Geduldig erfüllt Krassimir Balakov Autogrammwünsche. Er sagt: „Ich bin ja auch kein Deutscher. Das Projekt ist mir wichtig.“ Foto: avanti

Ex-Bundesligaspieler Krassimir Balakov hat einen Integrationstag unterstützt – der Auftakt für ein langfristiges Projekt.

Großbottwar - Ob die Jungen und Mädchen realisiert haben, wer da in der Wunnensteinhalle in Großbottwar vor ihnen stand? Wer ihnen ein Autogramm auf einen Fußball kritzelte und zur Erinnerung Selfies mit ihnen schoss? Wenn, dann zumindest nur aus Erzählungen. „Ihr müsst den Namen später auf jeden Mal mal googlen“, gab Kerstin Deuring, Konrektorin der Wunnensteinschule, ihnen mit auf den Weg. Immerhin ist es 20 Jahre her, seit Krassimir Balakov als Teil des Magischen Dreiecks im Trikot des VfB Stuttgart die Fußball-Bundesliga verzückte. Die Kinder beim gestrigen Fußball-Integrationstag waren zwischen sechs und elf Jahre alt. Der Begeisterung über den prominenten Besuch tat das keinen Abbruch.

Das Gastspiel des 50-jährigen Bulgaren war jedoch nicht Hauptgrund für den gestrigen Aktionstag, es war eher das Tüpfelchen auf dem I. Thema war vielmehr die Integration. 30 Kinder von der Wunnensteinschule und der Matern-Feuerbacher-Realschule jagten bei einem zweieinhalbstündigen Training dem Ball hinterher. Unter ihnen viele Flüchtlingskinder aus Syrien und Afghanistan. Und auch einheimische Kinder teils aus sozial benachteiligten Familien. Das Ziel: Mithilfe des Fußballsports die Integration vorantreiben. Deutlich machen, dass der Sport Grenzen überwinden kann. Ein Vorhaben, das Krassimir Balakov gerne unterstützt. „Gerade in der jetzigen Zeit ist das verdammt wichtig. Sport und speziell Fußball verbinden, für die Spieler zählt nur der Moment. Sie vergessen, was sie erlebt haben und sind glücklich. Und glückliche Kinder sind doch das, was wir wollen“, sagt Balakov, der zurzeit Manager des 31-maligen bulgarischen Meisters ZSKA Sofia ist und immer wieder zwischen seiner Stuttgarter Wohnung und seiner Heimat pendelt.

Der Aktionstag ist der Auftakt für eine langfristig angedachte Fußball-AG in der Großbottwarer Schule. Diese nimmt der VfR Großbottwar in die Hand, speziell in Person von Jugendtrainer Jürgen Wüllenweber. Einmal wöchentlich werden die Kinder unter seiner Anleitung trainieren. „Integration läuft bei uns im Verein ganz automatisch, sie ist ja unsere gesellschaftspolitische Aufgabe. Allein seit August haben sich 18 bis 20 jugendliche Flüchtlinge angemeldet. Bei 450 Vereinsmitgliedern ist das schon ein Wort“, berichtet er.

Ins Leben gerufen hat das Projekt Jochen Bauer, der mit seiner Agentur und mithilfe von Sponsoren 500 Euro an den VfR spendete. Bauer etablierte die Schulkooperationen bereits in mehr als zehn Städten und Gemeinden in und um Stuttgart – nun ließ er Großbottwar folgen. „Es geht um nachhaltige Integration, also nicht um leistungsorientierten sondern echten Breitensport. Schön wäre es, wenn dadurch Freundschaften entstehen“, sagt der A-Lizenz-Trainer. Willkommen ist jeder, auch wer der deutschen Sprache noch nicht ganz mächtig ist. Beim Warmmachen kamen die Kinder gestern daher nicht nur ins Schwitzen, sondern lernten gleich auch Begriffe kennen, dazu die Aussprache beispielsweise von den Wörtern Knie und Ellenbogen.

Auch die Stadt Großbottwar unterstützt das Kooperationsprojekt von Verein und Schulen. Bürgermeister Ralf Zimmermann hofft entsprechend, dass die Schüler „dem Sport lange treu bleiben“. Gerade in Mannschaftssportarten funktioniere es schließlich nur gemeinsam, so der Rathauschef. Konrektorin Kerstin Deuring fügte an: „Beim Fußball versteht man sich auch ohne Sprache. Und genau das auch ist die Idee hinter diesem Projekt.“

Nicht fehlen durfte beim gestrigen Training ein abschließendes Neunmeterschießen. Die Kinder durften dabei die Schüsse von Jochen Bauer, Ralf Zimmermann, Kerstin Deuring, Jürgen Wüllenweber und dem ehemaligen Regionalligaspieler Eleftherios Avraam parieren, der gestern ebenfalls mit den Kindern trainierte. Auch Krassimir Balakov trat vom Punkt an. Den Kindern ließ der einstige Freistoßschütze natürlich eine Chance. Die Zielgenauigkeit mit seinem linken Fuß hat er aber offensichtlich nicht verloren.