Die Gäste aus der Partnerstadt Tongling fühlen sich in Marbach gut aufgenommen. Foto: Frank Wittmer

Die Gäste aus Tongling sind überpünktlich, schaffig – und Maultaschen kennen sie von der eigenen Speisekarte.

Marbach - So vieles gibt es nicht, was Schwaben und Chinesen unterscheidet. Pünktlich mit dem Glockenschlag marschiert die 30-köpfige Delegation aus der Partnerstadt Tongling im Osten Chinas, 350 Kilometer westlich von Shanghai gelegen, durch die Fußgängerzone Richtung Rathaus. Das obligatorische Gruppenfoto vor dem Brunnen wird mit professioneller Gelassenheit erledigt.

Begeistert sammeln die 15- bis 16-Jährigen Mädchen Infomaterial vom Ständer ein. Wenn in Tongling demnächst ein Marbacher Abfallkalender auftaucht und die Trennung in Rund und Flach sich auch in Fernost etabliert, ist dies dem Schüleraustausch mit der Internationalen Klasse des Friedrich-Schiller-Gymnasiums (FSG) geschuldet.

Am FSG wird Chinesisch seit der 6.  Klasse unterrichtet. Den Austausch gibt es seit 2004, findet allerdings erst seit 2013 jährlich statt. Die jetzige Delegation ist erst die zweite Schülergruppe, die aus China zu Gast in Marbach ist. Die Vorsitzende des Partnerschaftskomitees Ute Rößner freut sich, dass alle Gäste privat in Familien untergebracht sind.

Für den Unkundigen hat die fremde Sprache etwas mit dem Schwäbischen gemeinsam: Die scheinbar etwas vernuschelte Aussprache. Die Lehrerin Marion Rath beherrscht die Laute jedenfalls perfekt, die mitunter kehlig klingen und bei denen es oft auch auf das richtige Ein- und Ausatmen ankommt, um den Silben die korrekte Betonung zu verleihen.

Für Bürgermeister Jan Trost haben sich die jungen Leute extra in Schale geworfen. Wie die Lehrer Gan Fangbin und Rao Yan Peng haben die jungen Herren blau-karierte Hemden an, die jungen Damen tragen entsprechende Kleider.

Der Marbacher Bürgermeister interessiert sich für die Eindrücke, die die jungen Chinesen bei ihrem ersten Besuch in Deutschland seit Freitag schon sammeln konnten. „Marbach ist sehr freundlich und hübsch“, sagt Rao Yan Peng. Der Tagesablauf sei viel entspannter als zu Hause, berichtet die 16-Jährige Schülerin Wang Shuyi. „Wir fangen sehr früh an und arbeiten den ganzen Tag über.“

Bezeichnenderweise liegt der Austausch in den Sommerferien, was Léon Yuxiang Wang sehr schätzt. „Bei uns zu Hause ist es gerade sehr heiß.“ In der bekanntermaßen großartigen Freundlichkeit fügt der 16-Jährige noch hinzu: „Wir hoffen, die Freundschaft währt für immer.“ Er sei sehr interessiert an der Geschichte, so der aufgeweckte Schüler, insbesondere die Kirchen würde er gern sehen, da es Vergleichbares in China nicht gebe. Bei der Stadtführung wolle man das berücksichtigen und in die Alexanderkirche schauen, nahm Marion Rath die Anregung gleich auf. Trost interessierte sich auch dafür, ob die Chinesen schon Gelegenheit hatten, schwäbische Spätzle oder Maultaschen zu kosten. „Das ist sehr lecker“, meinte Shuyi dazu. Maultaschen sind ja auch kein schwäbisches Exklusivgericht, auch in China werden die „Jiaozi“ gerne gegessen.

Und noch etwas verbindet die Gäste: Die Größe ihrer Schulen. Während das FSG mit 2352 Schülern das zweitgrößte in Deutschland ist, besuchen allein die Junior High School in Tongling 2400 junge Menschen.