Der Winzer Reinhard Schäfer hält ein befallenes Blatt in der Hand. Foto: Werner Kuhnle

Der falsche Mehltau Peronospora macht den Öko-Winzer der Region Sorgen, da Bekämpfungsmethoden fehlen. Das effektive Fungizid Kalium-Phosponat entspricht nämlich nicht den derzeitigen EU-Vorgaben.

Marbach/Bottwartal - Starkregen und Feuchtigkeit wirken sich in den Weinbergen aus. Der falsche Mehltau Peronospora hat sich dort festgesetzt. Nun steht mit Kalium-Phosphonat ein bewährtes Fungizid zur Bekämpfung des Pilzes zur Verfügung – allerdings nicht im Öko-Weinbau.

„Wir haben das Mittel quasi entdeckt“, sagt Reinhard Schäfer, Öko-Winzer aus Kleinbottwar und Zweiter Vorsitzender des Bio-Weinbauverbands Ecovin. Durch neue – aus seiner Sicht unsinnige – Vorschriften der EU sei aber gerade die „phosphorige Säure“ im Bio-Landbau verboten worden. „Das betrifft ja nicht nur den Weinbau, sondern auch Tomaten und Gemüse allgemein.“

Laut Schäfer habe man unter Einsatz „sämtlicher Nerven und Maschinen“ die Situation bislang noch im Griff. Als Alternative steht den Öko-Winzern nur Kupfer zur Verfügung. Das für Pflanzenschutzmittel zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat zwar auf die Notsituation reagiert und die zulässige Kupfermenge von drei auf vier Kilogramm erhöht. „Viele Betriebe sind aufgrund der katastrophalen Wettersituation aber schon an der Grenze angelangt“, stellt Hartmann Dippon vom Bio-Weingut Schloss Hohenbeilstein fest.

In einem „Brandbrief“ haben sich die über den Weinbauverband Ecovin organisierten Winzer wie Schäfer und Dippon an die Politik gewandt. Der Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) hat sich am Montag mit Vertretern des Bio-Weinbaus in Weinsberg getroffen und weiß: „Nur mit Kupfer kann in solchen Jahren die Rebenperonospora in Deutschland nicht ausreichend bekämpft werden.“ Baden-Württemberg werde zwar zusammen mit den Verbänden einen neuen Vorstoß in Brüssel machen, um mittelfristig die Zulassung von Kalium-Phosphonat zu erreichen. „Diese auf europäischer Ebene erforderliche Rechtsanpassung wird aus heutiger Sicht allerdings kurzfristig nicht möglich sein“, dämpfte Hauk die Hoffnungen.

Für Bio-Winzer wie Reinhard Schäfer und Hartmann Dippon gibt es – außer der Hoffnung auf beständigeres Wetter – zwar auch die Möglichkeit, mit Kalium-Phosphonat zu spritzen. Dann dürften aber „Weine aus Trauben dieser Flächen nach aktueller Rechtslage nicht als Bioweine vermarktet werden“, stellt das Landwirtschaftsministerium in einer Pressemittelung am gestrigen Dienstag klar.

Flächen, die mit dem im Bio-Weinbau nicht zugelassenen Mittel Kalium-Phosphonat behandelt werden, müssen an die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg gemeldet werden. Die aus der Ökoproduktion herausgenommenen Flächen sollen möglichst bald wieder in den Betrieb integriert werden, sicherte der Minister den Verbandsvertretern zu.

Eine Alternative sind pilzresistente Rebsorten, so genannte PiWi-Weine wie die rote Sorte Cabernet Cortis, bei den Weißweinen die alte Sorte Bronner oder die neueren Muscaris, Cabernet Blanc oder Souvignier Gris. „Ich habe noch keinen Befall gefunden“, sagt Bernd Gemmrich, der als „ökologisch denkender“ Weinbauer Mittel wie Wasserglas (Natriumsilikat) schon lange nutzt. Bislang musste Gemmrich noch nicht spritzen, wird jetzt aber in der abgehenden Blüte sicherheitshalber auch bei den PiWi-Sorten einmal mit Phosphonat „drübergehen“, was er als konventioneller Betrieb im Gegensatz zu seinen Bio-Kollegen darf. „Das ist der eigentliche Grund, warum wir kein Bio machen, weil wir uns da zu sehr einschränken müssten.“