In Beilstein hängt der Haussegen schief. Foto: avanti

Brigitte Kobiela, die Mutter von Bürgermeister-Kandidat Georg Kobiela, ist mit sofortiger Wirkung aus der Bürgerliste Beilstein aus- und in die Initiative Beilstein eingetreten. Die Art und Weise des Vorgehens schmeckt der verlassenen Fraktion gar nicht.

Beilstein - Die Bombe platzte am Ende der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend. „Brigitte Kobiela hat mich gebeten zu verkünden, dass sie mit sofortiger Wirkung aus der Bürgerliste austritt und bei der Initiative eintritt“, erklärte Oliver Muth, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Beilstein, kurz und knapp. Brigitte Kobiela saß während der Ankündigung mit versteinerter Miene vor dem Bildschirm, die anderen Gemeinderäte blickten zum Teil verwundert vor sich hin. Denn: Bis auf die Mitglieder der Initiative wusste keiner etwas. Der Wechsel der Rätin sorgt nun für erneuten Zündstoff im Ort und setzt den Schlusspunkt unter einen schmutzigen Wahlkampf, der in den vergangenen Monaten in Beilstein geführt worden ist und an dessen Ende Brigitte Kobielas Sohn Georg mit 48,88 Prozent der Stimmen ganz knapp Mitbewerberin Barbara Schoenfeld (49,50 Prozent) unterlag.

„Wir sind völlig enttäuscht und überrascht darüber, dass sieben Jahren engste und vertrauensvolle Arbeit so enden“, sagt Oliver Kämpf, Sprecher der Bürgerliste, am Tag nach der Gemeinderatssitzung. Bei ihm und seinen Fraktionskollegen stünden große Fragezeichen, „aber hier haben sich wohl die politischen und privaten Ebenen vermischt. Alles, was ihrem Sohn geschadet hat, hat sie wohl persönlich genommen“, meint Kämpf, der zudem sagt: „An vorderster Stelle wird sicher der Fakt stehen, dass ich den Bewerber nicht genügend unterstützt habe. Aber ich bin als CDUler eben kein Unterstützer eines Grünen-Friday-for-Future-Mannes.“ Dennoch hätte man Georg Kobiela von der Bürgerliste aus Hilfe angeboten. „Wir haben mit allen Bewerbern Konferenzen abgehalten und gerade auch Herrn Kobiela von Anfang an Unterstützung in Sachthemen signalisiert. Die Bürgerliste ist im Wahlkampf neutral geblieben, auch wenn die vier Mitglieder der Fraktion sehr unterschiedlich votiert haben“, erklären die Bürgerliste-Räte Oliver Kämpf, Armin Maurer und Marcel Zürn unisono am Mittwoch auch in einer Pressemitteilung.

Seit Dezember habe es keinen Austausch mehr gegeben

„Wenn ihr etwas aufgestoßen ist, dann hätte sie das Gespräch suchen können“, findet Kämpf. Zumal er und seine Fraktionskollegen sich einen Austausch gewünscht hätten. Doch diesen habe es bereits seit Dezember nicht mehr gegeben. Also seit dem viel diskutierten Kandidaten-Aufruf von elf Gemeinderäten, die weitere Bewerber anlocken wollten, was aber misslang. „Ab da hat sie keinerlei Kommunikation mehr mit uns gepflegt, es gab nur noch losen Kontakt. Wir dachten, sie will Neutralität wahren. Wir haben ihr dann vor dem ersten Wahlgang sowie nach dem zweiten Wahlgang Nachrichten geschrieben und gefragt, was los sei, es kam jedoch kein Wort. Das ist keine freundliche Art“, berichtet der Fraktionssprecher.

Dass die Kandidatur ihres Sohnes Konsequenzen haben könnte, dem waren sich seit Dezember bereits alle bewusst in der Bürgerliste. „Damals hat sie ein Interview gegeben, in dem sie gesagt hat, dass sie im Falle eines Sieges ihres Sohnes aus dem Gemeinderat ausscheiden würde. Auch das war mit uns nicht abgesprochen. Wir haben aber vermutet, dass sie im Falle einer Niederlage und der folgenden Enttäuschung das Gleiche machen wird“, so Kämpf. Der Wechsel in eine andere Fraktion stößt nun aber richtig auf. Auch, weil man jetzt „Fronten-Bildungen“ sieht. „Es sitzen jetzt drei ausgesprochene Gegner von Barbara Schoenfeld im Gemeinderat. Das ist belastend“, findet Oliver Kämpf, der von einer Art „Abrechnung“ spricht. „Wir hätten es in Ruhe besprechen und eine gemeinsame Lösung finden müssen. Letztendlich denken wir, liegt der Konflikt jetzt bei der gewählten Bürgermeisterin und Frau Kobiela.“

Von einer Spaltung zu sprechen, findet Thomas Bausch Quatsch

Von einem Graben innerhalb des Gemeinderats will Thomas Bausch, Sprecher der Initiative Beilstein, der sich im Wahlkampf für Georg Kobiela ausgesprochen hat, nicht reden. „Wir sind 18  Erwachsene, die sicher nicht immer einer Meinung sind. Aber von einer Spaltung zu sprechen, finde ich Quatsch. Die Wahl ist zu Ende. Ich habe keinen Groll und will keine Spielchen spielen. Die jetzige Situation ist nicht meine Wunsch-Konstellation, aber ich lasse mich gerne davon überzeugen. Und jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mit Frau Schoenfeld auch gut zusammenarbeiten werde“, so Bausch. Der Parteiwechsel von Brigitte Kobiela habe sich erst in den vergangenen ein, zwei Wochen ergeben, so Bausch: „Sie wird schon ihre Gründe für den Wechsel haben, zu ihrer Motivation werde ich nichts sagen. Aber abgeworben haben wir sie nicht.“

Brigitte Kobiela selbst will auch am Tag nach der Verkündung nichts sagen, lässt am Telefon von ihrem Mann ausrichten, sie werde sich nicht äußern. Erklärt hat sie sich auch der Verwaltung gegenüber nicht, wie Hauptamtsleiterin Irina Baumbusch berichtet: „Muss sie aber auch nicht tun.“ Zurückzuführen sei der Wechsel sicherlich darauf, dass es Misstöne gab. „Die komplette letzte Zeit war schwierig. Der Wahlkampf war am Ende nicht mehr fair und hat zu einer Spaltung des Gemeinderats geführt. Jetzt heißt es: Die Arschbacken zusammenzukneifen und wieder zueinander zu finden“, so Baumbusch. Auf einen gemeinsamen Weg hoffen auch Thomas Bausch und Oliver Kämpf, der bilanziert: „Es gibt viel Unmut in Beilstein. Ich dachte, wir können nach vorne schauen, die Reaktion befriedigt das Ganze aber nicht. Kalt den Stecker zu ziehen, steht ihr nicht gut zu Gesicht.“


Die Folgen des Wechsels?
Die Gemeinderatswahlist eine Persönlichkeitswahl. Die Mitglieder können sich in Fraktionen zusammenschließen, müssen das aber nicht. Die Räte unterliegen zudem keinem Fraktionszwang, sondern können nach freiem Willen entscheiden. Sie können also jederzeit aus einer Fraktion austreten und parteilos beziehungsweise unabhängig weitermachen  oder wie im Falle von Brigitte Kobiela  auch während der Amtszeit die Fraktion wechseln. In Beilstein hatte die Bürgerliste   bislang vier Sitze und künftig einen Sitz weniger. Die Initiative verfügt damit ab sofort über drei  Sitze. „Das kann zu Verschiebungen in verschiedenen Ausschüssen führen“, erklärt Irina Baumbusch, die Leiterin des Beilsteiner Hauptamts. Denn: Nach der Wahl 2019 hatten die Fraktionen eine Einigung darüber erzielt, welche Fraktion wie viele Sitze in einem der Ausschüsse erhält. „Nun müssen wir in Gespräche mit den Fraktionssprechern gehen und besprechen, was deren Ansinnen ist. Ist eine Neubesetzung gewünscht, dann müssen wir das auch tun“, erklärt die Beilsteiner Hauptamtsleiterin.

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