Die Biergärten, wie hier „Bei Pana“ in Marbach, sind auf die Öffnung am 22. März vorbereitet. Ob es wirklich klappt, weiß derzeit aber noch keiner. Foto: KS-Images)

Ob die Biergärten in der Region tatsächlich am 22. März öffnen dürfen, steht im Moment noch in den Sternen. Der Knackpunkt ist der Sieben-Tage-Inzidenzwert.

Marbach - Panagiotis Cherakis vom Biergarten und Restaurant Bootshaus am Marbacher Neckarufer ist ratlos: „Ich weiß nicht, wann wir wieder aufmachen.“ Angekündigt sei der 22. März, aber das hänge ja von den Inzidenzwerten ab. „Wenn die dann über 50 liegen, können wir nicht öffnen.“ Informationen darüber holt er sich wie alle anderen auch aus der Presse. „Dass man nicht weiß, wann man wieder öffnen kann, belastet am meisten“, sagt „Pana“, wie ihn seine Stammgäste nennen. Auch die Getränkehändler und die Brauerei hätten schon bei ihm nachgefragt, weil auch sie fest auf den 22. März hofften.

Nur ein Tag Vorlauf ist notwendig

Wenn das Okay zur Öffnung komme, könne er aber mit nur einem Tag Vorlauf loslegen, versichert Cherakis. „Wir stehen alle bereit und warten.“ In der Zwischenzeit ist das Team vom Bootshaus nicht untätig geblieben. So wurde die Küche mit einem neuen Boden ausgestattet, es wurden neue Tische und Garnituren angeschafft, und es gibt sogar schon neue Arbeitsverträge. „Da fehlt nur noch das Datum“, schmunzelt der Wirt, der trotz allem das Lachen noch nicht verlernt hat. Warum die Öffnung von den Inzidenzzahlen abhängt, versteht er allerdings nicht so ganz: „Es ist alles wie im letzten Jahr, mit großen Abständen und Desinfektionsmitteln. Aber wir können es ja nicht ändern und halten uns an die Vorschriften.“

Cluss Garten öffnet erst im Mai

Anders als Cherakis ist anderen Wirten wohl eher zum Heulen zumute ob des erneuten Opfers, das sie bringen müssen. Neben Kunst und Kultur haben Gastronomen die schlechteste Perspektive.

Andreas Rothacker sieht es dennoch gelassen. Er hat beschlossen, seinen Cluss Garten in Ludwigsburg erst im Mai aufzumachen, im Rossknecht soll früher bewirtet werden. Wie für andere Gastronomen auch ist es für Rothacker ein Problem, dass nur draußen bewirtet werden kann. „Wenn die Leute auch reinkönnten, dann wäre das alles kein Problem“, sagt er. Dürfen sie aber nicht, weshalb die Wirte noch mehr als sonst auf Sonne und gutes Wetter angewiesen sind.

Regentropfen im Essen?

„Was sagen wir denn jemandem, der gerade sein Essen bekommen hat und es fängt an zu regnen?", fragt Fabian Lippe vom Blauen Engel. Bleiben die Regeln so wie bisher geplant, bliebe aber nichts anderes übrig, als die Gäste – die sich bei einer Inzidenz über 50 sogar vorher anmelden und einen aktuellen, negativen Schnelltest vorweisen müssten – wegzuschicken. Der Blaue Engel will dennoch so früh wie möglich öffnen, „aber dass es am 22. März klappt, glauben wir eher nicht“, sagt Lippe.

Das Bier schmeckt noch nicht

Der Ratskeller-Biergarten, einer der größten in Ludwigsburg, öffnet an diesem Tag mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. „Um diese Jahreszeit schmeckt den Leuten das Bier noch nicht“, sagt Wirt Jörg Böhm. In seiner Heimat Bayern wird im Frühjahr ein „Gestauchtes“, ein vorgewärmtes Bier, bestellt. „Aber einen Tauchsieder kaufe ich mir deshalb nicht“, sagt der Ratskeller-Chef. An den Wochenenden sei – bei entsprechendem Wetter – vielleicht Kundschaft zu erwarten, unter der Woche lohne sich der Aufwand für drei oder vier Stunden schlicht nicht.

Entscheidungen sorgen für Irritation

Normalerweise geht die Biergartensaison frühestens an Ostern los. Weil ohnehin so lange geschlossen war, meint Böhm nun, auf ein oder zwei Wochen mehr komme es nicht an. „Für uns ist das ja fast wie eine Neueröffnung.“ Der Ratskeller hat eine neue Außenküche und einen optimierten Ausschankbereich, die im Sommer und Herbst wegen Corona nötig gewordenen improvisierten Zugänge wurden verbreitert, „alles ist ein bissle einladender“. Mit den politischen Entscheidungen tut sich Böhm schwer. Um Weihnachten habe man die Märkte abgesagt, jetzt, da mutierte Viren unterwegs seien, dürfe man öffnen.

Cafés tun sich etwas leichter

Für Bier ist es vielleicht noch zu kalt, für Heißgetränke aber nie. Dementsprechend tun sich Cafés mit der Öffnung ein bisschen leichter. „Wir freuen uns drauf“, sagt Florian Lutz, der mehrere Cafés in Ludwigsburg und das Gaumentanz in Freiberg betreibt. Seine Mitarbeiter hätten keine Lust mehr, daheim zu sitzen. Die Entscheidung des Ludwigsburger Gemeinderats, wo er selbst für die Freien Wähler sitzt, dass Gastronomen ihre Außenbereiche erweitern dürfen, findet der Bäcker gut. Was Bund und Land bisher vorhaben, nicht: „Da sitzen eben Politiker und keine Praktiker“, sagt Lutz. Die Branche habe zur Genüge bewiesen, dass sie Hygienekonzepte kann.

Kein einziger Anruf

Vielleicht sind die Menschen in der Gastronomie sogar sicherer als anderswo? „Zumindest sind sie besser aufgehoben als auf irgendeiner geheimen Party“, sagt Orhan Özbagci, der mit seiner Frau Silke das Uferstüble bewirtschaftet. Ende März öffnen die beiden, das Risiko nehmen sie in Kauf. „Wir sind seit 19 Jahren abhängig vom Wetter – wir kennen das“, sagt Silke Özbagci. Seit Oktober ist der Biergarten geschlossen, davor, im Sommer, waren Tausende Besucher da. Alle haben brav ihren Zettel ausgefüllt. Das Gesundheitsamt habe kein einziges Mal angerufen.

Der Wirt glaubt an sein Hygienekonzept

In Mitko Pelovskis Hirschgarten in Kornwestheim saßen über die unbeschwerteren Sommermonate um die 7000 Gäste. Bestätigte Infektionen dort: null. Deshalb glaubt der Wirt an sein Hygienekonzept. Beispielsweise dürfen statt 400 nur 250 Besucher Platz nehmen. Pelovski will öffnen, wahrscheinlich am 27. März. Für ihn wäre allerdings die Regel mit den negativen Coronatests ein K.o.-Kriterium. „Da müsste ich jemanden extra an die Tür stellen, der das kontrolliert.“ Und selbst dann sei nicht sicher, dass nicht irgendjemand versuche, seinen Test zu fälschen.

Wetter lockt bisher nicht nach draußen

Panagiotis Cherakis hofft indessen nicht nur auf einen Inzidenzwert unter 50, sondern auch auf besseres Wetter als in den letzten Tagen. „Dann können wir wenigstens ein bisschen was zum Mitnehmen verkaufen. Aber bei den Temperaturen und dem Wind findet kaum jemand seinen Weg zu uns ans Neckarufer. Da bleiben die Leute lieber zu Hause.“