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Das Musikfestival Irish Spring hat gehalten, was es versprochen hatte. Die frischen Klänge in der Stadthalle waren das richtige Rezept gegen Wintersmüdigkeit.

Marbach - Obwohl die Iren erst morgen ihren Nationalfeiertag begehen, waren die Musiker, die unter dem Titel „Irish Spring“ in der nahezu ausverkauften Stadthalle keltisches Flair verbreiteten, schon am Samstag in Feierlaune. Das Publikum dagegen schien lange Zeit noch im Winterschlaf zu verharren. Egal, wie mitreißend die Rhythmen waren, wie sehr sich die Akteure bemühten, die Zuhörer zum Mittanzen zu aktivieren, es gab nur wenige Mutige, die sich trauten. Zum Schluss jedoch hatten es die Insulaner geschafft, dass fast alle der rund 300 Gäste standen, mitklatschten und Zugaben forderten.

Dabei kam das Programm von Anfang an gut an, wie der lebhafte Applaus bewies. Eröffnet wurde der Abend von zwei jungen Schottinnen, die unter dem Namen „Twelfth Day“ auftreten und sich als Quartett verstehen. Denn nur in der perfekten Verschmelzung mit ihren Instrumenten, der Geige und der Konzertharfe entsteht der ungewöhnliche Klang, den sie als „atmospheric folk“ bezeichnen und der mitunter an Enya erinnert.

Schotten und Iren sind sich etwa so nah wie Württemberger und Badener, wobei die Iren als die Leichtblütigeren gelten. Catriona Price an der Geige und Esther Swift an der Harfe präsentierten denn auch wenig zum Mitklatschen, dafür umso mehr zum Mitfühlen, wobei sie sich sehr experimentierfreudig zeigten. Mal wurde die Geige wie eine Gitarre gehalten und gezupft, mal gab es ungewöhnliche Interpretationen bekannter Stücke wie etwa Franz Schuberts Romanze. Mit elfenhaft zarter Optik, kristallklaren Stimmen und meisterhaft gespielten Instrumenten nahmen die beiden Schottinnen das Publikum in die Welt der Kelten mit, die auch heute noch voller Magie steckt.

Die nächste Akteurin, die Tänzerin Edwina Nig Eocháidhean, riss die Zuhörer aus der entspannten Stimmung. In atemberaubenden Tempo, anmutig und scheinbar mühelos schwang sie die Beine mit den schweren Steppschuhen. Wie viel Anstrengung diese „Sean Nós“ genannte Art zu tanzen bedeutet, merkte man erst, als sie atemlos die Besucher zum Mitmachen aufforderte. Aufstehen, an die Hände des Gegenübers klatschen, mit den Beinen stampfen – fast alle machten mit und hatten Spaß dabei.

Trotz dieser Einstimmung hatte es die anschließend auftretende Band Mórga schwer, das Publikum in der Marbacher Stadthalle zum Tanzen zu motivieren. Obwohl die Musiker jede Menge Energie versprühten und alles aufboten, was die irische Musik so mitreißend macht, obwohl Akkordeonist David Munnelly sagte, dies sei weder eine Oper noch eine Kirche – die Stadthalle mit ihren akkurat bestuhlten Reihen ist trotz Whiskey, Guinness und Irish Stew nun mal kein Pub.

Die nächste Formation, die neue Band Perfect Friction, bot nicht nur eine tolle Mischung aus Folk und Pop, sondern auch eine Rarität: Lottie Cullen an den Uilleann Pipes, dem irischen Dudelsack. Eigentlich ist das Instrument eine Männerdomäne.

Als zum Schluss alle Akteure gemeinsam auf der Bühne standen, stand auch das Publikum. Und bei „Auld Lang Syne“ sangen manche sogar mit. Auch wenn die Melodie ein wenig anders war als gewohnt.