Der Erdmannhäuser Heinz Huber sammelt seit 60 Jahren. Foto: geschichtenfotograf

Die E-Mail und Nachrichtendienste machen den Briefmarkensammlern das Leben schwer. Die Faszination an den kleinen Märkchen ist aber ungebrochen.

Erdmannhausen/Freiberg - Seht ihr da auch einen Doppeldruck?“, fragt Peter Klasen beim Blick durch die Lupe. Sofort wollen seine Sammlerkollegen auch gucken. Eine Briefmarke und ein Vergrößerungsglas machen die Runde. „Gib‘ das mal dem Hans-Peter, der sieht noch besser“, sagt einer der Herren. Tatsächlich: Über manchen Buchstaben auf einer Olympia-Sondermarke von 1992 sind doppelte Kanten zu sehen. Otto Normalverbraucher wäre das wohl nie aufgefallen, für die Enthusiasten des Freiberger Briefmarken- und Münzsammlervereins sind die Tintenspuren über dem Wort „Rudern“ ein Glücksfall.

Jede Woche treffen sich die Sammler, immer im Wechsel im Vereinsheim Freiberg und – wegen der Ortsgruppe Marbach/Erdmannhausen – im Erdmannhäuser Schützenhaus. Dort ist auch Heinz Huber immer dabei. Erst gestern war der Erdmannhäuser wieder auf einer Tauschbörse und hat Beute gemacht. Stolz holt er einen alten Brief hervor: „Ein Ersttagsumschlag aus Monaco. Dafür habe ich 80 Cent bezahlt – der hat einen Katalogwert von80 Euro.“ Mal abgesehen davon, dass kaum jemand diesen Preis tatsächlich bezahlen würde: Verkaufen will Huber seine Schätze nicht.

Schon gar nicht, wenn es um ein Stück aus dem Fürstentum geht. Denn Marken aus dem Zwergstaat sind ein Schwerpunkt von Hubers Sammelleidenschaft. Bei der Flut an Briefmarken, die weltweit ausgegeben wird, muss sich ein Sammler fast zwangsläufig auf bestimmte Bereiche konzentrieren. Manche sammeln bestimmte Motive, etwa Tiere, Autos oder gar Aktgemälde, in Marbach ist der Dichter Friedrich Schiller sehr beliebt. Andere Sammler konzentrieren sich auf bestimmte Zeiträume, zum Beispiel die Nachkriegszeit, andere sammeln nur sogenannte „Ganzstücke“, also komplette Briefe.

Jedes der Sammlerstücke ist ein Stück Postgeschichte. Einer der Freiberger Sammler etwa zeigt seine Briefe vor. Einer seiner Umschläge trägt den Vermerk „zensiert“ – zu Kriegszeiten kam mancher Brief nicht ungeöffnet beim Empfänger an. Andere Briefe mit ihren Marken, Stempeln und Aufdrucken erzählen beispielsweise von der Eröffnung von Luftpostrouten oder dem Start einer neuen Briefmarkenserie.

Zu den Sammlertreffen kommen vor allem ältere Männer. „Mit meinen 67  Jahren gehöre ich in unserer Gruppe noch zu den jüngeren“, sagt Heinz Huber. Für seine Generation hat das Markensammeln früher einfach dazu gehört. Er selbst hat mit sechs Jahren angefangen zu sammeln. „Jeder Junge hatte damals ein Album, viele Mädchen auch“, erinnert er sich. „Auf dem Schulhof haben dann alle Marken getauscht.“ Bei manchen wurde aus dem „Briefmarkensammlung-Zeigen“ auch mehr: „Das Hobby hat einige Ehen gestiftet“, ist sich Huber sicher. Doch er glaubt auch: „Es stirbt mit der Zeit aus.“

Denn wer heutzutage jung ist, hat oft andere Leidenschaften. Sammeln kann man schließlich auch Pokemon-Karten, und das Kennenlernen geht auch über das Internet. Hinzu kommt, dass die Zahl der Briefe abnimmt: In Deutschland sind es in jedem Jahr ein bis drei Prozent weniger. Und E-Mails, SMS und What’s-App-Nachrichten kommen ohne die hübschen bunten Aufkleber aus.

Dem Enthusiasmus von Heinz Huber und den anderen Sammlern tut das keinen Abbruch. In seinen Schränken steht Album an Album – „ich habe bestimmt 100 Alben“, schätzt er. Einzelne Briefmarken zählt er schon nicht mehr. Trotzdem ist er sicher, dass noch einige Marken dazukommen werden.