Die jungen Sänger aus der Schweiz haben eine moderne Adaption der „Pilgerreise“ von John Bunyan auf die Bühne gebracht. Foto: Frank Wittmer

Das christlliche Musical „Der Schrittmacher“ bringt 600 Menschen in die Stadthalle.

Marbach - Das Focus-Team, der Jugendchor der schweizerischen Glaubensmission, hat Freunde in Marbach – und das war mit den „hervorragenden Gegebenheiten“ in der Marbacher Stadthalle der Grund, warum man sich recht kurzfristig dafür entschieden hat, die geplante DVD-Produktion hier aufzunehmen. Martin Mistele, Vorstand im CVJM Marbach, stellte am Sonntagabend fest: „Uns Schwaben und die Schweizer verbindet einiges.“ Der schwäbisch-alemannische Raum habe vor 500 Jahren bis an den Gotthardt gereicht. Und da ist auch der Sitz des Focus-Teams. Allerdings sind unter den 40 jugendlichen Akteuren auch einige aus dem süddeutschen Raum.

Der Jugendchor hat in der christlichen Szene einen guten Ruf. Die 600 Besucher haben auch eine längere Anreise auf sich genommen, um das Werk „Der Schrittmacher“ zu sehen und zu hören: eine moderne Adaptation der „Pilgerreise“, die der Prediger John Bunyan (1628-1688) während seiner zwölfjährigen Haft geschrieben hat – nach Aussage der Veranstalter handelt es sich dabei um „das populärste christliche Buch nach der Bibel“.

Ein Großteil der Zuschauer wird nicht zur Unterhaltung da gewesen sein, allenfalls zur Erbauung. Daher ist fraglich, ob die Bezeichnung „Musical“ für das opulente Werk die richtige ist. Optisch wie musikalisch ist der Genuss aber durchaus möglich. Die Aufführung startet multimedial mit einer filmischen Einführung, auch während der Darbietung selbst werden immer wieder Bilder oder Filme eingeblendet. Zitate aus dem „Off“ ergänzen die szenischen Darstellungen zusätzlich.

Die Kulissen sind mit weiß bezogenen Quadern ebenso schlicht wie genial flexibel einsetzbar: Von der Sitzbank bis hin zum Kreuz lässt sich aus den Würfeln fast alles bauen. Die jungen Sängerinnen und Sänger sind allesamt Laien und zeigen dennoch vom polyphonen Chorgesang bis hin zum Solo ein durchweg hohes Niveau.

Der Inhalt ist stark christlich geprägt, wobei ein Pfarrer im Publikum im Pausengespräch darauf hinweist, dass man „sich heutzutage schon fast entschuldigen muss, wenn man den Namen Jesus in der Kirche in den Mund nimmt“. Zu Beginn der rund zweistündigen Darstellung werden Jugendliche gezeigt, die sich hauptsächlich für „Bier und Rauchen“ interessieren. Der Hauptdarsteller – sein Name wird bis zum Schluss nicht genannt – hat aber einen Knoten in der Brust. „Dieses ekelhafte schwarze Zeug! Ich hab’s versucht loszuwerden, aber es geht nicht.“

Der „Ort, an dem man die Schuld loswerden kann“ führt zum Kreuz. Aber der Weg ist nicht einfach, der „Schrittmacher“, dargestellt vom 23-jährigen Joel Köhn, muss vieles aufgeben und viele Hindernisse überwinden. „Wag den Schritt zu Jesus, er wird dich befreien“, singt harmonisch der Chor, während Freundin Laura leidenschaftlich im rhythmischen 6/8-Takt versucht, den „Schrittmacher“ aufzuhalten. Nach seiner „Erweckung“ wird es aber nicht leichter: Auch der christliche Alltag will organisiert sein, es gibt viele „Jöbchen“ zu erledigen. „Zu viele Schritte, selbst gemacht“, singt der Chor zu dem Gehetze. „Ich bin ein guter Aktivist, äh Christ“, meint der Schrittmacher. Ein Schritt zurück ist manchmal ratsam.

Widerstände und Rückschritte gibt es noch in anderer Art: Zweifel, Anfeindung, Lauheit statt echter Freiheit, die Gefahr der Gleichgültigkeit oder der Zerstreuung werden dargestellt: Wichtig ist, „immer wieder aufzustehen und weiter zu gehen“. Ermutigung ist nötig, das ist die Botschaft des Stücks. In Gemeinschaft, Freundschaft oder auch stiller Einkehr sind die Zuversicht und innere Stärke zu finden, die ein erfülltes Leben und wahres Christsein ausmachen. „Der Himmel wartet auf dich“, ist einer der wunderschönen Songs, die aufrichtigen Genuss möglich machen.

Und am Ende wird auch das Rätsel um den Namen des Hauptdarstellers aufgelöst: Er wurde bewusst nicht genannt, weil jeder ein solcher „Schrittmacher“ sein kann.