Beim Toben lernen die Welpen spielerisch, wie sie mit Hunden anderer Rassen kommunizieren können. Foto: KS-Images.de

In der Welpengruppe des Steinheimer Vereins für Deutsche Schäferhunde lernen vor allem die Menschen, was für ihre Hunde wichtig ist. Zum Beispiel wird Herrchen und Frauchen verdeutlicht, dass ihre Lieblinge keine Kinder sind, sondern Tiere.

Steinheim - Sam kann es kaum erwarten. Aufgeregt springt der knapp fünf Monate alte American Collie hin und her – doch er muss warten. Warten, bis sich sein Frauchen Anja Ruhstorfer am Ende der roten Röhre platziert hat und ihn zu sich ruft. Sogleich lässt Ehemann Peter Ruhstorfer Sam los und am Trappeln der Pfoten in der Kunststoffröhre ist gut zu hören, dass der junge Rüde sie im Eiltempo passiert. „Super“, lobt das Ehepaar, das bald nach Benningen umzieht. Und auch Sam zeigt ausgelassen, wie groß seine Wiedersehensfreude am anderen Ende des Tunnels ist.

Die anderen sieben Welpen üben derweil, durch ein Hindernis aus Blech und Stoff zu gehen, im Slalom um Hütchen herum zu laufen oder geduldig zu warten, bis sie an der Reihe sind. Gemeinsam mit ihren Besitzern, oft mit der ganzen Familie, sind sie an diesem Samstagmittag zur Welpengruppe aus den umliegenden Gemeinden nach Steinheim gekommen. „Der Hund geht links, das Leckerli ist in der linken Hand, die Leine in der rechten.“ So erklärt Sandra Rill den Besitzern von Luna, wie der sogenannte Futterlauf funktioniert. Luna, ein schwarzer Labrador-Australian-Shepherd-Mix, ist erst elf Wochen alt und wird mit einem Leckerli vor der Nase geduldig von ihren Besitzern Silke Thiele und ihrer Tochter Sofie um die Hütchen herum gelockt.

Sandra Rill ist 42 Jahre alt und leitet die Welpen- und Junghundegruppe des Vereins für Deutsche Schäferhunde, Ortsgruppe Steinheim – wo übrigens alle Rassen willkommen sind. Wie alle Trainer hier tut sie das ehrenamtlich, und darüber hinaus bekleidet sie auch das Amt als 1. Vorsitzende. „Seit 30 Jahren bin ich im Verein und habe einen Trainerschein, der alle vier Jahre erneuert werden muss“, informiert sie im Anschluss an den Kurs. Rill hat selbst Hunde und besucht mit ihnen jedes Jahr mehrere Seminare. Unter der Woche arbeitet sie als Zahnarzthelferin, ist verheiratet und hat zwei Kinder. „Ich freue mich einfach daran, wenn ich den Leuten helfen kann, mit ihren Welpen zurechtzukommen“, sagt sie weiter. Damit diese dann mit einem „umweltverträglichen Hund“ schöne Jahre verbringen könnten.

Gleich zu Beginn der Trainingseinheit schlägt die Trainerin in ihrer kurzen „Ansprache“ ernste Töne an und erwähnt, dass sie vorhin schon gesehen habe, wie das ein oder andere Frauchen oder Herrchen an der Leine von ihrem Welpen quasi „mitgeschleift“ würde. Und sie bittet alle Anwesenden, sich von Anfang an zu überlegen, was sie mit ihrem Hund künftig machen möchten und wie der Alltag aussehen soll. Und weiter sagt sie: „Wer nur mit seinem Hund spazieren gehen möchte, für den ist nur wichtig, dass der Hund herkommt, sobald man ihn ruft.“ Dann brauche man nicht einmal „Sitz“ oder „Platz“ mit ihm üben.

„Wer aber später eventuell im Hundesport aktiv sein will, der soll von Anfang an daran denken, dass er davor auf jeden Fall die sogenannte Begleithundeprüfung ablegen muss.“ Diese Prüfung sei quasi „der Schlüssel“ zu allen anderen Sportarten mit dem Hund. Und dann sei extrem wichtig, dass der Hund „Sitz“, „Platz“ und „Bleib“ kann und auch so lange in dieser Position verharre, bis man ihn wieder freigebe – wieder mit einem speziellen Wort, das sich jeder selbst ausdenken könne. Denn: „Das Umlernen bei einem älteren Hund dauert rund ein Jahr“, und deswegen sei es sehr wichtig, gleich mit dem Welpen bewusst und korrekt zu üben.

Später im Gespräch betont Sandra Rill, sie wolle mit ihrer Arbeit erreichen, dass die Besitzer lernen, dass ihr Hund ein Tier ist und kein Kind. Woran sie das erkennt? „Daran, dass die Besitzer ,Bitte’ und ,Danke’ zu ihrem Hund sagen.“ Oder sich viele Dinge einfach so gefallen ließen. Diese Beobachtung mache sie ganz extrem seit etwa zehn Jahren.

Als weiteres Phänomen, das ganz aktuell aufgetreten ist, beobachtet die Hundetrainerin: „Seit Beginn der Corona-Pandemie haben viel mehr Leute einen Hund angeschafft als sonst.“ Die vergangenen Jahre hätte sie maximal 30 Hunde im Training gehabt – Welpen und Junghunde zusammengenommen. Jetzt seien es rund 45. „Langsam gehen uns die Trainer aus“, berichtet sie weiter.

Ebenfalls bedingt durch die Pandemie und strengen Vorgaben müsse sie nun den Welpenkurs, den Hunde bis zum Alter von zehn Monaten besuchen dürfen, auf zwei Gruppen aufteilen. Der Grund dafür sei, dass aktuell höchstens 20 Menschen zusammen mit ihren Hunden trainieren dürften, unabhängig von der Größe des Platzes. Anfangs nach dem Lockdown seien pro 1000 Quadratmeter fünf Personen erlaubt gewesen, später zehn. Die Einteilung der Gruppen wird Rill abhängig von Alter und Rasse der Welpen vornehmen. Schließlich passe „das Spielverhalten eines acht Monate alten Golden Retrievers einfach nicht so gut zu dem eines acht Wochen alten Welpen einer kleinen Rasse“. Dass Hundebesitzer nach einer geplanten neuen Verordnung ab dem nächsten Jahr zweimal täglich für eine Stunde mit ihrem Hund spazieren gehen müssen, hält Rill für nicht umsetzbar: „Wer soll das denn kontrollieren?“

Zwischenzeitlich hat Julie, eine schwarze, 16 Wochen alte Havaneser-Hündin, den roten Tunnel durchquert. Begeisterte „Feiiiiin“- und „Priiiiima“-Rufe zeugen von ihrem Erfolg. Die Besitzer Gabi Socci mit Tochter Ilaria aus Benningen sind an diesem Tag zum dritten Mal beim Kurs für die Kleinsten. Schon seit zwei Monaten nehmen dagegen Elke Weimann und ihre Tochter Luzie aus Marbach an der Welpengruppe teil, um mit ihrer fünf Monate alten Französischen Bulldogge zu üben. „Der Platz hier ist wunderschön – weitläufig und beschattet“, sagt Elke Weimann. Insgesamt drei verschiedene Trainer habe sie hier im Kurs schon erlebt und alle hätten einen sehr professionellen Eindruck gemacht.

„Hört bitte alle einmal zu“, ruft Sandra Rill gegen Ende des Kurses während der Freispiel-Phase, in der die Welpen in einem geschützten Rahmen soziale Kontakte pflegen, toben und sich ausprobieren können. „Der Traubentrester, den viele Weingärtner in Häufchen am Weinberg zurücklassen, besteht zum Großteil aus Traubenkernen, die in dieser Menge für Hunde hochgiftig sind.“ Also: „Lasst eure Hunde jetzt bei Spaziergängen im Weinberg auf jeden Fall an der Leine!“