Die mögliche Erweiterungsfläche nördlich ist bereits zum Großteil im Besitz der Kliniken gGmbH Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Alt-Schultes Herbert Pötzsch hat im Gemeinderat erklärt, dass die Schließung wohl vom Tisch sei. Das Gremium hat dennoch die Überprüfung des Gutachtens zum Krankenhaus beschlossen.

Marbach - Als „sachkundigen Bürger“ begrüßte Bürgermeister Jan Trost am Donnerstagabend seinen Vorgänger im Amt, Herbert Pötzsch, in der Ratssitzung. Schließlich sei dieser Mitglied des Kliniken-Aufsichtsrates und werde deshalb im Anschluss an die Diskussion noch Fragen beantworten und Informationen geben. Und das tat der ehemalige Marbacher Schultes denn auch. Um genau zu sein, überbrachte er den Räten eine Botschaft, die Hoffnung machte und ein Stück weit für Erleichterung sorgte. Die Schließung des Marbacher Krankenhauses sei wohl vom Tisch, der Standort werde wohl nicht aufgegeben, berichtete Pötzsch, der auch Mitglied des Kreistages ist. Darüber hinaus werde das Gutachten, dessen Ergebnis Anfang März vorliegen soll, nicht nur, den Neubau in Bietigheim mit einem Umbau im Marbacher Bestand vergleichen, sondern auch mit einem Neubau auf der Freifläche hinter dem Krankenhaus. Er gehe, so Herbert Pötzsch, zwar von einer „harten Diskussion“ aus, doch der Landrat habe ihm versichert, eine Entscheidung nicht übers Knie brechen zu wollen. Darüber hinaus gehe Rainer Haas wohl entspannt mit der Ankündigung aus Marbach um, das Gutachten überprüfen zu lassen. Er selbst, so Herbert Pötzsch, finde die Überprüfung, die die Räte am Donnerstag am Ende auch beschlossen haben, als Drohkulisse keinen Fehler. Solange man das Ergebnis des Gutachtens noch nicht kenne, sei es schwer, eine definitive Aussage zu machen, wie es weitergehe. „Der Druck muss aber dahin gehen, nach der Gesamtplanung der Krankenhäuser im Landkreis für die nächsten 15 Jahre zu fragen und mit dem Pfund Raumreserve zu wuchern“, riet der Alt-Schultes dem Gremium.

So sieht es auch Jan Trost. Solange der Landrat, was Alternativlösungen für Marbach – also abseits des geriatrischen Zentrums – angehe, noch „herumeiere“, müsse man mit Nachdruck die Interessen der Stadt und der Region vertreten. Es sei wichtig, nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen, spielte Trost auf das Gegenüberstellen der Kosten eines Neubaus für ein geriatrisches Zentrum in Bietigheim und den vermutlich fünf Jahre dauernden Umbau im Bestand in Marbach an. „Natürlich kommt das Erste günstiger.“ Die 6700 Quadratmeter nördlich des Krankenhauses seien bewusst freigehalten worden und voll erschlossen, erinnerte der Stadtchef. Darüber hinaus diene Marbach als Bettenhaus für Ludwigsburg. Im Vorjahr seien in der Chirurgie 882 Patienten stationär behandelt, 855 stationär und 1338 ambulant operiert worden. „Diese Kapazitäten müssten anderswo aufgebaut werden.“ Auch die 12,5 Millionen, die in das Ärztehaus investiert worden sind, seien unter Umständen verloren, denn dieses könne ohne das Krankenhaus mit großer Wahrscheinlichkeit in der jetzigen Form nicht weiter betrieben werden. „Ich denke, dass wir sehr gute Argumente haben“, betonte Trost.

Argumente, die auch die Fraktionen in eigene Worte fassten. Es ziehen alle an einem Strang, erklärte Ernst Morlock (SPD). Er präsentierte ein Positionspapier und warb bei den anderen Fraktionen, es um Punkte zu ergänzen und dann – von allen unterzeichnet – an die Mitglieder des Kreistages zu geben. Die SPD zweifle daran, dass der einzige Kostentreiber für Marbach der Umbau im Bestand sei. Obwohl das Gutachten noch nicht vorliege, würden für die Erweiterung in der Schillerstadt 56 Millionen Euro genannt und für Bietigheim 33 Millionen Euro. Professor Jörg Martin habe in der Weihnachtssitzung des Kreistages seine Visionen hinsichtlich der Weiterentwicklung der High-End-Medizin in der Holding vorgetragen. Dafür benötige man finanzielle, aber auch räumliche Ressourcen. Deshalb wäre es, so Morlock, auch strategisch richtig, den Standort Marbach zu erhalten.

FW-Rat Dr. Michael Herzog betonte, es sei zweifelsohne richtig, dass das Krankenhaus Marbach nicht wirtschaftlich sei. Die hier behandelten Patienten hätten einen hohen Pflege- und Betreuungsaufwand. Doch sie könnten auch anderswo nicht kostendeckend therapiert werden, es sei denn die Bettenkapazitäten seien so gering, dass man diese Menschen schneller nach Hause entlasse als bisher. „Was aber medizinisch und ethisch gesehen zumindest problematisch erscheint.“ Daher sei wichtig zu prüfen, ob die Zahl der zu erstellenden Betten in Marbach (150) der in Bietigheim entspreche. Das entscheidendste Argument sei jedoch, dass es weder in Ludwigsburg noch in Bietigheim Möglichketen für Expansion gebe. Heike Breitenbücher (CDU) erinnerte daran, dass die Belegärzte Verträge haben, auf die sie sich verlassen und die auch Grund gewesen sind nach Marbach zu kommen. Darüber hinaus steige die Bevölkerungszahl im Landkreis und für neue medizinische Entwicklungen brauche man Räume. Die Erweiterungsfläche dürfe nicht ohne Not aufgegeben werden, vielmehr müssten Ideen entwickelt werden, damit der Standort wirtschaftlich werde.

Eine Zentralisierung der Krankenhauslandschaft im Kreis bringe viele Nachteile, betonte Barbara Esslinger von den Grünen. Der Bau des Ärztehauses sei Inhalt einer Strategie zur Erhaltung des örtlichen Krankenhauses gewesen. Zumindest sei man davon ausgegangen. Die Frage, die zu klären sei: Wie wird insgesamt mit der ländlichen medizinischen Versorgung im Landkreis umgegangen und wie sieht die Weiterentwicklung aus?

Puls-Rat Hendrik Lüdke fasste sich kurz. Die Argumente seien von der Verwaltung gut und präzise dargestellt worden. Allerdings erinnerte er daran, dass auch der Gemeinderat Vaihingen mit derselben Inbrunst nach Argumenten für den Erhalt des dortigen Hauses gesucht hätten. „Und die Marbacher Kreisräte haben der Schließung des Krankenhauses zugestimmt.“ Insofern sei es die Aufgabe der Kreisräte, mit den Kollegen zu sprechen, um eine Art Revanche zu verhindern.