Nicht alle Fahrgäste können in einem Gelenkbus einen Sitzplatz bekommen. Foto: Michael Raubold

Die Freitagsreportage: Eine Busfahrt vom Bildungszentrum in den Wohnort ist für Schüler Teil ihres Alltags.

Marbach - Wie an einer Kette stehen die roten Busse an der Haltestelle aufgereiht. Die sechste Stunde ist gerade rum. 12.50 Uhr: Überall an der Haltestelle des Marbacher Bildungszentrums bilden sich kleine Schülertrauben. Lasse Fränznick sitzt schon im Bus. „Ich hab’ Glück gehabt“, erzählt er. Der Lehrer ließ ihn eher gehen. Der Gymnasiast hatte die Hausaufgaben von der Tafel abgeschrieben. In wenigen Minuten geht es für den 14-Jährigen ab zum Wohnort nach Steinheim.

Einen Sitzplatz zu ergattern, ist um diese Zeit nicht leicht. Das ist auch Lasse bewusst. „Dienstag ist noch ein guter Tag“, erzählt er, am Montag sei es voller. Aber es verteile sich meistens ganz gut. Nur an machen Tagen quillten die Schulbusse ins Bottwartal über. „Nach den Ferien oder an Tagen mit Schulausflügen.“ Doch obwohl es ein normaler Tag ist, füllt sich der Bus immer mehr. In dem Gelenkbus müssen viele der jungen Passagiere stehen, denn die Betreiberfirma Regio Bus Stuttgart (RBS) kalkuliert mit 130 Schülern pro Fahrt, wobei 150 Passagiere Platz fänden. Bei dieser Tour sind 100 Schüler an Bord, etwa ein Drittel steht. Nach einem anstrengenden Schultag keine so angenehme Sache, doch ist die Stimmung im Bus entspannt. Die Fahrt beginnt um 12.54 Uhr. Die Linie 460 fährt planmäßig ab.

Gut festhalten lautet die Devise. Die Ampeln der Marbacher Innenstadt zwingen den Bus, immer wieder zu halten. Mit dem Komfort ist die 18-jährige Laura Abarte aus Großbottwar nur bedingt zufrieden. „Die Kinder machen morgens schon einen ganz schönen Krach“, sagt sie und erzählt davon, dass sie derzeit eigentlich ganz gerne mit Freunden im Auto zur Schule fahre und die Ruhe dabei genieße.

Probleme mit lärmenden Passagieren kennt der Busfahrer Heiko Pritschow zwar, doch sei dies eher die Ausnahme. Der Busfahrer ist einen gewissen Lärmpegel morgens gewohnt. „Wenn aber jemand an den Haltestangen turnt, rede ich mit ihm“, sagt der 55-Jährige, der leidenschaftlich gerne durch das Bottwartal fährt.

Ruckzuck ist die Blattert-Kreuzung in Murr erreicht. Hier steigen mit Abstand die meisten der Kinder und Jugendlichen aus. „Jeder will schnell nach Hause“, sagt der 16-jährige Andi Haliti und packt schon seine Sachen. Direkt hinter ihm daddeln jüngere Schüler mit dem Smartphone, andere schauen ihnen dabei zu. So kommt wenigstens keine Langeweile auf.

Wenige Minuten später nimmt der Bus von Steinheim aus Kurs auf Kleinbottwar. Er fährt nicht durch die Horrenwinkel-Siedlung. Darüber sind einige Eltern unglücklich, denn gerade in diesem Viertel haben sich in den vergangenen Jahren viele junge Familien niedergelassen. Trotzdem lässt die RBS drei Busse durch Murr und nur einen über den Horrenwinkel fahren. „Wir haben es versucht, aber dann sind Kinder aus Murr in Steinheim gelandet, weil sie den falschen Bus genommen haben und es gab Ärger“, berichtet Günther Kisser, der als stellvertretender Niederlassungsleiter der RBS in Ludwigsburg die Fahrt begleitet. Es dauere eben am Anfang eines Schuljahres immer etwas, bis sich bei mehr als 1200 jungen Fahrgästen alles eingespielt habe. „Im November ist das kein Thema mehr“, ist er sich sicher – und inzwischen hat auch die Schule reagiert und die Schüler angewiesen, für sie definierte Busse zu nehmen.

Es ist 13.16 Uhr und der Bus erreicht Großbottwar. Nur noch wenige Schüler sitzen hier, zwei oder drei steigen am Sauserhof aus. Rasch setzt sich die Fahrt fort – an der Endstation in Beilstein wird eine Schultasche entdeckt. Zehn bis 15 Taschen bleiben in den Bussen der RBS wöchentlich liegen, erzählt Kisser. Die Rückgabe werde über das Fundbüro abgewickelt, aber viele seien zu bequem, die Taschen abzuholen.