Peter Steinmüller erwartet höhere Preise durch die Schutzzölle. Foto: Frank Wittmer

Peter Steinmüller, Geschäftsführer von EgeTrans, spricht über die transatlantischen Handelspolitik.

Marbach - L angfristig werden die Preise für Waren auch bei uns steigen, vermutet Peter Steinmüller, Geschäftsführer von EgeTrans. Die Stahlpreise haben schon deutlich angezogen. Die amerikanische Industrie könne die Waren aber nicht alle selbst herstellen, die durch die Zölle jetzt teurer werden, vermutet der Experte für Import- und Export.

Wie wirkt sich die Handelspolitik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump auf das Transatlantikgeschäft aus?
Etwa seit Februar 2017 hat unser Geschäft stark angezogen. Das heißt, wir hatten fast 50 Prozent Zuwachs innerhalb des letzten Jahres. Das ist nicht EgeTrans-spezifisch, das hat sich auf dem ganzen Markt abgezeichnet. Die Schiffe sind voll, die Flugzeuge sind voll, die Industrie kommt nicht mehr hinterher mit der Produktion. Die Nachfrage ist höher als die Produktionsleistung. Und im Februar 2017 war auch die Amtseinführung von Herrn Trump. Ich will jetzt nicht sagen, dass Herr Trump daran schuld ist, dass die Konjunktur so stark angezogen hat, aber er tut zumindest alles dafür, dass er sie wieder abwürgt.
Wie wirken sich die US-Schutzzölle auf das Geschäftsfeld von EgeTrans aus?
Die haben sich schon ausgewirkt, bevor sie überhaupt in Kraft getreten sind. Die Tonne Rohstahl hat in den USA bis vor nicht allzu langer Zeit rund 600 bis 650 Dollar gekostet. Die Schutzzölle gelten ja nicht nur für Stahl aus der EU, auch für die Nafta (North American Free Trade Agreement), also wenn jemand Stahl aus Kanada importiert. Schon zum Zeitpunkt der Ankündigung der Schutzzölle ist der Stahl auf 900 Dollar die Tonne gestiegen, und Fachleute rechnen damit, dass er bis auf 1100 Dollar pro Tonne steigen wird. Obwohl die Schutzzölle nur 25 Prozent ausmachen. Da ist einfach schon eine gewisse Vorfreude der amerikanischen Stahlindustrie zu erkennen. Die sagen: Jetzt bekommen sie ihren Stahl nicht mehr billig im Ausland, jetzt müssen sie ihn bei uns zu erhöhten Preisen kaufen.
Also wirken sich nicht nur die Schutzzölle aus, auch der Stahlpreis steigt?
Warum der Preis gestiegen ist, weiß ich auch nicht genau. Durch die Erwartung, dass der Preis durch die Schutzzölle steigen wird, hat die amerikanische Stahlindustrie höhere Preise durchsetzen können.
Eine Marktlogik, die nicht logisch zu erklären ist…
Sie ist vielleicht damit zu erklären, ganz unabhängig von den Schutzzöllen, dass die Konjunktur weltweit stark angestiegen und damit die Nachfrage nach Stahl sehr viel größer geworden ist.
Sie organisieren, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, viele Transporte im Maschinenbau und für Automobilzulieferer. Wirken sich die Schutzzölle also auch auf Firmen aus, die in den USA produzieren, wie Daimler oder BMW?
Das ist absolut richtig. Unser größter Kunde ist die Firma John Deere, bei der wir die Landmaschinen-, die Baumaschinen- und die Motorenproduktion in den USA aus der EU beliefern. Da wird überall Stahl gebraucht, wie in der Automobilindustrie auch. Wenn man weiß, dass bestimmte Modelle wie der BMW X6 in den USA gebaut werden, dann ist der amerikanische Verbraucher zunächst mal derjenige, der mehr zahlen muss, aber auch der europäische und jeder Käufer weltweit wird mehr zahlen müssen. Der X6 wird ja genauso in Deutschland verkauft wie in den USA. Im Grunde trifft uns das alle. Die Globalisierung ist sehr weit fortgeschritten, es gibt kaum noch nur nationale Märkte.
Die Waren werden also auf jeden Fall teurer?
Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Die Frage ist, ob sich die Kostenerhöhung in einer Kaufpreiserhöhung durchsetzen lassen wird. Ich kenne Firmen, die sagen: Wir können unsere Preise nicht erhöhen. Die müssen das absorbieren, das heißt, es sinken die Gewinne. Wahrscheinlich wird sich kurzfristig keine Preiserhöhung durchsetzen lassen, aber spätestens beim nächsten Modellwechsel wird das mit eingepreist.
Betrachten wir jetzt mal beide Seiten. Auch in der EU soll es Schutzzölle geben, manche reden schon vom „Handelskrieg“. Halten Sie Schutzzölle für das politisch richtige Mittel, um Märkte vor „bösen Einflüssen“ zu schützen?
Die Weltwirtschaft hat doch in den letzten Jahrzehnten alles dafür getan, dass Zölle abgebaut werden, um einen globalen Handel zu ermöglichen. Schutzzölle drehen das Rad praktisch wieder zurück. Das geht dahin, dass wir nur noch nationale Märkte haben. Das kann man sich heute in der globalisierten Welt nicht mehr vorstellen. Länder wie Mexiko oder Kanada rücken jetzt viel näher an die EU heran. Bilaterale Handelsabkommen führen dazu, dass der freie Markt sich einfach verlagert. Meiner Meinung nach wird Herr Trump mit seinen Schutzzöllen sein Land isolieren.
Und wahrscheinlich auch schädigen?
Sehr wahrscheinlich, denn ich kann mir im Moment nicht vorstellen, dass die amerikanische Industrie in der Lage ist, all die Produkte, die sie importieren muss, selber herzustellen. Das fängt beim Stahl an. Das ist ja nicht einfach irgendein Eisen, sondern muss eine gewisse Qualität haben. Die amerikanische Industrie hat ihre Stahlproduktion in den letzten 30 Jahren komplett zurückgefahren. Ganze Stahlwerke sind demontiert und nach China verladen worden, weil man immer gesagt hat, es ist billiger, den Stahl in China zu kaufen. Heute fehlen in den USA die Fachleute, heute fehlen die Produktionskapazitäten. Kurzfristig lässt sich das nicht wieder aufbauen. Die Importe werden besteuert, aber dadurch werden wir kurzfristig keine höhere Stahlproduktion in den USA haben. In 20 Jahren vielleicht.
Wenn Sie Donald Trump einen Rat geben dürften, und er vielleicht sogar auf Sie hören würde, würden Sie ihm raten, seine eigene Stahlproduktion wieder aufzubauen?
Ich würde ihm erstmal etwas ganz anderes raten: Er sollte sein Bildungssystem reformieren. Die Eliteschulen bringen sehr gute Leute hervor, aber 80 Prozent der Bevölkerung können sich diese nicht leisten. Die Standardschulen in den USA bringen nicht diese gebildeten Leute hervor, um Hoch-Technologie zu fördern. Die meisten Leute werden nicht an die Denkweise herangeführt, die man braucht, um tiefgründig und nachhaltig zu handeln. Wenn man gute Fachleute braucht, muss man die erst mal ausbilden.
Bewirken die Schutzzölle in Deutschland mehr, als dass Erdnussbutter und Harley-Motorräder teurer werden?
Ich finde das witzig, dass man immer nur darüber spricht. Das ist ja so ein kleiner Markt, der fällt im Grunde gar nicht ins Gewicht. Ich habe mir mal die Durchführungsverordnung der EU-Kommission vom 20. Juni angeschaut. Da gibt es eine ganze Liste von Waren, die davon betroffen sind. Ich nenne einfach mal einige Beispiele: Zigarren und Zigarillos, Schminke und Make-up, Weißbleche aus Eisen und Stahl, Gerüst- und Schalungsmaterial, Rollen, Trommeln, Kabel, Hubwellen, Drehhebel, im Grunde geht das quer durch die Industrie. Backvorrichtungen, Gelenkwellen, das sind nicht nur Konsumgüter. Wasserfahrzeuge, sprich Boote, sind ebenso dabei wie Spielkarten oder auch Mais. Das ist ein breites Spektrum. Vor kurzem sagte mir unsere Zollverantwortliche, dass sie das erste Mal Strafzoll entrichten musste. Das waren Gelenkwellen für die Landwirtschaftsproduktion, die aus den USA kommen und hier an einen deutschen Hersteller geliefert wurden.
Der Handel findet also tatsächlich in zweierlei Richtung statt?

Europa hat enorme Exportüberschüsse, das ist keine Frage. Was aus den USA zurückkommt, ist bei Weitem nicht die Menge, die wir in die USA liefern. Volumenmäßig wirkt sich das aber bei weitem nicht so stark aus, wie das, was China besteuern will, da geht es um das Hundertfache. Ich denke, dass sich Herr Trump da keinen Gefallen tut.