Alan Parker mit Madonna im Jahr 1996 bei den Dreharbeiten des Filmmusicals „Evita“ Foto: imago//Everett Collection

Zu seinen Meisterwerken gehören so unterschiedliche Klassiker wie „Fame“, „Birdy“, „Mississippi Burning" und „Midnight Express“. Alan Parkers Filme wurden vielfach ausgezeichnet. Nun starb der Regisseur in Großbritannien.

Stuttgart - „Ihr Lieben, wir sind kurz davor, einen neuen Film zu beginnen (...).“ Vor jedem Dreh richtete Alan Parker einen Brief an seine Crew, um sie mit typisch englischem Understatement auf seinen neuen Film einzuschwören: „Wir versuchen immer, alles zu riskieren, und mit etwas Glück schaffen wir das manchmal.“ Am Freitag starb der Regisseur nach langer Krankheit, wie eine Sprecherin der Familie mitteilte. Filmschaffende würdigten ihn als großes Talent.

Karrierebeginn a Werbetexter

Geboren wurde Parker am Valentinstag 1944, während die deutsche Luftwaffe London bombardierte. Mit einer Schneiderin als Mutter und einem Maler als Vater wuchs er in einer Sozialwohnung im damaligen Arbeiterviertel Islington auf. „Jeder, den ich kannte, wollte in einer Band sein, um dieser Welt zu entfliehen“, erzählte Parker später der britischen Zeitung „Guardian“.

Er besuchte als erstes Kind in seinem Wohnblock ein Gymnasium und arbeitete sich hoch – vom Laufburschen in der Poststelle einer Werbeagentur zum Texter. Das habe ihn von seinen Eltern entfremdet, bedauerte er im „Independent“: „Es geht nicht darum, jemanden nicht zu lieben, es ist nur so, dass du nicht mehr Teil seiner Welt bist.“

Als Quereinsteiger nach Hollywood

Der Keller der Werbeagentur stand leer, Parker nutzte ihn, um mit Film zu experimentieren. Er gründete zusammen mit dem Produzenten Alan Marshall eine Firma und drehte in den 70er Jahren Hunderte von Werbeclips - das war seine Filmschule. Denn Parker wollte unbedingt Filme drehen. Sein Vorbild waren Ken Loach und dessen Sozialdramen.

Schon als Texter schrieb Parker Drehbücher, die BBC habe allerdings alle abgelehnt: „Wir wurden in dieser Welt nicht akzeptiert“, erklärte Parker dem „Telegraph“. Der Sender sei damals voller Absolventen von Elite-Universitäten gewesen.

Seinen ersten Kinofilm finanzierte er, indem er eine Hypothek auf sein Haus aufnahm – heraus kam das Filmmusical „Bugsy Malone“ (1976) mit Kindern als Darstellern, darunter Jodie Foster. Das Drehbuch der Gangsterparodie basierte auf den Geschichten, die Parker seinen vier Kindern auf langen Autofahrten erzählte. Für Parker war es die Möglichkeit, um als Quereinsteiger in Hollywood zu landen. Und es war der Beginn einer lebenslangen Konkurrenz mit dem anderen britischen Werbefilmer und Hollywood-Regisseur, Ridley Scott.

Viele Oscar-Nominierungen

Als nächstes machte er etwas völlig anderes: das Gefängnis-Drama „Midnight Express“ nach einer wahren Geschichte. Auch Film und Regie wurden für Oscars nominiert; doch nur Oliver Stone gewann einen für die Drehbuchadaption und Giorgio Moroder einen für die Filmmusik. Es folgten so unterschiedliche Werke wie „Birdy“ mit Matthew Modine und Nicolas Cage über die Folgen des Vietnamkriegs, „Pink Floyd - The Wall“, „Evita“ und „Die Asche meiner Mutter“.

Und natürlich „Fame“ (1980) über das harte Auswahlverfahren und Studium an einer New Yorker Akademie für darstellende Künste. „Fame“ sei ein ironischer Titel. Diese Leute seien verzweifelt auf der Suche nach Berühmtheit und Erfolg, sagte Parker dem „Independent“.

Mit dem Film „Mississippi Burning - Die Wurzel des Hasses“ brachte Parker Ende der 1980er Jahre einen gesellschaftskritischen Krimi über Rassismus in den USA auf die Leinwand. Der Film bekam den Oscar für die beste Kamera und erlangt sechs weitere Oscar-Nominierungen.

Malen statt Regie führen

Alan Parker war sehr kreativ, schrieb Romane und Essays über das Making-Of all seiner Filme, zeichnete Cartoons und hatte einen dicken Packen bisher unverfilmter Drehbücher in der Schublade. Vor einigen Jahren überraschte er die Filmwelt, als er seinen Ruhestand mit den Worten ankündigte: „Regisseure verbessern sich nicht im Alter.“

Stattdessen griff Parker zu Pinsel und Farbe: „Es war erfrischend, selbst kreativ zu sein, ohne die Hilfe von 100 anderen Menschen“, sagte er dem „Guardian“. „Ich kann ehrlich sagen, dass die letzten Jahre, seit ich mich ganz auf das Malen konzentriert habe, die schönsten meines Lebens waren.“