Die Teilnehmer haben sich vom Regen nicht abschrecken lassen. Foto: Werner Kuhnle

Reinhard Wolf hat bei einem Rundgang Wissenswertes aus der Marbacher Ortsgeschichte erzählt. Die Teilnehmer haben sich vom Regen nicht abschrecken lassen.

Marbach - Die vorhergesagten drei Trockenstunden finden am Mittwoch irgendwann statt, aber nicht am frühen Abend am Rande der Alexanderkirche. Trotzdem haben sich dort rund 55 Leute um Reinhard Wolf versammelt, der einen „Heimatkundlichen Abendspaziergang“ als Kenner der Marbacher Markung begleitet. Im Vorjahr sind derartige Veranstaltungen vom Schillerverein Marbach und der Ortsgruppe Marbach des Schwäbischen Albvereins mit bis zu 60 Mitwirkenden so gut angekommen, dass man 2016 drei Termine anbietet. Wolf freut sich über die Entwicklung, denn noch vor zehn Jahren hätten sich grad mal eine Handvoll Leute für das Thema interessiert. Auch Birger Laing hat sich regenfest eingefunden und begrüßt als Vorsitzender die Wanderlustigen im Namen des Schillervereins.

Im Regen bricht die Wandergruppe westlich des Friedhofs empor in Richtung Weinberge auf. Beim ersten Halt, unterhalb der ersten Rebenreihen, erfahren die Teilnehmer, dass die Route, die über das Gewann Mäurach über die Milzenquelle führt, zu Schillers Zeiten ein einziger Weinberg gewesen sei. „20 Mal so viele Reben wie heute gab es damals“, erklärt Wolf. In der Weinbauernstadt Marbach seien 1500 Liter Wein Jahresverbrauch pro Familie der Durchschnitt gewesen. Im 19. Jahrhundert habe die aus Amerika eingeschleppte Reblaus den Bestand vernichtet.

Ein Stück weiter der Wegstrecke, mit herrlichem Blick über die Neckarschleife in Richtung Benningen, entführt Wolf die Zuhörer in die Römerzeit. Viele Funde in der Gegend würden belegen, dass die alten Machthaber auch hier ansässig gewesen seien. Weiter Richtung Murr zückt Wolf eine Lektüre über den Weinberg von Johann Bronner, um über das „Naturell des Wengerters“ zu lesen. Zudem erklärt Wolf den erheblichen Arbeitseinsatz der Wengerter anhand tiefer Landschaftsmulden: „Dort hat der Wengerter mit seinem Butten gute Lösserde für seine Reben geholt.“

Ein wenig Querfeldein versammelt sich die Gruppe um die Milzenquelle. Marbachs einzige Quelle sei in seiner Kindheit ein Tümpel gewesen, wo Leute ihre Autos gewaschen haben, so Wolf. Geologische Gegebenheiten hätten Auswirkungen aufs Landschaftsbild gehabt. Sein Wissen habe er den Pionieren der Marbacher Heimatkundler zu verdanken wie Hans Besch, nach dem die „Besch-Eiche“ an der Quelle benannt ist. Jedoch habe man auf die deutsche Eiche verzichtet und eine italienische Sumpfeiche gepflanzt, die den feuchten Grund besser vertrage. „Auch der Name Milzen kommt vom alten ,mulzig’, was feucht bedeutet“, weiß Wolf.

Den letzten Zwischenstopp legt man an der Weggabelung Murrweg/Steinheimer Reitweg ein. „Der ehemalige Fernverkehrsweg stammt aus vorkeltischer Zeit“, berichtet Reinhard Wolf den Teilnehmern. Er habe von den Alpen bis nach Speyer geführt. An diesem Gewann Badstube gebe es keine Pflasterfunde aber angrenzende Pfade, beispielsweise in Murr. Einen fröhlichen Ausklang mit Getränken und Brezeln erlebt die Gruppe am spontan organisierten Getränkewagen.