Wenn Katrin Köhler die Emaille auf ihren Schmuck aufträgt, ist ein ruhiges Händchen gefragt. Foto: geschichtenfotograf.de

Die Goldschmiedin Katrin Köhler hat sich auf Emailleschmuck spezialisiert. Ihre Werkstatt ist in den Marbacher Holdergassen.

Marbach - Hitze schlägt Katrin Köhler entgegen, als sie den winzigen Ofen öffnet, der auf ihrer Werkbank steht. „Die Emaille schmilzt bei etwa 800 Grad – das ist nahe am Schmelzpunkt des Silbers“, sagt sie. Jetzt sind Konzentration und jede Menge Erfahrung gefragt. Köhler muss den richtigen Moment abpassen, wenn das Gemisch aus verschiedenen Oxiden zu Glas geschmolzen ist, das Edelmetall darunter aber noch nicht weich geworden ist. Eine gute Minute später ist es so weit: Mit einer Art winzigem Pizzaschieber holt Köhler das Schmuckstück aus dem Ofen. Der Anfangs sandähnliche gelbe Belag auf dem silbernen Ohrring ist jetzt durchscheinend und flüssig.

Seit rund anderthalb Jahren hat Köhler ihre Werkstatt nebst Laden in der Oberen Holdergasse eingerichtet. In ihrem Schaufenster funkelt es gelb, grün, blau – „ich nenne meine Farben zum Beispiel Sonne, Farn oder Himmel“, erklärt die 44-Jährige. Ihre Inspiration holt sie sich aus der Tier- und Pflanzenwelt, auch für die Muster, die sie in Edelmetalle, vorzugsweise Silber, einarbeitet. Oder – ganz genau genommen – erst mal in Wachs: „Daraus fertige ich die Formen an. Aus denen lasse ich dann Rohlinge fertigen“, erklärt Köhler. Den Silberstücken rückt sie dann mit ihrem Werkzeug zu Leibe und bemalt sie schließlich mit der Emaille.

Jedem geläufig ist wohl die nostalgische Emaillierung auf Töpfen und anderer Haushaltsware. Emaille speichert Wärme lange, ist bei unbeschädigter Oberfläche auch sehr hygienisch. Doch mit der dicken Schutzschicht auf dem Geschirr hat Köhlers Schmuck freilich kaum etwas zu tun: Äußerst filigran lässt sie die silbernen Muster aus den transparent-farbigen Glasschichten hervorblitzen. „Ich kenne kein anderes Material, das so eine Tiefe und Leuchtkraft erreicht“, schwärmt sie. Schon vor langer Zeit beherrschten die alten Mykener die Emaillierung: 3500 Jahre alt sind die frühesten Funde derartig verzierter Grabbeigaben, die auf Zypern gefunden wurden. Auch die alten Kelten verzierten mit dem Glasfluss Schmuck und Gebrauchsgegenstände.

Um die zerbrechlichen Ohrringe und Halsketten herzustellen, benutzt Katrin Köhler feines Werkzeug, aber auch richtig schweres Gerät. „Das ist eine Ziehbank“, erklärt Katrin Köhler und deutet auf einen Apparat, der aussieht wie ein Folterinstrument. Damit kann sie aus einem Stück Edelmetall im Kaltverfahren einen Draht entstehen lassen.

Kurze Zeit später ist die gelbe Emaille auf dem Ohrring abgekühlt und ausgehärtet. Jetzt kann das Spiel von neuem beginnen, denn die Emaillierung wird in mehreren Schichten aufgetragen und zum Schluss geschliffen, um die silbernen Details wieder herauszubringen. Rund vier Stunden dauert es insgesamt, dann ist ein neues Schmuckstück fertig und glänzt in Farben, die aus dem Feuer kommen.