Junge Liebe: Ulla (Elisa Schlott) und Tommy (David Schütter) Foto: WDR/UFA/Willi Weber

Der Dreiteiler „Unsere wunderbaren Jahre“ in der ARD nach dem Roman von Peter Prange erzählt eine fesselnde epische Geschichte aus dem deutschen Wirtschaftswunder.

Stuttgart - Die Nachkriegsjahre sind schon allein wegen ihrer Widersprüchlichkeit ein faszinierender Filmstoff: eine Zeit des Aufbruchs, in der die Menschen voller Elan nach vorn schauen wollten, während die Vergangenheit noch auf ihnen lastete. In seinem Roman „Unsere wunderbaren Jahre“ hat der Autor Peter Prange dieser Epoche wie auch seiner sauerländischen Heimatstadt Altena ein Denkmal gesetzt. Der Titel bezieht sich nicht nur aufs Wirtschaftswunder: Damals war die Welt noch übersichtlich.

Persilschein und Stacheldraht

Hauptfiguren der Geschichte sind die drei Töchter des Metallfabrikanten Eduard Wolf, die für typische Lebensentwürfe jener Jahre stehen. Das erinnert ein wenig an den gleichfalls von der UFA Fiction produzierten ZDF-Dreiteiler „Ku’damm 56“. Allerdings erzählt „Unsere wunderbaren Jahre“ vor allem dank der Figur des Patriarchen eine ungleich umfassendere Geschichte: Wolf gilt als Mann mit weißer Weste, der zudem einen jüdischen Apotheker vor den Faschisten gerettet hat.

Trotzdem ist es auch für ihn 1948 nicht leicht, an Aufträge zu kommen; seinen Arbeitern kann er nur einen Hungerlohn zahlen. Notgedrungen lässt er sich auf einen Handel mit dem zwielichtigen Geschäftsmann Walter Böcker (Hans-Jochen Wagner) ein: Der frühere Waffenhersteller hat wegen seiner Nazi-Vergangenheit keinen „Persilschein“ bekommen, wird aber dank der Beziehungen zu alten Kameraden den Auftrag für die Produktion der neuen D-Mark erhalten. Der Fabrikant macht Böcker zum Teilhaber, es geht wieder aufwärts. Doch dann wird Wolf angezeigt, während des Krieges Stacheldraht für ein Vernichtungslager produziert zu haben. Böcker, der die Produktion ohnehin auf Munition umstellen will, wähnt sich am Ziel, hat die Rechnung aber ohne die Schwestern gemacht.

Drei Töchter mit eigenem Kopf

Roman und Film bilden eine clevere Mischung aus Fiktion und Fakten; die D-Mark-Rohlinge zum Beispiel sind tatsächlich in Altena hergestellt worden. Auch das Zeitgefühl ist gut getroffen: Die einen leben den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Aufbruch, die anderen singen in der Kneipe immer noch Nazi-Lieder. Geschickt wird der historische Hintergrund mit dem Schicksal der Töchter verquickt.

Die jüngste, Ulla (Elisa Schlott), ist Papas Liebling und soll dereinst seine Nachfolge antreten. Dass sie sich auf eine Liebelei mit dem Arbeiter Tommy (David Schütter) einlässt, gefällt ihm allerdings gar nicht. Ulla hat zudem andere Pläne: Sie will Medizin studieren. Die durch ein Kriegserlebnis traumatisierte Gundel (Vanessa Loibl) wäre mit ihrem klaren Blick für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge ohnehin die geeignetere Nachfolgerin, aber Wolf nimmt sie nicht ernst. Schwarzes Schaf des Trios ist Margot (Anna Maria Mühe). Ihr gilt die ganze Verachtung des Vaters, denn sie hat einen hochrangigen SS-Mann geheiratet.

Ausnahmslos vorzüglich

Dank der großzügigen Erzählzeit von 270 Minuten können sich die Charaktere in all’ ihrer Komplexität entfalten. Das gilt auch für die männlichen Nebenrollen. Selbst Böcker ist keine rein böse Figur. Es ist der Facettenreichtum der Geschichte wie der handelnden Personen, der „Unsere wunderbaren Jahre“ zum fesselnden Fernsehereignis machen, zumal gerade die drei Frauen unerwartete Entwicklungen durchlaufen. Beeindruckend ist auch die Ausstattung: K. D. Gruber hat dafür gesorgt, dass die später Vierziger und frühen Fünfziger zum Leben erwachen.

Regie führte Elmar Fischer. Der mit einigen schwungvollen Kamerafahrten versehene und in ein stellenweise fast verklärend schönes Licht getauchte historische Dreiteiler (Bildgestaltung: Felix Novo de Oliveira) ist seine bislang größte Herausforderung und neben dem Überwachungs-Thriller „Unterm Radar“ (2015) sicherlich seine beste Arbeit. Das Ensemble ist ausnahmslos vorzüglich, aber Elisa Schlott und David Schütter zeigen, warum sie zu den interessantesten Schauspielern ihrer Generation gehören.

ARD,
18., 21. und 25. März, jeweils 20.15 Uhr; in der Mediathek des Senders bereits jetzt komplett abrufbar.