Die Firma Oehler (hinten) will sich erweitern. Foto: Archiv (Oliver von Schaewen)

Die Firma Oehler in Marbach will sich erweitern. Dabei sucht der Lederverarbeiter im Vorfeld das Gespräch mit den Nachbarn – zum Beispiel in der Redaktion der MZ.

Marbach - Miteinander zu reden ist stets der beste Weg – unabhängig davon, worum es geht. Darüber sind sich vier Anwohner des Mühlwegs mit dem Marbacher Bürgermeister Jan Trost und Uwe Oehler, Chef der gleichnamigen Lederfirma an der Bottwartalstraße, einig gewesen. Cäcilie und Michael Davidis, Wolfgang Schwämmle und Irmgard Munz waren vor einiger Zeit mit ihren Sorgen und Befürchtungen, was den Bereich der Oehler-Kreuzung angeht, zu unserer Zeitung gekommen. Vor Kurzem saßen sie nun mit dem Rathaus- und dem Firmenchef am großen Tisch im Verlagsgebäude zusammen. Es sollte darum gehen, Antworten auf offene Fragen zu finden und Missverständnisse auszuräumen, wie Karin Götz, Leiterin der Lokalredaktion, eingangs anmerkte.

Drei Hauptgruppen hat Michael Davidis ausgemacht, die Interesse hätten am Zustand und möglichen Veränderungen im Mühlweg und an der Oehler-Kreuzung: Neben den Anwohnern – sowohl Firma als auch Privatpersonen –, seien das diejenigen, die den Mühlweg nutzen: beispielsweise die Benninger Schulkinder und die Touristen, die mit dem Schiff in Marbach landen. Außerdem alle Marbacher, da es sich bei der Westansicht um die Schokoladenseite der Stadt handele, so Davidis. Nahezu alle Ansichten zeigten die Schillerstadt deshalb aus dieser Richtung.

Im Zuge des geplanten Umbaus der Oehler-Kreuzung müsse man auch weitere Gesichtspunkte berücksichtigen. So die Frage zusätzlicher Zugänge zum Neckar oder einen möglichen Rundgang um die Stadtmauer, den Davidis sehr attraktiv und seinen „großen Traum“ nennt.

Nicht nur als Anwohner störe ihn der Zustand des Mühlweges, der seit vielen Jahren kontinuierlich verfalle. Es handele sich schließlich um eine historische Straße – ähnlich wie die Torgasse im Osten der Stadt, die allerdings deutlich gepflegter daherkomme. „Das ist schon ein eklatanter Unterschied“, findet Davidis.

Wolfgang Schwämmle pflichtet ihm bei: In der Straße sei seit 40 Jahren nichts getan worden. „Da muss etwas passieren.“ Und wegen der Neckaranbindung sollte man danach schauen, „was machbar ist und sich von utopischen Zeichnungen verabschieden“. Was ihn an den Skizzen des Stadtmarketingvereins stört? „Wir existieren da gar nicht mehr, unsere Häuser sind ganz weg.“ Das gehe nicht, man müsse sich schon damit abfinden, dass dort Bürger leben und Rechte haben. Was Davidis und Schwämmle wichtig ist: Sie nennen es „recht und billig, dass die Firma Oehler expandieren will“. Ohne das Unternehmen gehe dort sowieso nichts.

Bürgermeister Jan Trost verweist darauf, dass die Pläne zum maßvollen Umbau der Oehler-Kreuzung nun vorliegen. Gleichzeitig werde ein Lärmaktionsplan auf den Weg gebracht – „zum Wohl der Anwohner“, wie der Rathauschef betont. Im Oktober werde zudem der Antrag für ein neues Stadtsanierungsgebiet gestellt. In dessen Rahmen könne die Stadt zu bestimmten Investitionen öffentliche Zuschüsse von bis zu 60 Prozent bekommen, aber auch private Grundstückseigentümer hätten etwas davon: direkte finanzielle Unterstützung oder steuerliche Vorteile.

Den Mühlweg dürfe man nicht alleine betrachten, wirbt er für Verständnis bei den Anwohnern. Es gebe in Marbach einige Straßen, die dringenden Sanierungsbedarf hätten. Man könne alles nur sukzessive angehen. Wenn etwas kaputt sei, werde man dies aber selbstverständlich reparieren.

Das äußere Erscheinungsbild aus westlicher Richtung sei der Stadt so wichtig, dass man deshalb gleich drei Planungsbüros beauftrage, sich darum Gedanken zu machen, sagt Trost. Dabei werde auch untersucht, wie der Neckar besser an die Altstadt angebunden werden kann, verspricht der Rathauschef.

Außerdem müsse man sich überlegen, wo genau Ersatz für die wegfallenden Parkplätze geschaffen werden kann: bei Oehler und zusätzlich am Neckar oder als gemeinsame Lösung. Dürfe man auf beiden Seiten parken, befürchtet Davidis eine noch stärkere Belastung der Kreuzung. Dem widerspricht der Rathauschef jedoch: Untersuchungen hätten ergeben, dass eine Anbindung problemlos sei. Zumal gerade die Vereine am Neckar ja eher Bedarf an den Abenden und am Wochenende hätten. „Das entzerrt sich also alles“, beruhigt Trost.

Uwe Oehler zeigt indes Verständnis für die Anwohner: „Ich gebe Ihnen Recht, der Mühlweg ist schon etwas in Vergessenheit geraten.“ Deshalb sei es gut, dass mit dem neuen Bürgermeister nun „Bewegung in die ganze Sache kommt“. Oehler schildert seine eigenen Pläne: Das große Gebäude, in dem aktuell nur noch drei Parteien wohnten, „beschäftigt uns schon“. Zu überlegen sei, ob man viel Geld reinstecke, um es zu richten, oder ob es nicht besser abgerissen und durch etwas Neues ersetzt werden sollte – „dahin geht unsere Tendenz“, so Oehler. Das neue Gebäude solle allerdings nicht mehr so hoch werden, kündigt der Firmenchef an. „Das ist doch schon mal ein Wort“, sagt Davidis erleichtert. „Es bringt nichts, etwas zu bauen, was nicht gewünscht ist“, merkt Oehler an.

In das neue Gebäude solle der Schuhverkauf einziehen, dazu benötige man dann natürlich auch weitere Parkplätze. Ob denn geplant sei, in das Gebäude ein Parkhaus zu integrieren, will Schwämmle wissen. Eigentlich sei es noch zu früh, etwas Konkretes dazu zu sagen, meint Oehler. Er merke jedoch, dass es besser sei, die Anwohner schon im Vorfeld einzubeziehen, daher wolle er der Frage nicht ausweichen. Es sei tatsächlich einmal ein Parkhaus in den Überlegungen enthalten gewesen, räumt der Firmenchef ein. Davon sei man allerdings mittlerweile abgekommen – wegen der Höhe des Gebäudes und wegen der deutlich höheren Kosten. Bei einem Parkhaus brauche man ja eine ganz andere Konstruktion. „Das muss alles noch bezahlbar sein“, stellt Oehler klar.

Bürgermeister Trost bestätigt, dass Parkmöglichkeiten für den größeren Werksverkauf geschaffen werden müssten. „Oehler ist ein lang eingesessener Betrieb, der momentan keine optimalen Bedingungen besitzt.“ Mit seinen hochwertigen Marken könne er zu einem Aushängeschild am Stadteingang werden.

Wegen eines weiteren Zugangs vom Neckar in die Altstadt und einem Rundgang um die Stadtmauer verweist der Bürgermeister auf den Planungswettbewerb. Es sei noch völlig offen, wie und an welcher Stelle ein solcher Zugang angelegt werden könne. Eins müsse aber klar sein: „Man kann es nie allen Recht machen“, betont der Bürgermeister.

Dennoch will Schwämmle dem Firmen- und dem Rathauschef einige Anregungen mit auf den Weg geben. Schließlich gehörten ja große Teile des dortigen Grundbesitzes den Oehlers. Eine charmante Lösung wäre aus seiner Sicht ein Weg, der in Serpentinen verläuft, vielleicht mit ein oder zwei Treppen dazwischen. „Der kann dann ja durchaus am neuen Werksverkauf vorbei führen“, sagt er schmunzelnd. Irgendwo müsse man dann auch noch die Landesstraße überqueren – vermutlich mit einer Brücke.

Und in welchem zeitlichen Rahmen könnte das alles vonstatten gehen? Trost erklärt, dass der Gemeinderat Ende September, Anfang Oktober die drei Planungsbüros beauftragen werde. Danach müsse die Stadt ihre Pläne mit denen der Firma Oehler abstimmen. Anschließend würden die Bürger beteiligt. Ob diese Einbindung der Bevölkerung nicht früher geschehen könne, will Schwämmle wissen. Cäcilie Davidis verweist in diesem Zusammenhang auf das Umweltverwaltungsgesetz, wonach die Bürgerbeteiligung künftig stärker berücksichtigt werden solle.

Der Rathauschef gibt jedoch zu bedenken, dass die meisten Grundstücke, um die es gehe, der Firma Oehler gehörten. Daher könne man mit den Planungen erst nach außen gehen, wenn es zwischen der Stadt und dem Unternehmen eine grundsätzliche Einigung gebe. „Das letzte Wort haben Oehlers“, stellt Trost klar.

Davidis und Schwämmle bitten darum, ein paar kleinere Dinge schon jetzt in Angriff zu nehmen. Denn der Umbau der Oehler-Kreuzung passiere ja erst 2017. So stehe im Mühlweg bisher kein Straßenschild. „Manche halten ihn deshalb für einen Fuß- oder Radweg“, so Schwämmle. Trost sagt eine Prüfung zu. Ebenso sollte häufiger kontrolliert werden, dass der Eselssteig nicht befahren oder dort geparkt werden darf, bitten die Anwohner. Schwämmle erklärt, in seinem Keller hätten sich schon Mulden gebildet. „Irgendwann steht da mal ein Auto drin.“

Ein positives Fazit zieht Cäcilie Davidis: „Ich bin hoffnungsfroh und freue mich, dass wir Ihnen sagen konnten, was wir uns wünschen“, sagt sie in Richtung Uwe Oehler. Sie bittet noch darum, einige Bäume stehen zu lassen – „wenigstens als gefühlten Lärmschutz“. „Wir haben verstanden, welche Bedenken und Wünsche Sie haben“, gibt der Firmenchef zurück.