Karin Götz kauft gern vor Ort ein – aber auch manchmal online. Foto: MZ

Einzelhändler haben es in Zeiten des boomenden Online-Handels schwer. Aber sie können punkten.

Marbach/Bottwartal - Hand aufs Herz. Sind Sie Couch-Einkäufer? Zählen Sie also zu jener Spezies, die mit dem Smartphone in der Hand, oder dem Laptop auf den Knien – bevorzugt am Sonntag oder zu später Stunde – mit ein paar Mausklicks Waren in den elektronischen Einkaufswagen schiebt? In der Überzeugung, Zeit und Nerven gespart zu haben. Oder bevorzugen Sie noch das klassische Einkaufserlebnis? So ganz altmodisch in einem Geschäft mit echten Menschen hinter der Verkaufstheke, die mal gut und mal weniger gut drauf sind und Waren, die den Greiftest bestehen können beziehungsweise müssen.

Es wäre gelogen zu behaupten, dass mir der Online-Einkauf völlig fremd ist. Auch ich mache es mir ab und an gerne bequem zum Geld ausgeben und genieße das Surfen in virtuellen Warenhäusern. Vergleiche Preise und suche nach Geschenkideen. Allerdings, der Hinweis ist mir wichtig, vor allem bei Artikeln, die ich in meinem näheren Umkreis – und das sind für mich maximal 20 Kilometer – nicht bekomme. Klamotten, Bücher, Schuhe – warum sollte ich irgendeinen Giganten unterstützen, wenn ich alles, was ich brauche, in Geschäften meines Vertrauens nur ein paar Kilometer von meiner Haustüre entfernt finde? Zumal ich die Vertrautheit im örtlichen Handel schätze und mich in größeren Einkaufscentern schwer tue. Zu viel Hektik, zu viel Sinneseindrücke, zu viel Wirrwarr.

Doch es ist nicht wegzudiskutieren. Immer weniger Menschen kaufen real ein. Immer mehr Menschen tauchen lieber auch beim Shoppen in eine virtuelle Welt ein. Der Online-Handel boomt, kleine und mittelständische Unternehmen tun sich zunehmend schwer. Das zeigt der Leerstand in vielen Kommunen, der seinerseits alles andere als umsatzsteigernd wirkt. Bis zum Jahr 2020 wird der Online-Umsatzanteil am Einzelhandel bei etwa 22 Prozent liegen, prognostiziert das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) in einer Studie. Zum Vergleich: Vor vier Jahren lag der Anteil bei zehn Prozent.

Das stellt die Einzelhändler vor große Herausforderungen. Aber: Klagen und Jammern hilft nicht. Es gilt, die Stärken, die zweifelsohne da sind, zu sichten, sich bewusst zu machen und zu stärken. Kompetente Beratung, Beziehung und Bindung zum Kunden, zwischenmenschliche Kompetenzen und soziale Fähigkeiten des Verkäufers aus Fleisch und Blut sind ein Teil des Mehrwerts, mit dem der stationäre Handel punkten kann. Denn auch wenn ich ein Fan des Einkaufs vor Ort bin: Werde ich in einem Geschäft zweimal unfreundlich bedient, sieht mich der Inhaber nicht wieder. Egal wie interessant oder günstig sein Angebot sein sollte. Spüre ich beim Gegenüber keine Leidenschaft, kein Herzblut und keine Freude beim Beraten und Verkaufen lasse ich mein Geld woanders liegen.

Natürlich schaut jeder Unternehmer zuerst einmal auf sein eigenes Geschäft. Das liegt in der Natur der Sache und ist sicher auch richtig. Aber der Fokus auf sich selbst greift zu kurz. Denn ich bin davon überzeugt, dass lokale Einzelhändler den Weg – gerade auch in eine digitale Zukunft – nur miteinander schaffen können. Auch wenn’s vielleicht dem ein oder anderen schwerfällt: Herzblut, Leidenschaft und Engagement sind wichtiger denn je.