Mit nur einem leichten Seil, das am Traktor befestigt ist, wird die Esche zu Fall gebracht. Ein vorsichtiges Ziehen genügt hierbei schon. Foto: Ralf Poller/avanti

Seit einiger Zeit fallen in dem Gebiet Bäume wie aus dem Nichts um – was ein großes Risiko für Wanderer, Spaziergänger und Radler darstellt. Schuld daran ist das Eschentriebsterben. Das Forstamt wird nun aktiv – und wird Ende des Jahres einen großen Eingriff vornehmen.

Kirchberg - Man stelle sich das mal vor: Da spaziert man genüsslich durch die Natur, und auf einmal fällt neben oder vor einem wie aus dem Nichts ein Baum um. Worüber man sich sonst eigentlich nie den Kopf zerbrechen würde, ist aktuell im Wüstenbachtal an der Tagesordnung – was einen Spaziergang extrem gefährlich macht. Mehr noch. „Es besteht Lebensgefahr“, macht Revierleiter Paul Beck klar. Gemeinsam mit seinen Kollegen vom Forstamt des Landratsamtes Ludwigsburg hat er deshalb zu einer Informations-Begehung geladen – aufgeklärt werden soll dabei und gewarnt. Denn: „Das Wüstenbachtal ist ein schöner Bereich, den viele Erholungssuchende für sich entdeckt haben. Hier strömen die Massen, und es gibt enorm viele Wanderwege. Aber das Tal ist eben auch geprägt von Eschen und dem aktuellen Eschentriebsterben“, erklärt Ulrich Häußermann, stellvertretender Forstamtsleiter des Landratsamt Rems-Murr-Kreis.

„Wenn wir nichts machen, müssen wir das Tal stilllegen“

Jedes Mal, wenn die Förster in dem Tal nach dem Rechten schauen, liegen derzeit umgefallene Bäume über dem Weg oder auf den Wiesen. So auch am Freitag bei der Begehung. „Wir haben deshalb eine große moralische Verpflichtung, denn hier soll kein Mensch in Gefahr kommen. Der Schutz des Menschen ist entscheidend. Es wäre der Worst Case, wenn hier einmal einer von einem Baum getroffen wird“, sagt Paul Beck und nennt das Gebiet einen wahren „Hotspot des Eschentriebsterbens“. Eine große Aktion soll deshalb noch in diesem Jahr, voraussichtlich Anfang Dezember, über die Bühne gehen – zahlreiche Eschen sollen dabei beseitigt werden. „Wenn wir nichts machen, müssen wir das Tal stilllegen“, macht Häußermann die dramatische Lage klar und warnt: „Den Eingriff wird man sehen. Deshalb wollen wir jetzt bereits im Vorfeld klar machen, dass es aber keine Alternative gibt.“ Denn zahlreiche Bäume könnten jederzeit einfach umfallen. Die Wege deshalb zu sperren – ein guter Vorschlag, aber nicht praktikabel. „In Wirklichkeit hält sich nämlich keiner daran, wenn da eine Absperrung steht, sondern die Leute gehen drumherum“, sagt Ulrich Häußermann.

Wie leicht eine Esche fällt, demonstrieren die Fachmänner anschaulich

Der Wald rund um das Wüstenbachtal gehört in großen Teilen privaten Waldbesitzern, nur ein kleiner Tal gehört den Gemeinden. „Wir vom Forstamt haben es uns zur Aufgabe gemacht, die privaten Besitzer zu unterstützen“, erklärt der stellvertretende Forstamtsleiter. Denn wie leicht man eine Esche in diesem Gebiet zu Fall bringen kann, demonstrieren er und seine Kollegen den anwesenden Bürgermeistern, Gemeinderäten und interessierten Bürgern kurzerhand anschaulich – mit einem Seil, das um eine riesige Esche gespannt und am anderen Ende an einem Traktor befestigt ist. Es braucht nur geringe Zugkraft, und die Esche fällt. Die Wurzeln des Baums sind völlig zerstört, können in der Hand zerbröselt werden. Dies sehe ein Spaziergänger nicht. „Die ersten Symptome zeigen sich an der Krone. Aber wenn man diese wahrnimmt, sind die Wurzeln unten schon tot“, erklärt der Fachmann. Schuld ist hierbei ein Pilz, der durch die Triebe in den Baum gelangt.

Alles sei zurückzuführen auf den Klimawandel. „Buchen vertrocknen, Eschen bekommen den Pilz“, sagt Häußermann. „Am Kirchberger Bahnhof haben wir einen Hotspot von kaputten Buchen, am Radweg bei Kirchberg regiert ebenfalls das Eschentriebsterben“, berichtet Paul Beck. Und man könne den Prozess einfach nicht aufhalten. Als Waldsterben 2.0 beschreiben die Förster somit, was aktuell passiert. Zur Verdeutlichung: Der vergangene Holz-Einschlag in Kirchberg betrug zu 94 Prozent Schadholz, das sind rund 1200 Festmeter Holz.

Auch im Landkreis Ludwigsburg kennt man das Problem

Nicht nur im Rems-Murr-Kreis ist das Eschentriebsterben ein Thema. „Es begleitet uns in ganz Deutschland schon seit 2012, so auch im Landkreis Ludwigsburg“, sagt Michael Nill, Fachbereichsleiter Wald im Landratsamt Ludwigsburg. „Dort, wo es Eschen gibt, haben wir Probleme.“ Jedoch nicht so gravierende wie im Wüstenbachtal. „Die Verkehrssicherheit ist bei uns aktuell überall gegeben. Auch weil wir in den vergangenen Jahren schon viel gemacht haben.“ Es komme nur ganz selten vor, dass man ganze Waldwanderwege sperren muss. In diesem Jahr nur einmal. Im Sachsenheimer Wald war im Sommer eine „zu schnelle Dynamik beim Absterben zu beobachten“, so Nill.

Wie gebeutelt die Wälder sind, zeigte sich vor zwei Jahren auch im Steinheimer Hardtwald. Damals sorgte der Borkenkäfer für einen wahren Ausnahmezustand und Krisenmodus. Um größeres Waldsterben zu verhindern, musste man damals einen Vollernter einsetzen, der mehrere Tage im Dauer-Einsatz war.