Foto: Archiv (avanti)

Drei Jahre besteht die Jugendspielgemeinschaft der Handballer. Ein kompletter Zusammenschluss scheint möglich.

Bottwartal - Seit Januar 2014 gibt es die Handballregion Bottwar JSG, kurz HABO, also die Jugendspielgemeinschaft von SKV Oberstenfeld, TV Großbottwar, GSV Kleinbottwar und TSG Steinheim. Alexander Schmid, erster Vorsitzender der HABO, äußert sich im Interview zur Bilanz nach dreieinhalb Jahren sowie den Zukunftsperspektiven und -visionen.

Im Januar 2014 wurde die HABO gegründet, bald geht man in die vierte Saison. Wie fällt die Bilanz nach dieser Zeit aus?
Sehr positiv. Wir hatten ja zu Beginn 28 Mannschaften und dachten, dass es da etwas Schwund geben würde. Denn bei der Gründung einer Spielgemeinschaft verliert man normalerweise immer Spieler. Aber wir haben immer noch 28 Mannschaften. Von daher ist quantitativ überhaupt nichts passiert. Wir hatten eher noch Zuwachs von außerhalb, weil viele gemerkt haben, dass wir hier gute Trainer stellen und auf Verbandsebene spielen können, gerade im männlichen Bereich haben wir uns sehr gut weiter entwickelt.
Das war jetzt die quantitative Bilanz. Wie sieht es auf der sportlichen Seite aus? Es gab ja mal die Zielsetzung, in allen Altersklassen auf HVW-Ebene zu spielen.
Im männlichen Bereich haben wir das vergangenes Jahr bereits geschafft. In diesem Jahr gehen wir davon aus, dass es wieder klappt, da hat sich jetzt sogar die B2 auch noch für die Württembergliga qualifiziert. Da werden wir also zwei Mannschaften auf Verbandsebene haben, die männliche B1-Jugend spielt als Vize der württembergischen Meisterschaft 2017 noch um den Einzug in die Baden-Württemberg-Oberliga, der höchsten Liga in diesem Altersbereich.
Wie sieht es im weiblichen Bereich aus?
Dort ist es ein bisschen schwieriger verlaufen. Da ist die Quantität von vorneherein nie so richtig da gewesen, denn im Gegensatz zum männlichen Bereich konnten wir hier oft nur ein oder maximal zwei Mannschaften pro Altersstufe ab C-Jugend melden. Und wenn es dann mal nicht für die Verbandsebene reicht, dann gehen auch schnell mal Spielerinnen weg, zum Beispiel Richtung Bietigheim. Da zieht die SG BBM mit einer Frauen-Bundesligamannschaft, die ja jetzt auch Deutscher Meister geworden ist, doch ziemlich stark. Da haben wir schon dran zu knabbern. In der C-Jugend sind wir noch im grünen Bereich, da kämpfen die Mädels derzeit noch um die Verbandsebene, aber in der B- und A-Jugend hat man Spielerinnen ziehen lassen müssen, damit sie dort in höheren Ligen mehr Erfahrung sammeln können.
Es gab bei Gründung der HABO ja einige Eltern, die wegen der nun längeren Fahrtwege zum Training Bedenken hatten. Hat sich das entspannt?
Ja, absolut. Natürlich sind jetzt Wege da, die man vorher nicht hatte. Aber das hat man ja in anderen Bereichen wie der Schule häufig auch. Es hat sich jetzt so eingespielt, dass viele Eltern Fahrgemeinschaften bilden. Das war auch unser Ziel und das funktioniert auch zu großen Teilen reibungslos.
Es gab ja auch die Absichtserklärung der Stammvereine, dass man sich Spieler, die aus der Jugend und den Aktivenbereich kommen, nicht gegenseitig abwerben will. Wie ist die Erfahrung in diesem Punkt?
Auch hier haben die an uns selbst gestellten Richtlinien und Ziele gehalten und auch die Stammvereine sind bislang den Regeln gefolgt. Wenn es dann mal darum geht, dass ein Spieler aus persönlichen Gründen wechseln möchte, dann gibt es ein Gespräch mit den Trainern und der Vorstandschaft, in dem man alle Möglichkeiten im Stammverein aufzeigt. Und wenn der Spieler dann immer noch wechseln möchte, kann man ihn nicht aufhalten. Aber es gab jetzt noch keine größeren Diskussionen oder gar böses Blut, weil ein Spieler von einem Stammverein zum anderen gewechselt ist. Und das waren auch nur eine Hand voll Fälle in den dreieinhalb Jahren.
Du persönlich bist seit der Gründung erster Vorsitzender der HABO, arbeitest aber seit Januar in München. Wird sich da in Zukunft der Lebensmittelpunkt verlagern? Und wie geht es dann mit dem HABO-Vorsitz weiter?
Die Planung ist so, dass ich fest nach München gehe. Ich bin zwar noch in der Probezeit, aber mir gefällt es sehr gut, und der Job passt. Das ist zu 100 Prozent das, was ich haben wollte. Aber das ändert nichts daran, dass ich weiterhin die HABO unterstützen werde. Ich habe eine Top-Vorstandschaft mit Jürgen Buck, Andreas Schädlich, Bruno Schillinger und den anderen Kollegen, die seit der Gründung noch dazugekommen sind. Wir werden die Vorstandschaft in diesem Jahr auch noch erweitern mit dem Camp-Verantwortlichen Andreas Schäfer. Wir haben jetzt eine gute Absprache getroffen, dass ich trotz Wohnsitz in München im Hintergrund alles weiterhin administrativ begleite.
Das heißt?
Das operative Geschäft, also in den Hallen zu sein, bei den Mannschaften, das machen die Jugendleiter. Da muss ich nicht immer da sein. Zunächst hatte ich eigentlich den Standpunkt den Vorsitz weiterzureichen, da ich der Ansicht war, meinem eigenen Anspruch an die Ausführung dieses Amtes nicht mehr gerecht werden zu können. Wenn ich etwas mache, dann richtig und nicht nur halblebig. Aber die restliche Vorstandschaft hat mir hierbei den Rücken gestärkt und auch zugesichert, dass sie mich weiter als ersten Vorsitzenden dabei haben möchten und mich in allen Belangen, die ich von München aus nicht ausreichend begleiten kann, unterstützen. Die Meetings werden wir dann künftig in Skype-Meetings verwandeln. Aber das ist ja in der heutigen Welt nicht ungewöhnlich.
Aber die Bande nach Oberstenfeld und ins Bottwartal sind noch so stark, dass Du häufig an den Wochenenden in der Heimat sein wirst und Dir jetzt nicht einen Verein in München suchst?
Also ich werde definitiv an den Wochenenden häufig hier sein. Aber einen Verein in München habe ich mir trotzdem gesucht. Man darf ja in zwei Vereinen spielen, wenn die mehr als 100 Kilometer auseinander liegen. Dank dieser Regel kann ich weiter Handball spielen, egal wo ich gerade bin.
Die Zukunft der HABO-Leitung ist also geregelt. Wie schaut es aus mit der Perspektive, die Jugendspielgemeinschaft auch auf den Aktivenbereich auszudehnen?
Wir hatten uns zu Beginn auf die Fahnen geschrieben, dass wir nach dem ersten Jahr HABO anfangen, diesbezüglich Gespräche mit den Stammvereinen zu führen. Das haben wir auch getan, die sind aber noch nicht abgeschlossen. Aber ich denke, das Bestreben ist in allen Vereinen da. Doch wenn wir jetzt beschließen, dass wir dieses große Ziel verfolgen wollen, dann haben wir locker eine Vorlaufzeit von eineinhalb bis zwei Jahren, bis man das alles „zusammengerüttelt“ hat. Denn es gibt zum Teil sehr unterschiedliche Strukturen in den Vereinen.
Um welche Inhalte geht es da?
Da muss man viele Absprachen treffen: Wer spielt wo? Wie müssen möglicherweise Strukturen der Vereine/Fördervereine angepasst werden? Wie kann eine gemeinschaftliche Marketing-Strategie aussehen? Welche finanziellen Voraussetzungen müssen geschaffen werden, um die sportlichen Ziele zu erreichen? Wie stellt man die Mannschaften auf und welche Ligen möchte man erreichen? Wie ist man hinsichtlich Bewirtung in den Spielstätten aufgestellt? Da gibt es viele offene Fragestellungen, die man nicht in einem halben Jahr geklärt bekommt. Da muss man ein eigenes Projektteam aufstellen, das sich mit den einzelnen Themenbereichen intensiv beschäftigt und die offenen Fragen bearbeitet. Das ist nicht so einfach, wenn man drei so große Vereine zusammenführen möchte, da wird es wie in der Politik viele Kompromisse geben müssen. Das macht man nicht im Handumdrehen, aber die Bestrebungen, ein gemeinschaftliches Konzept aufzustellen, sind bei allen vorhanden. Es kann auch sein, dass man zu dem Ergebnis kommt, dass es keinen Sinn macht. Aber auch dann hat man die Unterlagen als Entscheidungsgrundlage einmal dokumentiert und kann jederzeit erneut prüfen, ob sich die Rahmenbedingungen oder Anforderungen verändert haben.
Als Außenstehender stellt man sich das ja recht einfach vor: Bei den Männern hätte man derzeit je eine Württemberg- und Landesligamannschaft und sogar zwei Bezirksligamannschaften. Da müsste man eine von aufgeben, aber die haben ja in der vergangenen Saison beide gegen den Abstieg gespielt. Das wäre also eventuell gar nicht so schlimm. Und für Jugendliche, die in den Aktivenbereich wechseln, hätte man quasi in jeder Spielstärke die passende Mannschaft. Bei den Frauen sieht es ein wenig anders aus, aber es würde sicher vieles leichter machen. Da fragt man sich, ob man dieses Projektteam, das sich mit der Ausdehnung derHABO beschäftigt, nicht schon vor ein oder zwei Jahren hätte aufstellen können.
Das denke ich nicht. Wir haben nach dem ersten Jahr bereits einen Workshop abgehalten und besprochen, was die Chancen und Risiken wären und welche Möglichkeiten es gibt. Wir hatten auch überlegt, ob wir vielleicht nur zwei Mannschaften ausgliedern und die restlichen Teams in den Stammvereinen belassen. Das Thema ist aber wieder vom Tisch. Das geht spielrechtlich leider nicht beziehungsweise nur mit weitergehenden Auswirkungen.
Sportlich gesehen spricht ja sehr viel – wenn nicht alles – für eine Fusion. Gibt es denn Argumente dagegen?
Dagegen spricht eigentlich nichts. Man muss unheimlich viel konsolidieren an Strukturen, die schon sehr lang gewachsen sind. Wenn man davon sprechen könnte, dass man etwas verliert, dann wäre das die Tradition als Verein. Man gibt also etwas von der Identität der Vereine her, das ist vor allem auch die Sorge der Hauptvereine. So könnte man befürchten, dass man durch die fehlende Verbindung mit dem Hauptverein zum Beispiel weniger Helfer für seine Feste hat. Aber ich kann halt auf der anderen Seite sehr viel gewinnen, wenn wir die Kräfte bündeln.
Wagst Du eine Prognose, zu welcher Spielzeit die HABO auf den Aktivenbereich ausgedehnt wird?
Das ist schwierig. Wir haben zu Beginn gesagt, dass wir wenn die D-Jugendlichen von 2014 in den Aktivenbereich wechseln, also spätestens nach sieben Jahren, so weit sein müssen. Diese Jugendlichen sind dann bereits mit der HABO groß geworden und können nur sehr schwer nachvollziehen, warum der Freund in einem anderen Stammverein spielen soll als man selber. Jetzt haben wir drei Jahre rum, wären da also nach Adam Riese noch vier Jahre. Wir haben uns vorgenommen, dass das Projekt nach Start der Konzeptionsphase innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden kann. Somit sind vier Jahre noch realistisch, ich wäre aber froh, wenn es schneller gehen würde.