Voll besetzte Biergarnituren am Samstagabend bei der Band Tilufa. Foto: Werner Kuhnle

An den Nachmittagen ist die Besucherzahl überschaubar gewesen. Abends war der Burgplatz in Marbach dann voll. Es gab Musik aus allen Ecken der Welt zu hören.

Marbach - Für Slimane Arroudj ist der völkerverbindende Gedanke ein stetiges Thema: mit seinen kulturellen Angeboten belebt er nicht nur die Unterhaltungsszene der Schillerstadt, er sorgt auch dafür, dass sich Kulturen begegnen und Menschen aufgeschlossen werden für Fremdes. Mit dem zweitägigen Open-Air-Spektakel „Festival der Kulturen – Fête de la Musique“ hat Arroudj für Marbach erneut positive Akzente gesetzt.

Bürgermeister Jan Trost bedankte sich bei der Eröffnung für das Engagement des aus Algerien stammenden Kulturschaffenden und „die schönen Ideen für unsere Stadt“. Die Stadt unterstütze gerne, was hier auf die Beine gestellt werde, versicherte der Amtschef. Das Musikfest, das in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfand und auf zwei Tage erweitert wurde, stand unter dem Zeichen tropischen Klimas. Jenes Merkmal, das bei Open-Air-Veranstaltungen mitunter gänzlich fehlt, war bei dem Marbacher Event dann doch gleich etwas zu viel: die Temperaturen kletterten so stark nach oben, dass viele Besucher erst gegen Abend aus ihren Wohnungen auf den Burgplatz kamen. Trotz optimaler Planung ein Faktor, der sich nicht berechnen lässt. Überschaubar von der Besucherzahl war es deshalb bei den Angeboten am Nachmittag. Egal ob das deutsch-arabische Chorprojekt mit dem Hiwar-Chor, der musikalische Dialog zwischen der Kultur der Sepharden und Ashkenazen durch „Asamblea Mediterranea“ oder die Flamenco tanzenden Damen des Duos „Menta Canella“, die kurzfristig für „El Pasaje“ eingesprungen waren: der Veranstalter hatte sich eine größere Nachfrage vorgestellt.

Mit der Keyfiddle aber von Thomas Roth, die seine musikalische Weltenwanderung begleitete, kehrte allmählich mehr Bewegung ein. Die Band Tilufa konnte den Zauber der untergehenden Sonne schon komplett für ihren Auftritt nutzen. Eine große Anzahl begeisterter Zuhörer und Tänzer war dem Lockruf von Saxofon und Trommel gefolgt und zelebrierte hinreißend den pulsierenden, emotionsgeladenen Querschnitt aus der Kultur Nordafrikas, unter einem wolkenfreien Abendhimmel.

Der Sonntag brachte schließlich dasselbe Szenario wie der Vortag zum Vorschein: zu heiß, um der sorgfältig ausgewählten Palette musikalischen Wohlklangs zu lauschen. Diesem Umstand trug Arroudj Rechnung, indem er die Künstler mit leichter Verspätung auftreten ließ. Wer anwesend war, der konnte sich dann mit Anita Ilic und Gabi Schäfer über die temperamentvolle Anmut des indischen Tempeltanzes erfreuen und Jayalakshmi Sekhar auf der Saraswati-Veena, einem altindischen Lauteninstrument, lauschen. „Colludie Stone“ machte irisch-keltische Folkmusik und mit ihrer erfrischenden Darbietung zwischenzeitlich das schweißtreibende Klima vergessen.

Freude dürfte dem Publikum auch das Wiedersehen mit „Traginer“ gemacht haben. Die Musiker ließen die Welt des französischen Chansons aufleben. Der Ghanese Thomas Arhin Eyison dagegen holte die Sonne zurück ins Bewusstsein. Die afrikanischen Rhythmen dürften geradezu ideal zum Wetter und der Befindlichkeit der Zuschauer gepasst haben.

Mit dem Gismo Graf Trio ging das Festival am Sonntagabend schließlich zu Ende. Der junge, virtuos-beglückende Gypsy-Jazz-Gitarrist Gismo Graf kam bei seiner ausgeprägten Spielfreude ohne Zweifel auch noch in den frühen Abendstunden ordentlich ins Schwitzen.