Lothar Streicher Foto: Avanti

Zum Tag des offenen Denkmals öffneten mehr als 800 Stätten und Bauten in Baden-Württemberg ihre Türen. Auch der Wunnenstein-Turm war dabei. Hier konnte man bei mittelalterliche Musik und Schwertkämpfen Wissenswertes über den Turm erfahren.

Großbottwar-Winzerhausen - Wer am gestrigen Sonntag den anstrengenden Weg den Wunnenstein hinauf auf sich nahm, wurde von Flötenklängen begrüßt. Am bundesweiten Tag des offenen Denkmals beteiligte sich auch dieses Jahr wieder der Aussichtsturm Wunnenstein. Zu diesem besonderen Anlass boten Ritter und Musiker in historischen Gewändern ein „Spektakulum“, so Burgherr Wolfelin von Wunnenstein, alias Hans-Wolfgang Bock aus Großbottwar. Der pensionierte Musiklehrer ist Vorstandsmitglied des Historischen Vereins Bottwartal. Er informiert als Wolfelin die Bevölkerung über die Geschichte des Wunnensteins.

Der bundesweite Tag des offenen Denkmals findet jedes Jahr am zweiten Sonntag im September statt. Historische Bauten und Stätten, die sonst nicht oder nur teilweise zugänglich sind, können dann besucht werden. Der Aussichtsturm auf dem Wunnenstein ist allerdings eine Ausnahme: Er ist von Anfang Mai bis Ende Oktober jeden Sonntag geöffnet. Im Verbreitungsgebiet dieser Zeitung öffneten außerdem zum Beispiel die Alexanderkirche und die Ölmühle Jäger in Marbach sowie die Stiftskirche in Oberstenfeld ihre Türen.

Auf dem 394 Meter hohen Wunnenstein gab es gestern ein unterhaltsames Programm: Historisch gewandete Ritter des Johanniter Ordens führten vor, wie man früher mit Schwertern und Dolchen kämpfte. Außerdem hatten sie ein mittelalterliches Zelt aufgebaut. Für die musikalische Untermalung des Spektakels sorgte die Gruppe Camino um Hans-Wolfgang Bock. Auf altertümlichen Instrumenten wie Dudelsack, Drehleier und Flöte spielten die Musiker Originalstücke aus dem Mittelalter und der Renaissance.

Wolfelin machte das Publikum auf einen weit verbreiteten Irrtum aufmerksam: Der Aussichtsturm gehörte nicht zur Burg Wunnenstein, sondern zur Michaelskapelle. Die wurde im 16. Jahrhundert durch ihre Wunderglocke Anna Susanna zu einer Wallfahrtskirche. 1556 ließ Herzog Christoph die älteste Kirche in der Umgebung wegen „abergläubischen Missbrauchs“ abbrechen. Ihr Glockenturm blieb zunächst für den angrenzenden Friedhof bestehen, verfiel aber langsam. 1888 wurde schließlich ein steinerner Aussichtsturm auf dem Fundament des ursprünglichen Kirchturms eingeweiht.

Der Sage nach bewahrte die Wunderglocke Anna Susanna die Bewohner der angrenzenden Dörfer vor schlechtem Wetter. „Versuchen Sie ruhig mal, die Nachfolgerin der berühmten Glocke zu läuten“, forderte Rudi Issler vom Albverein die Besucher gestern auf – angesichts der dunklen Wolken am Himmel und der vereinzelt fallenden Tropfen war das wohl keine schlechte Idee. Das Läuten ist aber gar nicht so einfach. Der 9-jährige Emil aus Winzerhausen kommt dafür immer mal wieder auf den Turm. Auch gestern nutzte er die Gelegenheit. „Das macht einfach Spaß“, schwärmte er, kam aber auch ganz schön ins Schwitzen. „Der Anfang ist am schwersten. Wenn die Glocke einmal in Schwung ist, muss man nur noch im Rhythmus bleiben“, erklärten Emil und seine Freunde Moritz und Carlos aus Hof und Lembach, während sie wie wild läuteten.

Am Nachmittag war der Wunnenstein sehr gut besucht, zwischenzeitlich wurde es auf der Aussichtsplattform sogar etwas eng. Von dem 22 Meter hohen Turm aus konnten die Besucher aber trotz des trüben Wetters die Aussicht genießen.