Normalerweise trägt Melike Baki das Biegelkicker-Trikot, künftig aber auch Foto: Archiv (avanti)

Melike Baki von den Biegelkickern will künftig für die türkische Nationalmannschaft auflaufen.

Erdmannhausen - Dass Melike Baki zu den besten und auch zu den elegantesten Spielerinnen der Fußball-Landesliga gehört, kommt nicht von ungefähr. Schließlich hat die 23-Jährige in ihrer Jugend schon in der deutschen Nationalmannschaft gespielt. Im August 2008 durfte sie gegen Schottland erstmals für die U15 auflaufen, zu insgesamt fünf Einsätzen kam sie seinerzeit. Für die Vereinsmannschaft des VfL Sindelfingen spielte sie später in der 2. Bundesliga. Für die erste Liga oder gar die Frauen-Nationalmannschaft hat es nicht gereicht, „nicht zuletzt wegen Studium und Beruf“, erklärt sie.

Und doch ist das Thema Nationalmannschaft für die Ludwigsburgerin jetzt plötzlich wieder ein Thema. Denn im Mai erhielt Melike Baki, deren Familie aus der Türkei stammt, eine Einladung zu einem Lehrgang der türkischen Auswahl im Urlaubsort Antalya. „Wir waren zwar in einem tollen Fünf-Sterne-Hotel. Aber das war weitaus weniger Urlaub als wir es vielleicht gerne gehabt hätten. Denn wir haben ja dreimal am Tag trainiert“, berichtet sie. Höchstens nach dem Training durften die Spielerinnen vielleicht mal für zehn Minuten zum Abkühlen in den Pool. Denn in erster Linie war es ja ein Sichtungslehrgang für die EM-Qualifikation. „Ein Spiel haben wir auch bestritten. Allerdings kein offizielles Länderspiel, sondern einen Test gegen einen türkischen Erstligisten“, erklärt die 23-Jährige. „Dort spielen aber nur drei Türkinnen, der Rest ist aus Bulgarien, Albanien und allen möglichen anderen Ländern.“ Überhaupt funktioniere die türkische Liga ganz anders als der Vereinsfußball hierzulande. „Die Saison ist kürzer, die trainieren dort auch ganz anders.“

In den Fokus der türkischen Offiziellen war Baki bereits gerückt, als sie für die deutsche U15 spielte. „Die haben mich damals schon angefragt, aber ich war halt mittendrin in der DFB-Mannschaft. Deswegen habe ich abgelehnt, doch meinen Namen kannten sie schon noch.“ Dann fiel sie zuletzt bei einem Hallenturnier positiv auf und wurde erneut angesprochen. „Sie haben gesagt, dass ich spielerisch gut in den Kader passen würde“, sagt Melike Baki. Und das bestätigte sie offenbar beim Lehrgang. „Ich habe mich dort bewiesen und bin jetzt im Kader, muss allerdings noch warten bis die ganzen Passangelegenheiten abgewickelt sind. Da ich schon für eineDFB-Auswahl gespielt habe, dauert das etwas.“ Somit konnte sie die beiden letzten EM-Qualifikationsspiele gegen Russland und Ungarn Anfang Juni nicht bestreiten. „Im September ist wohl der nächste Lehrgang geplant. Ich hoffe, dass die Formalitäten bis dahin dann durch sind“, sagt Baki.

Immerhin holte das türkische Team auch ohne sie mit dem 2:1 gegen Ungarn den ersten und einzigen Sieg, wird die Qualifikationsgruppe 5 aber dennoch auf dem letzten Platz beenden. Auf die Frage, wie weit die Fußballerinnen der Türkei noch von einer EM-Endrunde entfernt sind, sagt Melike Baki lachend: „Weit! Die Mannschaft ist noch im Kommen. Die deutsche Nationalmannschaft zum Beispiel hat 20 Jahre mehr Frauenfußball-Erfahrung als die türkische.“ Bei diesem Aufbau ist Melike Baki übrigens nicht die einzige „Entwicklungshelferin“ aus Deutschland. Es gibt noch drei weitere Spielerinnen aus der Bundesliga und eine, die in Frankreich lebt. So kommt es also auch im Kreise der türkischen Nationalmannschaft vor, dass Baki ab und zu Deutsch mit einer Teamkollegin spricht. „Und ich habe auch gemerkt, dass ich gerne ins Deutsche verfalle, wenn ich mich ärgere, weil etwas nicht so klappt.“ Aber natürlich beherrschen alle Spielerinnen die „Amtssprache“ Türkisch.

Nachdem es bislang also nicht mehr gereicht hat mit dem ersten offiziellen Einsatz für die Türkei, will Melike Baki „nächste Saison richtig durchstarten“. Was dann auch auf Kosten der Spiele für den FC Biegelkicker Erdmannhausen gehen könnte. „Wir haben schon nachgefragt, es wäre kein Verlegungsgrund. Ich bin dann halt mal weg. Aber es ist ja nicht für längere Zeit, sondern immer nur für eine Woche oder höchstens zwei.“ Wobei ihr das in Erdmannhausen sicher niemand krumm nehmen wird. Denn schließlich hat nicht jeder Landesligist eine Nationalspielerin in seinen Reihen.