Die Gäste im Café Provinz haben einen Song nach dem anderen gesungen. Foto: avanti

Der World-Voice-Day ist auch in der Schillerstadt zelebriert worden – mit einem Jazz-Pop-Schnupperworkshop und einem offenen Singen für alle.

Marbach - Ein Feuerwerk aus Endorphinen, ein Feuerwerk zieht durch die Nacht“, vibriert das Café Provinz am Cottaplatz. Nicht der Sänger Andreas Bourani trägt vor, auch keine Coverband. Nein: Alle Gäste singen den populären Song. Das Auftaktlied „Auf uns“ zum „Offenen Singen für alle“ könnte die Hymne auf das Tagesmotto sein, nämlich den World-Voice-Day. Seit 1999, immer am 16. April, steht weltweit die Stimme im Rampenlicht. Gegründet wurde der Weltstimmentag durch eine Initiative amerikanischer und europäischer Hals-Nasen-Ohren-Ärzte und Sprachpathologen. Auch in Marbach fanden zwei Veranstaltungen statt.

Am Nachmittag schleichen und hüpfen und tänzeln rund 20 Männer und Frauen durch den Musiksaal des Friedrich-Schiller-Gymnasiums. Dann recken sie alle Glieder, ziehen tief Luft ein, um anschließend ein A schrill oder dumpf, laut oder leise in den Raum zu werfen. „Das ist nur ein Vokal, erstaunlich, welche unterschiedlichsten Beats man damit erzeugen kann“, erklärt Sarah Neumann den Absolventen des Schnupperworkshops „Jazz-Pop-Gesang“. Nach dem Stimm-Warm-up stehen Improvisation, Rhythmus und Groove und das Erarbeiten eines kurzen Songs auf dem Programm. Die versierte Sängerin und Gesangspädagogin Neumann ist seit wenigen Wochen neue Verbandschorleiterin des Veranstalters Chorverband Friedrich Schiller. „Ich singe, seit ich denken kann“, bringt Neumann ihre Beziehung zur ursprünglichsten Art des Musikmachens auf den Punkt. Schon mit drei Jahren tanzte und trällerte sie auf Stuttgarts Königstraße und machte 2006 ihre Leidenschaft zum Beruf als Diplomgesangspädagogin für Jazz und Populargesang.

Mir fröhlicher Leichtigkeit nimmt sie die Teilnehmer mit und ermutigt sie, sich selbst als Resonanzkörper zu entdecken. Einige Gesichter finden sich auch am Abend in der Kneipe zum Spontanchor wieder. Sarah Neumann am Mikro und mit Gitarre, Steffen Grell am Piano und Fabian Friedl am Rhythmusinstrument haben sich spontan für das offene Singen formatiert.

Eine Leinwand zeigt, was man gemeinsam erklingen lassen will. Und der Saal ist proppenvoll, als Neumann alle begrüßt. Schon am ersten Lied „Auf uns“ beteiligen sich die meisten im Saal. Nach „Applaus, Applaus“ wird’s Englisch. Von „Stars shining“ von Louis Armstrong, über Cindy Laupers „Time after time“ bis „Wonderwall“ von Oasis ist aus verschiedenen Epochen der Popgeschichte etwas dabei.

„Ich hatte die Idee dazu, als ich hier ins Provinz gekommen bin“, erklärt Neumann im Vorfeld. Der Chorverband, der aus 63 Chorvereinen aus den Landkreisen Ludwigsburg und Rems-Murr besteht, sei an sie herangetreten, am internationalen Ehrentag der Stimme die Veranstaltungen zu organisieren.

Ein weiteres Feld ist für sie die freie Improvisation, zu der sie 2006 kam. „Seitdem bin ich zutiefst bewegt von dieser Art der Musik und des Musizierens und wie sie Menschen inspirieren und berühren kann“, so Neumann. Mit der Einstellung schafft sie es auch, unkompliziert die Gäste zum spontanen miteinander Singen zu bewegen. „Wow, das war toll. Wäre schön, wenn es das öfter gäbe“, sagt ein Gast kurz vor Ende. Nach gut zwei Stunden wurde gemeinsam nochmals und laut „Ein Hoch auf den Moment, der immer bleibt“ intoniert. Und natürlich erhoffen sich auch die Verantwortlichen des Chorverbandes, beim ein oder anderen die Lust auf mehr geweckt zu haben.