Bisan Hussain (rechts) bedankt sich für das Willkommen in Beilstein. Foto: Frank Wittmer

Im Herzog-Christoph-Gymnasium diskutieren Politiker mit Schülern der Klassenstufe 10 über die Flüchtlingsfrage und die Grenzen der Machbarkeit. Bürgermeister Patrick Holl betonte dabei, wie wichtig eine gelungene Integration für das Miteinander sei.

Beilstein - Ist die Grenze des Machbaren erreicht?“ Diese Frage stellten die Klassenstufe 10 und die Leistungskurse Gemeinschaftskunde gestern bei einer Diskussion mit Politikern. Auf dem Podium saß mit Bisan Hussain auch eine Flüchtlingsfrau aus Syrien, die gerne mehr zur Situation in ihrem Land gesagt hätte. „Es ist schade, ich hatte mich vorbereitet“, sagte die Juristin nach rund eineinhalb Stunden, in denen sie wenig Redeanteil hatte. Auch etliche Fragen der Schüler blieben aufgrund der knappen Zeit unbeantwortet. Eine Schülerin hätte gern mehr über die Gründe der Flucht erfahren. „Es geht nur, wenn Assad weg ist“, sagte Bisan Hussain. Die 28-Jährige würde gern nach Damaskus zurückkehren. „Aber es gibt gute Gründe, warum wir von dort weg sind.“ Sahin Bouzeghaia, der die Flüchtlinge in Beilstein betreut, wurde deutlicher: „Es gab den Widerstand gegen Assad, der wurde aber brutal gebrochen. Da haben wir gesagt, wir können hier nicht bleiben.“

60 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht, so viele wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Fast zwölf Millionen aus Syrien. Die Zahlen haben „Politikminister“ Julian Nikisch und „Presseministerin“ Nele Pohling vorbereitet. Auch dass 40 Prozent der Asylanträge in Deutschland abgelehnt werden, aber nur zehn Prozent der abgelehnten Asylbewerber abgeschoben werden, erfuhren die gut 100 Zuhörer. Das Problem sei nicht plötzlich aufgetaucht, betonte Heribert Blättgen, Oberbürgermeister von Bad Rappenau und SPD-Landtagsabgeordneter. „Wir haben uns jahrelang in der komfortablen Hängematte aufgehalten und Ländern wie der Türkei zugeschaut, die schon vor längerer Zeit zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat. Jetzt ist das Problem bei uns angekommen.“

Hilfe für die betroffenen Länder und Lösungen auf Ebene von EU und UN seien der richtige Weg. Für Bürgermeister Patrick Holl sollte die Unterbringung in dezentralen Unterkünften weiter verfolgt werden. „So lernen sich die Menschen kennen.“ Holl hofft, dass bis in zehn Jahren die neu Angekommenen mit den Einheimischen zusammengewachsen sind. „Es gibt diese diffusen Ängste, die man aber meist ausräumen kann. Niemand muss durch das soziale Netz fallen, weil jetzt mehr Flüchtlinge bei uns sind“, so Holl.

Es sei auch nicht richtig, dass Ladendiebstähle vermehrt von Asylbewerbern begangen werden, stellt der Sprecher des Freundeskreises Asyl, Joseph Schweinbenz, klar. „Als Kriminaltechniker weiß ich, wo ich das in Erfahrung bringen kann. Ich kann nur sagen, die Gerüchte, die immer wieder durch den Ort gehen, stimmen nicht.“ Trotz dieser unschönen Begebenheiten spüre er aber nicht, dass die Stimmung am Kippen sei, wie das diffuse Bild in der Öffentlichkeit manche glauben lasse. „Ich freue mich, hier so viele junge interessierte Menschen zu sehen und lade euch zu unserem Freitagstreff im Keltercafé ein.“

Georg Heitlinger (FDP), Jürgen Winkler (Grüne) und Markus Beil (CDU) wichen nicht wesentlich voneinander ab. Das Grundrecht auf Asyl dürfe nicht ausgehöhlt werden, aber man müsse die Verteilung der Flüchtlinge verbessern und die Verfahren beschleunigen. Die Kommunen müssten unterstützt werden, um die Unterbringung zu verbessern. Die Integration vor Ort mit Sprachkursen, Arbeitsmöglichkeiten und Kontakten zu den „Einheimischen“ sei nur mit Unterstützung der Ehrenamtlichen zu schaffen, betonte Holl.

Und dieses Willkommen sei in Beilstein sehr gelungen, freute sich Bisan Hussain. „Wir haben viel Hilfe bekommen. Wir sind mit offenen Armen aufgenommen worden. Dafür sage ich Danke!“