Helmut Grell vor einem seiner farbgewaligen und ausdrucksstarken Werke. Foto: Avanti

Eine endlos scheinende Vielfalt bunter Motive zeigt Helmut Grell bei seiner Ausstellung im Rathaus. In seine Bilder fließen auch Charakteristika anderer Künstler ein.

Marbach - Die Bilder sind ein großer, aber nicht nur ein „Augenschmaus“, wie der Titel der Schau lautet. Laudatorin Gabi Buch brachte es bei der Vernissage am Sonntagmorgen wortspielerisch auf den Punkt: Der Künstler wolle den Betrachtern auch Geschichten „aufs Auge drücken“. Sehr direkt zeigt sich Grells Orientierung am Textlichen in seinem Bild „Papiertiger“. Am Schwanz eines Tigers beginnt ein Gedicht des verstorbenen Marbacher Axel Brandt: „Index/Dax/Mit Verlaub/Geld, das nicht existiert/Befördert das Nichts ins Sein/...“

Dieses Bild ist auch ein Beispiel für Grells offen gezeigten Umgang mit der Kunst und den Dingen, die es schon gibt um ihn herum. Das gipfelt im teilweise mit ausgestellten Briefwechsel, den der Marbacher mit dem Konzern Procter und Gambler und dem Künstler Quintus Buchholz führte. Er fragte sie nach der Erlaubnis, Bilder ausstellen zu dürfen, die Elemente aus deren Fundus beinhalten. Der Konzern hat kein Problem mit Grells Meister Proper. Auch wenn er Mastro Lindo heißt, sieht er „die Marke nicht verunglimpft oder herabgesetzt“. Quintus Buchholz freut sich sogar, dass Grell aus seiner Figur Paul „was ganz Neues“ gemacht hat. Und er wird grundsätzlich: Anderes ins eigene Schaffen zu übernehmen, sei ein „übliches und legitimes Verfahren“, ohne das vieles ja gar nicht möglich wäre.

Aber auch weniger direkte Beispiele spiegeln Grells Kommunikationsdrang. So sprechen etwa die bunten Hochhäuser an, die sich unter Froschaugenperspektive nahezu aus dem Bild heraus biegen. Die auf drei Stockwerke verteilten „Sonnengrüßen“ laden zur Verfolgung ein. Manchmal helfen die Titel, oft auf Italienisch, der Kommunikation etwas auf die Sprünge. Manchmal ist es Grells „perspektivisches Talent“, das laut Gabi Buch die Betrachter direkt ins Bild hineinzieht. Als Beispiel nennt sie das „Huhn von rechts“, bei dessen Anblick wir versucht seien, auf die Bremse zu treten, um es nicht zu überfahren. Nicht nur hier kommt Grells „buntes Augenzwinkern“ zum Vorschein, mit dem er nach eigenen, ausgehängten Worten die Welt nicht abbilden, sondern servieren will.

Schon immer drängte es den gebürtigen Kornwestheimer, Jahrgang 1952, zu malen. Zum Broterwerb studierte er aber das Bauingenierswesen, unter anderem bei dem immerhin kunstsinnigen und innovativen Professor Schlaich in Stuttgart. Seit 2010 ist er Malschüler von Renate Leidner in Kleinglattbach, seit 2014 von Gabi Buch in Marbach. Mit ihrer Unterstützung vollzieht er derzeit einen Umschwung vom Gegenständlichen zum Abstrakten. Auch das bildet die Schau ab. Bei deren Gestaltung, von der Auswahl bis zur bebilderten Verkaufsliste, war die ganze Familie involviert, erzählte Bürgermeister Jan Trost in seinem Grußwort. Dass das Künstlertum in den Genen liegt, zeigten die Söhne Benjamin und Steffen. Wie der Vater haben sie zunächst etwas Handfestes studiert. Doch heute ist der eine freier Werbefilmer, der andere freier Musiker. Zusammen spielten sie zum Ohrenschmaus des großen Publikums für die Generation des Vaters sprechende Stücke und eines, das angeblich immer auf der Auto-Kassette lief, wenn die Familie zum Garten fuhr.