Die CDU-Politiker Konrad Epple (links) und Fabian Gramling lernen im Murrer Casino Spielautomaten kennen – die Vertreter der Branche weisen die Gäste ein. Foto: Werner Kuhnle

Betreiber von Spielcasinos fordern andere Gesetze, damit sie weiterarbeiten können.

Marbach/Bottwartal - Bunt leuchtende Bildschirme begrüßen den Gast im Spielcasino Sterntaler im Murrer Gewerbegebiet Egarten an diesem Freitagvormittag um 11.30 Uhr. An einzelnen Geräten sitzen Männer und starren ins stille Glück. Die Glücksräder drehen sich. Gleichzeitig füllt sich der Nebenraum. Fachjournalisten der Spielhallenbranche sind aus Mainz und Braunschweig zum Politikergespräch angereist, zu dem Sterntaler-Chef Dieter Teifl eingeladen hat. „Ich finde es gut, dass Sie sich die Branche aus der Nähe anschauen – die Politiker hören von uns sonst nur schlechte Sachen“, lobt der Gastgeber die beiden CDU-Landtagsabgeordneten Fabian Gramling und Konrad Epple, die an diesem Morgen zu Besuch gekommen sind.

Teifl, der noch sieben andere von bundesweit 6000 Spielcasinos mit etwa 70 000 Beschäftigten betreibt und im Automatenverband Baden-Württemberg organisiert ist, lässt keinen Zweifel daran, dass er zu den „Guten“ zählt. Schon jetzt schütze er von Spielsucht bedrohte Gäste mit Ausweiskontrollen, begrenzten Spielzeiten und Sperrmechanismen vor sich selbst. Jugendschutz werde groß geschrieben. „Das junge Gemüse wollen wir gar nicht haben“, sagt Teifl und erwähnt das bewusst hoch angesetzte Mindestalter von 21 Jahren in seinen Filialen.

Den Kontakt zu Landespolitikern hat Teifl gesucht, weil der Branche die „Enteignung“ drohe. Sollte der Glückspielstaatsvertrag, der im Jahr 2021 in Baden-Württemberg ausläuft, in einer scharfen Form neu gefasst werden, müssten Spielcasinos, die nicht mindestens 500 Meter voneinander entfernt seien, geschlossen werden. Deren Bestand sei aktuell noch per Härtefallregelung erlaubt. „In Bayern sind es 250  Meter, in Berlin nur 100 Meter“, sagt Teifl – und fordert andere Gesetze.

Spielsüchtige anders schützen will Fabian Gramling, glückspielpolitischer Sprecher der CDU im Landtag. „Eine zentrale Sperrdatei wäre absolut notwendig“, sagt der Abgeordnete aus dem Wahlkreis Bietigheim-Bissingen. In einer solchen Datei sollten alle gefährdeten Besucher von Spielcasinos erfasst werden. Dies verhindere, dass sie an einem Tag mehrere Casinos aufsuchen könnten. „Und es ermöglicht Betreibern, die Spieldauer zu begrenzen.“ Gramling glaubt nicht, dass eine reine Abstandsregelung etwas bringe, er setze auf eine gesetzlich festgelegte Qualität bei Sozialkonzepten für Spielcasinos. Darüber verhandele er derzeit mit den Grünen als Koalitionspartner. Dass die beiden CDU-Politiker die Spielsucht als Krankheit durchaus ernst nehmen, wird aus einer Bemerkung von Gramlings Kollegen Konrad Epple deutlich: „Wir waren in einer Suchtklinik – dort sagte ein Betroffner, er werde schon süchtig, wenn er nur einen Automaten hört.“

Für solche Bedenken aus Patientensicht ist aber an diesem Vormittag im engen Nebenzimmer des Murrer Spielcasinos kein Platz. Die Wortführer der Branche loben ihre Eigenleistung und sehen Spielsüchtige eher als kranke Minderheit in ihren Etablissements. „Einige Spieler lassen sich auf eine Sperrliste setzen und überlassen uns zur Kontrolle ihre Daten“, berichtet Peter Mettler, der in Teifls Unternehmen das Sozialkonzept betreut. Er ist sich sicher, dass Spieler in der Öffentlichkeit eines Casinos vor Übermaß viel besser geschützt werden können, als wenn sie daheim im Internet Geld verzocken würden. Die Sozialkontrolle sei wichtig, erklärt Dieter Teifl im Gespräch mit unserer Zeitung: „Wenn jemand drei, vier Bier in einer Stunde getrunken hat und auffällig ist, sagen wir ihm, dass er besser gehen sollte.“

Technisch ist es laut Automatenverband Baden-Württemberg möglich, durch den seit dem 11. November verpflichtenden Automatentyp TR 5.0 den durchschnittlichen Maximalverlust auf 20 Euro pro Stunde zu begrenzen. Das Casino gebe dem Besucher eine Plastikkarte – damit könne er nur an einem Automaten gleichzeitig spielen und erst mal nur 10 Euro einzahlen. Nach 60 Minuten wird das Guthaben ausgezahlt, der Spieler müsse eine fünfminütige Spielpause einlegen. Nach drei Stunden ist an einem Automaten Schluss.

Ein gewisses Verständnis für den Ansatz der Spielcasinobetreiber hat der Murrer Bürgermeister Torsten Bartzsch, der auch am Pressegespräch teilnimmt. Er gebe aber zu, „in dieser Frage zwiegespalten zu sein“. Das Casino Sterntaler sei immerhin bisher nicht in puncto Jugendschutz negativ aufgefallen. Möglicherweise gelinge es, die Spieler vor Onlinespiel besser zu schützen.

Nicht sofort als Polizist erkennbar ist Hartmut Herrigel. Der Hauptkommissar in Zivil lässt sich mit einem Kollegen ein nagelneues Gerät erklären. „Jedes Gerät ist ein Computer – und Computer sind manipulierbar“, weiß der Mitarbeiter der Abteilung Gewerbe und Umwelt im Polizeipräsidium Ludwigsburg. Er sei grundsätzlich misstrauisch gegenüber Spielcasinos, „weil hier im Prinzip Geld mit kranken Leuten verdient wird“. Es gebe doch einige schwarze Schafe in der Branche, habe er mit der Zeit festgestellt.