Aus einer besonderen Perspektive haben die Flüchtlinge dank Christa Schultheiß Marbach kennen lernen können. Foto: Werner Kuhnle

Christa Schultheiß hat Flüchtlingen mit ihrem Tuk Tuk die Schillerstadt nähergebracht.

Marbach - Das Wetter ist perfekt. Der Himmel strahlt beinahe so wie die Fahrgäste, die aus dem eigentümlichen Gefährt aussteigen. Christa Schultheiß ist „im Glück“, wie sie es selbst ausdrückt. Die Marbacher Anbieterin einer elektrisch betriebenen Autorikscha freut sich, dass ihre Idee, Flüchtlingen die Schillerstadt auf unterhaltsame Weise näherzubringen, erfolgreich war. Für Slimane Arroudj kam der Vorschlag gerade recht: „Schließlich fördert das die Integration mit der Stadt, in der sie leben“, erklärt der Algerier, der sich im Auftrag der Stadt intensiv um die geflohenen Menschen kümmert.

„Für mich wiederum war es spannend, da ich bislang keinen Kontakt zu Flüchtlingen hatte“, beschreibt Schultheiß die Erfahrung, syrischen Familien einen Ausflug mit dem Tuk Tuk spendiert zu haben. Ihr Angebot nämlich war ehrenamtlich. „Ich muss nicht mit jeder Fahrt etwas verdient haben“, führt sie aus und freut sich dagegen, eine Stunde Spaß, Abwechslung und interessante Eindrücke geboten zu haben. „Etwas Besonderes eben.“ Denn was Touristen Spaß mache, könne ja auch für Menschen nützlich sein, die hier Zuflucht suchen, erklärt die Tuk Tuk-Fahrerin.

Zwei einstündige Rundfahrten hat die Marbacherin am Freitag angeboten. Eifrig hat sie dabei Sehenswürdigkeiten und historische Bauten erklärt. Slimane Arroudj hat die Ausführungen für die syrischen Zuhörer übersetzt. Bei der gemütlichen Tour durch die Altstadt bekamen auch Ghazaleh und Abdulsalam ganz spezielle Eindrücke von der Stadt, in der sie seit einem Jahr leben. Das Ehepaar, das von der Patin Isabelle Brodbeck-Hetzler betreut wird, fühlte sich nach eigenen Angaben an Aleppo erinnert. Die Heimatstadt, aus der sie mit ihren beiden Kindern geflohen sind. Auch Aleppo sei von einer Stadtmauer umgeben und habe eine Burg auf der Anhöhe, erzählen sie nach der Besichtigungstour, die ihnen Marbach noch näher gebracht habe und bei der sie auch die hübschen alten Handwerkerhäuschen in den Holdergassen sowie das Schillermuseum bestaunt hätten.

Begeistert von der Fahrt mit der geräuscharmen Rikscha war auch die 30-jährige Nashmia, die seit fünf Monaten in Marbach lebt. Sie durfte an der zweiten Tour teilnehmen und hat sich die Plätze auf den roten Bänken mit einer dreiköpfigen Familie geteilt. Der zehnjährige Okba , der in Marbach die dritte Klasse der Grundschule besucht, hat dabei die Funktion des Übersetzers übernommen. Seine guten Deutschkenntnisse, die er mittlerweile erworben hat, haben ihn zum idealen Fremdenführer für seine eigenen Eltern und Nashmia gemacht. Auch dieser Gruppe hat die Schillerstadt äußerst gut gefallen. Okbas Mutter war besonders von der Alexanderkirche begeistert.

Künftig soll es einmal monatlich zwei Touren für Neuankömmlinge geben, die ihre neue Heimat auf diese Weise besser kennenlernen können.