Mit ruhiger Hand steuert Lokführer Gerhard Dietzmann den Schienenbus über den Viadukt zwischen Marbach und Benningen. Foto: Frank Wittmer

Die Panoramafahrt mit einem historischen Schienenzug ist etwas Besonderes. Das erlebten die Gäste des Roten Flitzers, der von Marbach aus losfuhr.

Benningen - Etwas ungewöhnlich war die Anzeige am Bahnhof Marbach schon: Zwischen den Signalen für die S-Bahn tauchte die Abfahrt „RoF“ auf. „Das ist die Abkürzung für Roter Flitzer“, weiß August Stark aus Benningen. Er ist einer der Glücklichen, die auf Einladung des Museumsbahnvereins mit dem historischen Schienenzug mitfahren dürfen.

Rolf Etter von den Filmamateuren Kornwestheim hält die Einfahrt des Bähnles im Marbacher Bahnhof fest. „Der Zug wird in Bewegung gefilmt“, ist die Aufgabe, die er für seinen Marbacher Schwager Werner Hochwarth übernommen hat. Die Szene wird in einen Dokumentarfilm über den einstmals weit verbreiteten Schienenbus aufgenommen.

Lothar Stehle ist der Zugbegleiter oder „Schaffner, hier darf man das noch sagen“. 25- bis 30-mal fährt der Eisenbahner aus Leidenschaft mit dem Roten Flitzer durchs ganze Land oder sogar darüber hinaus. „Demnächst gibt es eine Zwei-Tages-Fahrt nach Garmisch.“

Heute geht es auf die Schusterbahn. Die Panoramafahrt ist für Firmen und Vereine, die ihre Mitarbeiter und Mitglieder auf die Rundreise eingeladen haben. Zu diesem glücklichen Kreis gehört auch August Stark aus Benningen, der aber nicht im heimischen Bahnhof zusteigt, sondern in Marbach. Ohne Stopp geht es mit zum Teil rasanten 70 Stundenkilometern über das Viadukt über Benningen nach Ludwigsburg. Lothar Stehle muss dabei keine Fahrkarten kontrollieren, weil die erst im Betriebshof in Kornwestheim ausgegeben werden. Also hat der Eisenbahner Zeit für ein Schwätzchen. „Ich bin in Auenstein am Bahnhof groß geworden und hab die Bottwartalbahn noch live erlebt.“

Mit dem „Entenmörder“ ist er in den 1950er-Jahren nach Marbach gefahren und von dort mit dem Schiff „Kleine Wilhelma“ weiter nach Stuttgart. „Damals konnte man morgens noch mit dem Schiff fahren, was ja heute leider nicht mehr Richtung Stuttgart geht“, erzählt er.

Die „alten Zeiten, wo man noch was erlebt hat“, lässt Lothar Stehle gern im Roten Flitzer aufleben. Gemächlich bummelt der Zug, oder richtiger Schienenbus, vor sich hin. Die Mitreisenden sind vorwiegend Männer in schon etwas fortgeschrittenen Jahren und freuen sich auf die Rundreise mit der Museumsbahn, die am Abend wieder zurück nach Marbach fährt.

Die Profis wissen schon, dass man die Bänke in Fahrtrichtung umklappen kann. „Bei uns fährt jeder immer vorwärts“, sagt Frank Czogalla, der ebenfalls gerne im Roten Flitzer „schaffnert“. Mit der eigenen Bordzeitung und der kleinen Restauration vergeht die Zeit wie im Flug.

Lokführer Gerhard Dietzmann steuert den alten Zug mit sicherer Hand. „Ich war Fahrdienstleiter bei der Bahn, aber für die Museumsbahn habe ich erst noch meinen Führerschein und die Einweisung auf das Fahrzeug gemacht.“

Die Tür zum Abteil steht offen, einige Eisenbahnfans schauen ins Cockpit rein. Damit den übrigen nichts entgeht, wird auch hier gefilmt – vom Ehrenvorsitzenden der Kornwestheimer Filmamateure Heinz Girner höchstpersönlich.