Wo die Schutzwand endet, ist die Frustration über den Verkehrslärm groß. Foto: Ralf Poller/avant/i

Anwohner am Autobahnzubringer bei Großbottwar fühlen sich im Stich gelassen. Jetzt sollen sich Landtagsabgeordnete einschalten und vermitteln.

Das Aufheulen der Lastwagen ist unüberhörbar an diesem Montagnachmittag um 15 Uhr in Großbottwar. Eine Gruppe von 20 Anwohnern, Stadträten sowie den beiden Landtagsabgeordneten Tayfun Tok von den Grünen und dem Christdemokraten Tobias Vogt bemüht sich um Verständigung. Das ist nicht leicht, denn eine Lärmschutzwand fehlt – und genau um dieses Thema geht es am Ende des Wagrain: einer der Straßen, in denen die Bewohner seit Jahrzehnten unter dem Krach vom Autobahnzubringer L 1115 leiden.

Einer der zermürbten Nachbarn ist Werner Wetjen. Er wohnt seit 1993 weiter oben in dem Viertel. „Dieser Lärm ist durchgängig da – wir haben keinen Schutzwall“, erzählt er. Eine Mauer sei zu kurz, das Aufheulen der Motoren und das Klappern von Anhängern bekämen manche Anwohner in voller Lautstärke ab. Besonders bei Westwind schalle es von der nahen Brücke in das Wohngebiet im Osten von Großbottwar hinein. Unangenehm seien eben die Lastwagen, „und die werden immer mehr“. Wetjen spricht von 1000 am Tag im Jahr 2008 – jetzt seien es 1500. Auch verursachten die Sattelzüge heutzutage mehr Geräusche. Getan habe sich all die Jahre aber nichts.

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Die Nerven der Anwohner liegen blank. „Es geht um 4 Uhr morgens los“, berichtet Michael Riedow. „Man wird aus dem Schlaf gerissen.“ Es sei noch schlimmer, wenn Regennässe die Geräusche der Fahrbahn reflektiere. Sauer sind die Anwohner auf das Regierungspräsidium (RP) Stuttgart. Die Behörde unternehme nichts, obwohl das Problem seit mehr als 20 Jahren bekannt sei. Das RP beziehe sich auf alte Lärmschutzrichtlinien von 1990. „Man bearbeitet ja nur einen Altbestand und bringt ihn auf drei Spuren, man baut keine neue Straße“, gibt Werner Wetjen genervt die Position der Behörde wieder. Eine Erfahrung, die Bürger nicht nur in Großbottwar sammeln. Im Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim und in Asperg warten Anwohner seit Jahren auf einen Lärmschutz an der A 81. Es gab Beschwerden und Blockaden – passiert ist praktisch nichts.

Der Bürgermeister fordert Verbesserungen

Den Schulterschluss mit seinen lärmgeplagten Einwohnern praktiziert in Großbottwar der Bürgermeister Ralf Zimmermann. „Wir haben Forderungen an die Politik“, sagt er und erinnert daran, dass für die Landesstraße 1115 mit dem Gewerbegebiet in Backnang bei aktuell 33 000 Fahrzeugen täglich als eine der wenigen Straßen im Land noch zusätzlicher Verkehr prognostiziert werde. Zudem dient die B14 von Waiblingen aus als Nord-Ost-Umfahrung von Stuttgart. Erst im vergangenen Jahr hatte der Bund die Übernahme der L 1115 als B 328 bekannt gegeben. „Uns ist egal, wie das Kind heißt – uns ist wichtig, dass wir den Lärm in den Griff kriegen.“ Der Bürgermeister sieht nicht zuletzt durch den am Sonntag beschlossenen Gewerbepark auf Mundelsheimer Gemarkung an der L 1115 ein erhöhtes Verkehrsaufkommen auf seine Kommune zurollen. Aber auch Zimmermann und seine Hauptamtsleiterin Mona Trinkner beißen mit dem Gemeinderat beim Regierungspräsidium bisher auf Granit. Im erst dieses Jahr neu aufgelegten Lärmaktionsplan spreche das RP von einer „geringen Betroffenheit“, eine Maßnahme würde sich nicht aufdrängen, so Trinkner.

Ein Gespräch mit RP-Vertretern vor Ort soll für Lösungen sorgen

Als Vermittler wollen sich nun die beiden Landtagsabgeordneten Tayfun Tok und Tobias Vogt einschalten. Dass das Regierungspräsidium weder Flüsterasphalt noch eine durchgängige Lärmschutzwand oder zumindest eine Tempoabsenkung von 70 auf 60  Stundenkilometer in die Wege leitet, wie von der Stadt Großbottwar gefordert, können sie angesichts des körperlich spürbaren Lärms nicht verstehen. „War denn noch niemand vom RP hier?“, fragt Vogt. Die beiden Politiker wollen nun mit Vertretern der Behörde vor Ort nach Lösungen suchen.

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