Ein junger Mann musste sich vor Justitia verantworten. Foto: dpa/Arne Dedert

Ein junger Mann musste sich wegen einer ganzen Palette an Vergehen vor Gericht verantworten. Unter anderem hatte er in einem Bus einen Gewaltausbruch. Zudem soll er eine Frau sexuell belästigt und mehrfach Hausfriedensbruch begangen haben.

Marbach - Er ist gerade einmal volljährig geworden. Und doch musste sich ein junger Mann nun gleich wegen mehrerer Straftaten vor dem Ludwigsburger Jugendschöffengericht verantworten. Dieses ordnete letztlich die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an Der Angeklagte hatte von einem Gutachter eine paranoide Schizophrenie bescheinigt bekommen, unter deren Einfluss er zu Gewaltausbrüchen neigt – wie beispielsweise bei einer Fahrt in einem Linienbus, bei der er jemandem das Nasenbein brach. Der 18-Jährige hat aber auch ein Pedelec verhehlt, das vor dem Rathaus in Ludwigsburg gestohlen wurde, Ladendiebstähle begangen und Marihuana besessen. Er wurde unter Aufsicht mit einem Taxi vom Zentrum für Psychiatrie in Ravensburg zu seinem Prozess in Ludwigsburg gebracht.

Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft legte dem jungen Mann mehrere Straftaten zur Last. Einige Anklagepunkte hat das Gericht unter Vorsitz von Anne Bollacher jedoch eingestellt, weil sie bei der Strafzumessung sowieso nicht groß ins Gewicht gefallen wären.

Zwischen dem 26. und 27. Juni vergangenen Jahres vor dem Rathaus ein Pedelec im Wert von 2292 Euro gestohlen zu haben, bestritt der Angeklagte. Er sagte, er habe das Rad für 200 Euro am Bahnhof von einem „schwarzen Mann“ gekauft, sich aber denken können, dass es sich um Diebesgut handelt. Einen sexuellen Übergriff auf eine junge Frau soll der 18-Jährige am 6. Juli gegen 0.20 Uhr auf dem Akademiehof der Barockstadt begangen haben. Die Betroffene hatte bei der Polizei angegeben, sie sei sexistisch beleidigt und angefasst worden. Der junge Mann habe auch nicht aufgehört, als sie ihn weggestoßen habe. Beendet habe sie das Ganze schließlich mit einer Ohrfeige und dann die Polizei geholt.

Entweder mit der Faust oder mit dem Griff eines Messers hat der Angeklagte zudem am 7. Juli gegen 19.40 Uhr ein Fenster des evangelischen Pfarramts der Stadtkirchengemeinde eingeschlagen und dabei einen Schaden von etwa 500 Euro verursacht. Das beobachtete eine Familie, die gerade einen Ausflug ins Blühende Barock machen wollte. Im Marstallcenter stahl er am 9. Juli 15 Dosen Red Bull und eine Flasche Apfelschorle. Obgleich er schon die Schlüssel für seinen Platz in einem betreuten Wohnheim zurückgegeben hatte, versuchte der 18-Jährige am 21. Juli in das Haus in der Innenstadt zu gelangen, was einem Hausfriedensbruch gleichkam. Dazu erklärte er, er habe lediglich noch seine „Klamotten“ holen wollen.

Zu sechs weiteren Hausfriedensbrüchen kam der Angeklagte zwischen dem 2. und dem 21. August mit der S-Bahn aus Marbach angefahren und ging durch das Ludwigsburger Bahnhofsgebäude, wo er Hausverbot hatte. In der Wohnung des Angeklagten in Poppenweiler fand die Polizei am 12. August rund 23 Gramm Cannabis und am 12. September noch einmal etwa eineinhalb Gramm. In einem Drogeriemarkt in der Bahnhofstraße stahl er am 13. August ein Handy im Wert von rund 300 Euro und in einem Drogeriemarkt im Marstallcenter am 16. September ein Parfüm im Wert von 220 Euro. Ebenfalls am 16. September stieg der Angeklagte am Rathaus in den Bus nach Poppenweiler ein und wurde seinem Nebensitzer gegenüber zudringlich. Als er dazu aufgefordert wurde, das zu unterlassen, wickelte er seine Halskette um die Faust und benutzte diese gegen jemanden, der ihn zur Räson bringen wollte, als Schlagring. Die Verletzungsfolge: Nasenbeinfraktur. Bis die Polizei kam, bespuckte der 18-Jährige andere Leute mit einem Speichel-Blut-Gemisch, nachdem er sich im Gerangel die Lippe aufgerissen hatte. Der Zeuge, der ihn am Ende überwältigen konnte, sagte aus, der Angeklagte sei ihm zwei Monate vorher schon einmal aufgefallen, weil er im Bus geraucht hatte.

Aus dem Bericht der Jugendgerichtshilfe ging hervor, dass der 18-Jährige im Alter von 15 Jahren mit seinem 13-jährigen Cousin aus Syrien nach Deutschland geflüchtet ist, weil er sonst zum Militär eingezogen worden wäre. In Ludwigsburg war er in Jugendhilfeeinrichtungen sowie bei einer Pflegefamilie untergebracht. Zur Schule ging er mal in Bietigheim, versetzte dort aber einem Mitschüler einen Kopfstoß. Auch in der Jungarbeiterklasse in Freiberg am Neckar konnte der junge Mann nicht bleiben, weil er zu viele Fehlzeiten hatte. Der bei der Gerichtsverhandlung anwesende Kinder- und Jugendpsychiater befand, dass sich die paranoide Schizophrenie des 18-Jährigen besonders bei dem Vorfall im Bus gezeigt habe. Eine richterliche Anhörung, durch die der 18-Jährige einen gesetzlichen Betreuer bekommen sollte, ist wegen der Coronakrise verschoben worden.