Jetzt ist es auch schriftlich nachweisbar: Hier haben Schillers gewohnt. Foto: Sandra Brock

Das neue Stück für die Wechselvitrine im Geburtshaus bringt eine überraschende Erkenntnis.

Marbach - Etwa ein Jahr lang zierte eine schwarze Schillerbüste die neue Wechselvitrine in der Küche von Schillers Geburtshaus in der Niklastorstraße. Seit gestern ist ein neues-altes Stück in dem Glaskasten ausgestellt: Es handelt sich um eine 18 Seiten umfassende Holzliste, eine Beilage der Hardtwald-Rechnung, in der aufgeführt ist, wer in dem betreffenden Jahr aus dem Hardtwald jeweils ein Holz-Los bekam.

Was diese nun mit Friedrich Schiller zu tun hat? Eine ganze Menge. Die Liste stammt aus dem Jahr 1759 – dem Geburtsjahr des großen Sohnes der Stadt. Erstellt wurde sie am Martini-Tag, also dem 11. November. Das ist einen Tag nach Schillers Geburt gewesen und damit just an seinem Tauftag.

Die Familie Schiller ist in dem historischen Dokument auch erwähnt, und zwar auf Seite zwölf, die aufgeschlagen in der Vitrine liegt. „Herr Lieutenant Schillers Frau“ steht dort. Dass Schillers Mutter erwähnt wird und nicht sein Vater, liegt daran, dass in der Niklastorstraße praktisch nur Elisabetha Dorothea Schiller mit den Kindern wohnte. „Der Vater war ja beim Militär“, erklärt der Marbacher Stadtarchivar Albrecht Gühring.

Im Stadtarchiv ist das Schriftstück ganz ursprünglich auch einmal gewesen. Bis es vor Jahrzehnten ans Deutsche Literaturarchiv (DLA) beziehungsweise an das Schiller-Nationalmuseum gegeben wurde. Dort hat es jetzt Michael Davidis wieder „ausgegraben“. Der frühere DLA-Mitarbeiter zeichnet gemeinsam mit Thomas Schmidt auch für die aktuelle Ausstellung in Schillers Geburtshaus verantwortlich und war deshalb auf der Suche nach einem neuen Stück für die Wechselvitrine. „Als ich darauf gestoßen bin, war ich elektrisiert“, sagt Davidis. Die 18-seitige Beilage machte in der Folge noch einmal Station im Stadtarchiv. Dort hat die Praktikantin Daniela Zimmermann den kompletten Inhalt peu à peu entziffert, „eine große Leistung“, wie es Michael Davidis ausdrückt.

Was dem Stadtarchivar Albrecht Gühring dann am Dienstagmittag noch ganz nebenbei aufgefallen ist, dürfte die eigentliche Sensation der Geschichte sein: Die Empfänger der Holzlose sind in der Reihenfolge der Häuser aufgelistet – in diesem Falle die Niklastorstraße von oben nach unten. Albrecht Gühring: „Das heißt, hier handelt es sich um den einzigen schriftlichen Beweis, dass die Familie Schiller wirklich hier in der Niklastorstraße 31 gewohnt hat.“ Diese Tatsache sei nämlich bislang nur auf Erzählungen von Zeitzeugen begründet.

Passend untergebracht ist das historische Schriftstück auf alle Fälle. Denn das Holz, um das es im Inhalt des Schreibens geht, ist vermutlich damals genau neben der heutigen Vitrine im steinernen Ofen von Schillers Geburtshaus gelandet – um die inzwischen zwei kleinen Kinder der Familie Schiller, Christophine und Friedrich, warm zu halten.