Beim Ringen muss jeder Handgriff sitzen. Foto: Werner Kuhnle

Die Ringer des RSV Benningen stehen viermal pro Woche auf der Matte. Körperbeherrschung als A und O. Außerdem muss jeder Handgriff sitzen.

Benningen - Benningen - Noch eine Minute! Ihr müsst arbeiten, arbeiten, arbeiten!“, ruft Jens Barth durch die Halle. Sein Blick ist streng, wandert hin und her zwischen den Ringern auf der Matte und der Stoppuhr in seiner Hand. Zweimal drei Minuten haben die Schützlinge des Trainers Zeit, sich mit ihrem Gegenüber zu messen, alles aus sich herauszuholen. Unterbrochen von gerade mal 30 Sekunden Pause. Mit blitzschnellen Bewegungen, die den Gegner bestenfalls überraschen, versuchen die Ringer, ihren Kontrahenten aufs Kreuz zu legen. Ist das Duell entschieden, beginnt es wieder von vorne – bis Trainer Jens Barth die Übung mit einem lauten Pfiff beendet, und seinen strengen Blick ablegt.

Diese Kampfsimulation ist sowohl Höhepunkt als auch Abschluss des Trainings beim RSV Benningen. Sie bereitet die durchtrainierten Männer und Frauen im Alter zwischen 14 und 51 Jahren auf den nächsten Kampf vor. Und bringt die Sportler nahe an ihre Grenzen: Sichtlich ausgepowert laufen sie sich danach aus. So manchem wird es selbst im Shirt zu warm.

Zu diesem Zeitpunkt haben die Ringer bereits mehr als eine Stunde Training in den Knochen. Zunächst wärmen sie sich beispielsweise mit Fußball auf. Danach geht es auf der Matte in gelockerter Form darum, an den eigenen Schwächen zu arbeiten, Griffe zu verbessern, die Bodenabwehr zu üben, als Obermann zu arbeiten, sich Tipps vom Trainer einzuholen.

Dreimal die Woche geht das in der Sporthalle in der Au so, wenn die Verbandsliga- und Bezirksklasse-Ringer des Benninger Vereins gemeinsam trainieren. Auch die Ringerinnen sind dabei: Sie nehmen vor allem an Einzelmeisterschaften teil, stellen jedoch keine Trainingsgruppe. An den beiden verbleibenden Abenden unter der Woche geht es für die Sportler in den Kraftraum, am Wochenende steht dann der Wettkampf an. Bemerkenswert: Eine Erholungsphase haben die Ringer das ganze Jahr über nicht. Nur zwischen Weihnachten und Neujahr können sie abschalten.

Zurück auf die beiden Matten, auf denen ein Ringer nach dem anderen zu Boden geschleudert wird: Die Paare, die gegeneinander antreten, bestimmt Trainer Jens Barth nach Gewicht und Leistungsstärke. Dann geht es zur Sache. „Natürlich trägt man auch mal einen blauen Fleck davon“, sagt Pascal Oschetzki schmunzelnd. Die Unterlippe des RSV-Vorsitzenden, der auch selbst aktiver Ringer ist, blutet nach der Kampfsimulation ein wenig. Ein Teamkollege hat gar ein sogenanntes Ringerohr. Ein Ohr, in dem sich Blut angesammelt hat und das er mit einer Art Turban verbunden hat. Nur: Interessieren tut das hier niemanden. Kein Wunder, gibt es doch keinen Sport mit intensiverem Körperkontakt.

Und doch geht es beim Ringen sehr fair zu. Es ist klar geregelt, was erlaubt ist, und was nicht. Vor und nach jedem Kampf geben sich die Kontrahenten die Hand, auch im Training klatschen sie sich vor dem Duell ab. „In zwölf Jahren als Aktiver habe ich es nur ein einziges Mal erlebt, dass ein Ringer den Handschlag verweigert hat. Der ist gleich mit Rot von der Matte geflogen“, sagt Pascal Oschetzki.

Ringer mögen sich zwar duellieren – abseits der Matte halten aber alle, die diesem Sport verbunden sind, wie eine Familie zusammen. „Ich kenne wirklich keinen Ringer, der unfreundlich ist“, so Oschetzki. Der Zusammenhalt sei vereinsübergreifend spürbar, meint der Vorsitzende. Das zeigt sich bereits im Training, an dem auch Gastringer teilnehmen. Die kämpfen zwar für andere Klubs, trainieren aber aus zeitlichen und geografischen Gründen beim RSV. Auch drei Asylbewerber aus Gambia standen vor wenigen Jahren beim RSV auf der Matte, wurden später allerdings in eine andere Flüchtlingsunterkunft verlegt.

Mit einer Besprechung, in der Trainer Jens Barth auf den zurückliegenden und den bevorstehenden Wettkampf eingeht, endet das Training nach 90 Minuten. Genauso schnell, wie die Matten aufgebaut waren, sind sie wieder im Geräteraum verstaut. Doch nicht jeder verschwindet gleich in die Kabine, muss ein Ringer doch auch sein Körpergewicht immer im Blick haben. „Wir wiegen uns bei fast jedem Training“, sagt Pascal Oschetzki.

Mit einem Bier klingt der Abend in gemeinsamer Runde aus. „Wir sitzen eigentlich jedes Mal zusammen. Auch an Silvester oder am 1. Mai unternehmen wir etwas gemeinsam, und wir haben am Elfmeterturnier der TSV-Fußballer teilgenommen“, berichtet der Vorsitzende. Gesprächsthema dieses Mal ist natürlich das bevorstehende Derby am morgigen Samstag um 19.15 Uhr gegen den KSV Neckarweihingen, das bei gutem Wetter unter freiem Himmel auf dem Firmengelände des Sponsors Aspen an der Beihinger Straße ausgetragen wird. Dann wollen sich die RSV-Ringer für ihren Trainingsfleiß belohnen.