Die Gemeinde Murr will das Gruppenangebot im Kindergarten am Lindenweg (im Bild links) erweitern. Foto: Archiv (Werner Kuhnle)

Der Gemeinderat von Murr hat von einer Erhöhung der Kindergarten-Gebühren abgesehen. Damit nehme man Rücksicht auf Familien während der Corona-Pandemie, lautete der Tenor.

Murr - Die Gemeinde Murr belässt die Kita-Gebühren auch im neuen Jahr auf dem alten Niveau. Die Verwaltung blitzte in der jüngsten Ratssitzung mit dem Vorschlag ab, die Gebühren um 1,9 Prozent zu erhöhen – nun muss die Gemeinde mit 7500 Euro in die Bresche springen. Nach einer kontroversen Diskussion hatte sich eine Neun-zu-vier-Mehrheit ergeben. Damit werden Familien als Leidtragende der Corona-Pandemie durch die Kommune entlastet.

Die Haltung der Eltern

Der Gesamtelternbeirat der Murrer Kindergärten hatte in einem Brief an den Bürgermeister und die Gemeinderäte um Solidarität mit den Familien gebeten. Die jüngste Beitragserhöhung liege gerade einmal zwölf Monate zurück. Durch die Pandemie seien Familien großen Belastungen ausgesetzt. Die Verwaltung
meint
Für die Situation der Eltern zeigte der Rathauschef Torsten Bartzsch zwar grundsätzlich Verständnis, doch er wies in der Sitzungsvorlage auch auf die hohen Ausgaben für das Kita-Wesen hin. So musste Murr im vorigen Jahr Kosten von rund 2,18 Millionen Euro stemmen. Vor sieben Jahren waren es nur 856 000 Euro. Bartzsch wollte den Eltern mit der Erhöhung um 1,9  Prozent etwas entgegenkommen. Denn diese Erhöhung wäre eigentlich schon in diesem September fällig gewesen. „Murr liegt aktuell um 4,9 Prozent unter den Empfehlungen des Landesrichtsatz.“ Die Gemeinde habe ihre Angebote in den Kindergärten stark ausgebaut – deshalb halte er eine Beteiligung an der hohen Qualität für gerechtfertigt. „Im nächsten Jahr werden wir kämpfen müssen, den Haushalt auszugleichen.“ Die 4,8-prozentige Tariferhöhung für die Erzieherinnen sei noch nicht eingepreist, man wolle am Lindenweg das Angebot erweitern.

Relativ niedrige Gebühren
Tatsächlich fahren die Eltern in Murr relativ gut. Im Jahr 2019 lag ihre Beteiligung an den Kindergartenkosten bei 13,6 Prozent. Die Spitzenverbände empfehlen hingegen einen Gebührenanteil von 20  Prozent an den Gesamtkosten. Eine Familie mit einem Kind zahlt in Murr 124 Euro monatlich in einem Regelkindergarten. Das Modell Bartzsch hätte Erhöhungen von 1 bis 4 Euro im Kindergarten und 2  bis 11 Euro für Kleinkinder zur Folge gehabt. Wäre man gar dem Landesrichtsatz gefolgt, wären die Geldbeutel der Eltern mit 1 bis 19 Euro mehr belastet worden. Die Meinung der Räte

Die Sicht der SPD verdeutlichte Thomas Utz: „Es wäre ein sehr starkes Signal, dass wir die Familien nicht alleine lassen“, sagt er und nannte die Ungewissheit um Arbeitsplätze sowie steigende Preise in anderen Bereichen wie etwa dem ÖPNV- und Abfallwesen. Der Gemeinde gehe es gut, meinte er und spielte damit auf Rücklagen von mehr als 35 Millionen Euro an. Utz erinnerte auch daran, dass es in Städten wie Heilbronn oder in anderen Bundesländern keine Kita-Gebühren gebe.

Da ging auch Giorgio Monteleone von der CDU mit, der an den Grundsatz erinnerte, dass Bildung an öffentlichen Schulen nichts koste. Tayfun Tok von den Grünen meinte angesichts des relativ niedrigen Betrags von 7500 Euro: „Es ist eine gute Sache zu verzichten.“ Grünes Licht gab Uwe Riedel, Fraktionschef der Freien Wähler: „Ich bin auch dafür, ganz speziell in diesem Jahr nicht zu erhöhen.“

Frustriert äußerte sich Said Benali von der SPD: „Das ist seit 15 Jahren die einzige Gebühr oder Steuer, die wir jährlich erhöhen.“ Eine Erhöhung täte den Eltern mehr weh als der Gemeinde. Erweichen ließ sich Liane Sinn (FW), sonst eine Verfechterin dafür, dass für Qualität auch bezahlt werden sollte: „Es tut schon irgendwann auch weh.“ Sie sehe zwar das Land in der Pflicht, die Kita-Gebühren zu übernehmen, doch sei es ein besonderes Jahr und man sollte die Eltern entlasten.

Anderer Meinung war Gunter Eber-hardt von der CDU, der für eine moderate Erhöhung war und mit der hohen Qualität in den Kindergärten argumentierte.

Die Grüne Ellen Mohr-Essig erinnerte daran, dass die Gemeinde viel leiste und ihr Entgegenkommen für die Eltern endlich sei: „Es darf nicht selbstverständlich sein.“ So beschloss die Runde, die Gebühren zunächst nur wegen der Pandemie im kommenden Jahr nicht zu erhöhen.