Alfons Wiest hat Zwischendinge zwischen Materie und Nichtmaterie geschaffen. Foto: avanti

In der Galerie Wendelinskapelle sind Skulpturen von Alfons Wiest zu sehen. Für die Schau hat er extra einen Kopf von Marbachs berühmtestem Sohn geschaffen.

Marbach - Prominente Persönlichkeiten wie Amy Winehouse, Tobias Mayer, Friedrich Hölderlin und Friedrich Schiller, aber auch zahlreiche anonyme Mädchen mit verschiedenen Frisuren, Paare und Personengruppen gab es am Freitagabend in der Wendelinskapelle zu bestaunen, als die Ausstellung „Auf dem Holzweg – Schiller trifft Hölderlin“ eröffnet wurde. Alle haben sie gemeinsam, dass ihre Köpfe innen hohl und ihre Haare mit Löchern übersät sind. Aus etwa 30 Teilen hat sie ihr Schöpfer Alfons Wiest zusammengesetzt und bezeichnet sie als „Zwischending zwischen Materie und Nichtmaterie, zwischen Skulptur und Plastik“.

Nachdem Galeristin Monika Schreiber vor zwei Jahren eine Ausstellung des Bildhauers in der Hölderlinstadt Lauffen am Neckar besucht hatte, wollte sie seine Werke unbedingt auch in die Schillerstadt holen. Insgesamt etwa 40 Skulpturen und 20 Grafitzeichnungen aus den Jahren 2012 bis 2016 stellt Alfons Wiest nun in Marbach aus. Während es einen Hölderlin-Kopf bereits gab, hat er den Schiller-Kopf speziell für diesen Anlass angefertigt.

Da sich die beiden Schriftsteller in den Jahren 1795 und 1796 mehrmals in Jena begegneten und einander schrieben, wurde der Abend durch eine szenische Lesung ergänzt. Der ehemalige Marbacher Bürgermeister Herbert Pötzsch schlüpfte dabei in die Rolle von Schiller, während Hölderlin von Axel Grau dargestellt wurde. Die Lesung war eine Mischung aus Briefzitaten und ausgedachten Passagen und ermöglichte einen Einblick in das schwierige Verhältnis der beiden, denn Hölderlin empfand sowohl Bewunderung als auch Furcht gegenüber Schiller und hoffte auf Gewogenheit und Rat des großen Dichters.

Im Anschluss erläuterte der aus Bad Waldsee stammende Bildhauer und Kunstlehrer Alfons Wiest, wie sich sein Schaffen bis hin zu den aktuellen Figuren entwickelt hat, wie er sie technisch umsetzt und was er damit ausdrücken möchte. Während er sich früher von den Vorgaben des Holzes habe inspirieren lassen, wolle er sich nun „nicht mehr zum Sklaven des Holzes machen“. In seinen aktuellen Werken aus bemaltem Buchenholz sei das Material nicht mehr zu erkennen. Bereits zuvor habe er mit Lochfeldern in Brettern gearbeitet, um die Materie aufzulösen und Transparenz zu schaffen. Seine aktuellen Arbeiten hätten nun größere Löcher. „Und sie sind auch wieder voluminös geworden. Man kann in die Sachen hineinkucken“, so Alfons Wiest. Der Kon-trast zwischen dem Materiellen und dem Immateriellen ist dem Bildhauer besonders wichtig. Den Mensch sieht er als Mittler zwischen der Materie und dem Geistigen. „Genau dieses Phänomen möchte ich beschreiben“, erklärte er seine Absicht.

Für die musikalische Begleitung der gut besuchten Vernissage sorgte das Duo Olivera mit Oliver Glückler an der Gitarre und Vera Neckermann an der Querflöte. Alfons Wiest gefiel die Verbindung von Literatur, Musik und Kunst an diesem Freitagabend und der sich daraus ergebende Synergieeffekt. Seine Skulpturen und Zeichnungen können noch bis zum 22. Oktober besichtigt werden.