherweiterung bewerten die aktuelle Entwicklung im Interview.

Marbach-Rielingshausen - Die Bürgerinitiative (BI) gegen den Steinbruch kann einen Etappensieg verbuchen. Die Region hat sich davon verabschiedet, noch im Frühjahr die Teilfortschreibung des Regionalplans ins Rollen zu bringen. Damit ist ungewiss, ob die Voraussetzung für eine Erweiterung des Steinbruchs am Ort überhaupt geschaffen wird. Die BI-Sprecher Carmen Kiesele und Stefan Heß erklären im Interview, wie sie diese jüngste Entwicklung bewerten, wie groß die Unterstützung für ihr Anliegen mittlerweile ist und was sie von dem Gebietszuschnitt halten, mit dem die Firma Klöpfer nun ins Rennen gehen will.

Die mögliche Erweiterung des Steinbruchs schlägt hohe Wellen und stößt auch in der Politik auf viel Interesse. Haben sich inzwischen alle Fraktionen aus der Regionalversammlung ein Bild vor Ort gemacht?
Kiesele: Die CDU, die SPD, die Grünen, die Linke und die FDP waren schon da. Die Freien Wähler haben ihren Besuch angemeldet. Und alle sind in beachtlicher Fraktionsstärke gekommen, was wir zu würdigen wissen.
Haben Sie denn auch das Gefühl gehabt, dass Ihr Anliegen Gehör findet?
Kiesele: Die Fraktionen der Regionalversammlung haben großes Interesse an der Situation gezeigt. Die Linke hat auch schon gesagt, dass sie die Pläne zu einer Erweiterung des Steinbruchs im Planungsausschuss ablehnen wird. Es ist allerdings auch nicht unüblich, dass sich die Fraktionen öffentlich mit einer Positionierung erst zurückhalten, aber intern schon eine Tendenz haben.
Heß: Interessant war, dass an den Tagen, an denen sich die Regionalräte vor Ort informiert und auch mit den Vertretern der Firma Klöpfer gesprochen haben, kein oder so gut wie kein Betrieb im Steinbruch herrschte. Anders stellte sich die Situation beim Besuch der Linken dar, die sich nur mit uns zu dem Termin getroffen haben. Deren Vertreter haben den Regelbetrieb mitgekriegt und gehört.
Wie muss man sich den Regelbetrieb vorstellen?
Kiesele: Man hört, wie gebaggert wird, wie Schotter abgekippt wird und wie die Lkw piepsend rückwärts fahren. Das Gravierende an der Lärmbelastung ist nicht der einmalige Knall bei der Sprengung, sondern der dauerhafte Lärm, der an eine Großbaustelle erinnert.
Heß: Besagte permanente Geräuschkulisse ist gerade schon ab 6 Uhr morgens deutlich hörbar.
Ist es denn momentan lauter als sonst?
Heß: Gefühlt ja. Wir vermuten, dass es etwas mit der Trichterwirkung zu tun hat. Das Loch wird durch den Abbau leerer. Dadurch entsteht dann natürlich ein anderer Resonanzkörper.
Kiesele: Im Moment sieht es außerdem so aus, als ob ein Plateau für den Vorbrecher errichtet wird, der versetzt werden soll. Es kann sein, dass es auch damit zusammenhängt. Bemerkenswert finde ich aber auch noch etwas anderes.
Was meinen Sie?
Kiesele: Die Firma Klöpfer betont immer wieder, wie partnerschaftlich der Umgang mit der Stadt und Rielingshausen sei. Der Bürgermeister Jan Trost hat allerdings darauf hingewiesen, dass das Wegenetz der Stadt gehört. Daraufhin hat Herr Klöpfer bei dem Vor-Ort-Termin mit der SPD aus meiner Sicht regelrecht mit seinen Rechtsanwälten gedroht.
Heß: Der Stadt gehören in der potenziellen Erweiterungsfläche Wege und ein Grundstück. Und auf die Frage hin, wie es um die Eigentumsverhältnisse bestellt sei, hat Herr Trost ganz klar gesagt, dass mit ihm weder dieses Grundstück noch das Wegerecht verkauft werden. Es gibt einen einstimmigen Gemeinderatsbeschluss gegen die Erweiterung. Insofern würde man sich auch widersprechen, wenn man dann die Flächen an die Firma Klöpfer verkauft. Daraufhin kam bei mir an, dass Herr Klöpfer meinte, dass er eine andere Rechtsauffassung im Bezug auf das Wegerecht vertrete und sich Herr Trost gegen einen Ausbau nicht wehren könne.
Bekommen Sie generell genügend Rückendeckung von der Stadt?
Kiesele: Es war schön zu sehen, wie eindeutig sich der Bürgermeister gegen die Erweiterung und für die Interessen der Bürger positioniert hat. Viele Gemeinde- und Ortschaftsräte waren bei den Ortsterminen ebenfalls immer dabei und haben unsere Position tatkräftig unterstützt. Dafür möchten wir uns ausdrücklich bedanken.
Ist der Betreiber des Steinbruchs schon auf Sie zugekommen?
Heß: Nein, nicht in der Sache.
Kiesele: Der Technische Leiter, Herr Hoffmann, hat uns an Weihnachten ein schönes Fest gewünscht.
Sie haben aber sicher mitbekommen, dass sich die Pläne des Unternehmens inzwischen etwas geändert haben.
Heß: Ja. Das wurde bei den Treffen mit den Regionalräten betont. Die Firma Klöpfer möchte von ihren ursprünglichen Plänen in der Form abrücken, dass man statt der 220 Meter nun 350 Meter Abstand zur aktuellen Wohnbebauung halten möchte.
Kiesele: Geholfen ist durch diese Verschiebung aber niemandem – lediglich der Firma Klöpfer. Es ändert nichts daran, dass die Zukunftssicherheit des Orts auf dem Spiel steht. An der Südflanke von Rielingshausen schiebt sich weiter ein Keil hinein, was eine Erweiterung des Orts unmöglich machen würde. Heß: Dazu wird die Lebensqualität verschlechtert durch Staub, Lärm und Erschütterungen. Das bleibt doch eins zu eins. Und eine zeitnahe Renaturierung, die immer mal wieder Thema war, ist auch mit diesem Flächenzuschnitt nicht möglich.
Kiesele: Um nochmal das Thema Staub zu vertiefen: Der wird nicht nur aufgewirbelt, wenn gesprengt wird. Das geschieht auch im normalen Betrieb, wie man gut auf unserer Homepage www.buergergegensteinbruch.de sehen kann. Deshalb macht es für die Einwohner auch keinen Unterschied, ob der Abstand 220 oder 350 Meter beträgt. Außerdem wissen wir mittlerweile, dass auch 350 Meter kein guter Abstand ist. Auf diese Distanz sind Ortschafts- und Gemeinderat vor einigen Jahren bei einer anderen Erweiterungsfläche als Kompromiss eingegangen. Damals hatte man allerdings gar keine Erfahrungswerte. Die gibt es jetzt aber. Es wurden Sprengungen durchgeführt, die für die Westflanke so heftig waren, dass man sich mit der Firma Klöpfer auf eine Beendigung des Abbaus an dieser Stelle verständigte.
Heß: Solange es einfach ist, endliche Rohstoffe abzubauen, macht man es Alternativen durch Recycling schwer.
Kiesele: Wie sehr ein Steinbruch in das Leben von Anwohnern eingreift, konnten wir jetzt auch bei der Informationsveranstaltung zur Ansiedlung der Firma Baumit am Steinbruch in Zwingelhausen erleben. Die Vertreter von Baumit waren wenig gefragt.
Heß: Dafür brachten die Bürger viele Beschwerden über Staub, Lärm und Risse vor.
Kiesele: Man hat bei der Veranstaltung einen Eindruck davon bekommen, was Rielingshausen bei einer Erweiterung des Steinbruchs drohen würde.
Bevor eine Erweiterung kommen kann, müsste der Regionalplan teilfortgeschrieben werden. Der Prozess verzögert sich nun. Wie haben Sie davon erfahren?
Kiesele: Herr Kiwitt, der Planungsdirektor der Region, hat mich angerufen und mitgeteilt, dass das Verfahren zur Teilfortschreibung zur Sicherung von Rohstoffen nicht vor der Sommerpause eröffnet wird. Er sagte, dass es noch Klärungsbedarf gebe, was wiederum Zeit benötige. Wir haben es wohl irgendwie geschafft, dass gewisse Dinge doch noch erörtert werden müssen. Das werte ich als positiv, dass man nicht schnell entscheidet, sondern sauber und dezidiert vorgeht.
Heß: Die Vertagung des Themas wurde im Februar nicht-öffentlich im Planungsausschuss beschlossen.
Klingt alles in allem nach einem Etappensieg für die Bürgerinitiative.
Heß: Es ist zumindest etwas in Bewegung. Die Politiker haben uns angehört, nehmen unser Anliegen wahr. Die Firma Klöpfer hat sich unserer Meinung nach aber bislang nicht bewegt.
Wie ist es um den Zuspruch für die Bürgerinitiative im Ort bestellt?
Heß: Wir haben inzwischen deutlich über 400 Unterstützer. Wir merken ein sehr reges Interesse.
Kiesele: Das lässt sich auch daran ablesen, dass wir nicht immer die gleichen sind, die die Sitzungen des Planungsausschusses der Region in Stuttgart besuchen. Das wechselt von Mal zu Mal und zeigt den breiten Zuspruch. Viele beteiligen sich und bringen sich ein. Dazu ist das Ganze im Ort ein großes Thema. Ich werde oft darauf angesprochen.
Heß: Wir registrieren, dass jetzt verstärkt auch von jenseits der Hauptstraße Rückmeldungen kommen, auch wegen der Staubbelastungen.
Kiesele: Seit sich die Sprengrichtung geändert hat, bekommen wir auch Meldungen aus der Triebstraße, vom Egelsee oder von der Sachsenstraße. Selbst aus dem Rundsmühlhof auf der anderen Seite der Murr haben sich schon Leute gemeldet, die die Erschütterungen gespürt haben.
Gibt es auch Rielingshäuser, die Ihr Engagement kritisieren, nach dem Motto: Das ist doch ein wichtiger Arbeitgeber und irgendwo müssen die Rohstoffe schließlich herkommen?
Heß: Ganz am Anfang haben einige Leute gesagt: Das ist doch eh schon alles gegessen.
Kiesele: Die waren aber nicht für die Steinbruch-Erweiterung, sondern haben sich schlicht ausgeliefert gefühlt – bis sie dann gemerkt habe, dass keineswegs schon alles in trockenen Tüchern ist.
Und Sie haben wahrscheinlich die Erfahrung gemacht, dass es sich durchaus lohnt, sich für eine Sache einzusetzen?
Kiesele: Das merken wir tatsächlich.
Heß: Viele Rielingshäuser sagen uns, dass sie es begrüßen, was wir machen, und fragen, ob sie helfen können. Und dass es sich lohnt, hat man ja gesehen. Selbst das Fernsehen und das Radio waren da und haben Beiträge ausgestrahlt.