Gewandete und gewöhnliches „Fußvolk“ bahnen sich ihren Weg durch die Stadt. Foto: Michael Raubold

Zwei Tage lang hat eine große Zeitmaschine die Stadt Marbach ins 18. Jahrhundert zurückversetzt. Unzählig viele Besucher sind mitgereist.

Marbach - Ein buntes Völkchen zieht die Marktstraße entlang. Adelige mit weißen Perücken auf dem Kopf und in wertvollen Brokat gehüllt, Bürgersleute mit elegantem Gehrock, Krämerfrauen mit Körben auf dem Rücken, Soldaten mit blitzenden Waffen, Gaukler. Die Gewandeten, die mit einem gemeinsamen Zug das 18.-Jahrhundert-Fest eröffnen, bieten ein prächtiges Bild. Auch Kinder tragen schon mit offenkundigem Vergnügen historisch anmutende Kostüme. Wohl die kleinste darunter ist die knapp einjährige Lavinia, die gerade mal laufen kann und manchmal auch in einen weich gepolsterten Bollerwagen umsteigt. Wenig später begrüßt Stadtvogt Jan Trost, angekündigt von den Bläsern der Musikschule, von der hohen Stadtmauer aus die ehrbaren Bürger Marbachs und teilt dabei ein paar Seitenhiebe in Richtung Ludwigsburg aus, das gerade neu gebaut wird. „Gehabt Euch wohl und feiert schön“, verabschiedet das prächtig gewandete Stadtoberhaupt seine Bürger in die Festivitäten.

Und dass die Marbacher wissen, wie man sich vergnügen kann, zeigen sie in den folgenden Stunden. Da wird vor dem Rathaus unter Anleitung des Turnvereins getanzt, für die musikalische Untermalung sorgt das Flötenensemble der Musikschule Marbach-Bottwartal. Auch die Musiker von Liederhannes ernten für ihre Volksmusik aus dem 18. Jahrhundert viel Applaus.

Aufpassen musste man allerdings, dass man es mit dem Vergnügen nicht übertrieb. Das bekommt die Gauklertruppe zu spüren, die auf der Bühne am Kelterplatz den Herzog und dessen Hofschranzen verunglimpft. Mit wachen Augen und Ohren stehen die Württembergischen Gardejäger von 1782 daneben, und als der Adelige mit seiner roten Lockenperücke als „selbstverliebter Clown“ beschimpft wird, schreiten sie energisch ein und führen die Schauspielertruppe ab.

Nicht alles, was auf dem 18.-Jahrhundert-Fest abläuft, mag historisch authentisch sein. Das von der Gauklertruppe lauthals eingeforderte „Handgeklapper“ und der „Jubel“ wurden wohl eher von den beliebten Mittelaltermärkten importiert. Und dass im18. Jahrhundert prachtvoll gewandete Türken in der Marktstraße standen, wie es bei Feinkost Aktas der Fall ist, ist auch eher unwahrscheinlich. Das tut dem Spaß am Verkleiden und Inszenieren aber keinen Abbruch.

Auch für die Kinder ist allerlei Allotria geboten. Die Anne-Frank-Realschule hat in der Marktstraße einen Stand mit Sing- und Kreiselspielen aufgebaut. Im Gauklerzelt von Kajom können die Jüngsten Märchen lauschen. Beim Tobias-Mayer-Stand am Torturm können die Kinder aus leeren Plastikröhrchen Raketen basteln und in den Himmel schicken. Und im Burgkeller führt Thomas Schunter unter anderem historische Spiele vor. Ein Teenager freut sich, als es auf Anhieb glückt, mit einem kleinen Kreisel die Minikegel auf dem Backgammonbrett umzuwerfen. „Du wärst ein gutes 18.-Jahrhundert-Kind“, lobt die Mutter.

Außerhalb der ehemaligen Stadtmauer hat sich die Gemeinde der Alexanderkirche zum Fest ebenfalls einiges einfallen lassen. Beim morgendlichen Gottesdienst sind Gewandete ausdrücklich eingeladen. Die Kirchenrallye am Nachmittag mit Carmen Kröner stößt leider auf wenig Interesse.