Frank Wewoda Foto: MZ

Das Handy von unserem Redakteur Frank Wewoda ist im Neckar untergegangen.

Marbach - Die Geschichte klingt lustig, für viele Menschen ist die Vorstellung aber ziemlich schlimm: Ostermontag genoss ich die Aussicht am Altneckar. Plötzlich schwamm ein Tierchen mit Pelz heran, wohl eine Biberratte. Ich zückte bei diesem putzigen Anblick euphorisch mein Handy, und schon war es passiert: Der Bildschirm glitt mir durch die Finger, beschleunigte im freien Fall und schlug zuerst an der Böschung des Flussufers auf, hob ab zu einem letzten Salto mortale – um zu meinem Schrecken in den Fluten zu versinken!

Nix war’s mit den Osterbildchen und vielen Likes bei Facebook. Dafür war nun um so mehr Zeit, darüber nachzudenken, ob das nun ein Zeichen ist, digitalen Ballast abzuwerfen, etwa ein nachösterliches Facebook-Fasten einzulegen. Auf dem sozialen Netzwerk geht es auch bei mir um Persönliches und allzu Menschliches: Schnappschüsse vom Torturm in der Morgensonne, Squash-Bilder, Urlaubsselfies oder eben überraschend auftauchende Biber. Die Datensammlung inklusive E-Mail, Alter, Beruf, höchstem Bildungsabschluss und Hobbys lässt Rückschlüsse zu, etwa auf Parteivorlieben oder Kaufverhalten – worauf die Begeisterung für Biberratten hindeutet, will ich mir gar nicht ausmalen.

Die so identifizierten möglichen Neukunden oder Neuwähler werden gezielt mit passenden Botschaften oder Angeboten bespielt – Targeting. Das macht Facebook zu einem solchen Datenschatz, den nicht nur Freunde und Zuckerbergs Firma selbst gehoben haben, wie wir nun wissen, sondern ohne Wissen der User auch eine Firma, die in Trumps Wahlkampf mitmischte und bei der Pro-Brexit-Kampagne. Die Datennutzung ohne Einwilligung oder auch nur die geringste Ahnung der User ist hierbei das Verwerfliche. Die reflexhafte Empörung über die „Datenkraken“ Facebook oder Google (oder sogar in manchen Fälle schon die Deutsche Post) kommt mir allerdings oft heuchlerisch vor, wenn ich mir so anschaue, wie ernst es die Beschwerdeführer dann selbst mit dem Schutz der eigenen Daten oder denen ihrer Kunden nehmen. Es ist oftmals eine Mischung aus heilloser digitaler Informationsüberflutung und dem Drang und Zwang, mit unserer eigenen Firma oder als Berufstätiger den Anschluss in der digitalen Welt nicht zu verlieren, der uns bereitwillig und ohne zu lesen Häkchen hinter Erklärungen zur Datennutzung setzen lässt.

Die Gretchenfrage lautet also: Wären wir bereit, für Facebook wie andere soziale Netzwerke, aber auch Nachrichtenseiten zu bezahlen, wenn unsere Daten dann nicht für Werbung und „Targeting“ benutzt werden dürften? Das Problem steckt in der Antwort, die wir uns selbst darauf geben. So sind wir bei Facebook eben keine Kunden, sondern werden selbst zur Ware. Umsonst gibt es den Service eben nicht.

Das Handy habe ich übrigens dann im seichten Bereich am Grund entdeckt und herausgefischt. Doch meine Daten schlummern ja sicher, nicht etwa in einem Fluss oder Pool, sondern in der Cloud, auf einem Server in Kalifornien.