Szene aus der neuen Tanzproduktion „Show Down“, die im Theater Rampe am 29. September die Spielzeit eröffnet Foto: Rampe/Alexander Wunsch

Wer hat das Recht auf Bühne? Das Theater Rampe sucht den Dialog mit der nächsten Generation und diskutiert über Machtstrukturen und Möglichkeiten der Teilhabe.

Stuttgart - Nach Zwangspause mit Rückzug auf digitale Formate startet das Theater Rampe voller Hochgefühl in die neue Saison. „Tage der Euphorie“ lautet ihr Motto, ihr Ziel ist, Kontakt aufzunehmen: zum Publikum, zu den Jüngeren, wie Intendantin Martina Grohmann bei der Spielplankonferenz erläuterte: „Wir haben große Sehnsucht nach Körper, nach Sinnlichkeit und danach, Theater wieder im realen Raum zu erleben.“

Zur Eröffnung gibt’s Livemusik, auf alle Fälle wird an diesem Mittwoch auf der Bühne getanzt: „Show Down“ heißt der Startschuss zu einer Trilogie von Nicki Liszta, die sich der Geschichte des Menschen von der Urzeithöhle bis zum Untergangsszenario widmet. Das Solo zum Auftakt sei eigentlich ein Gruppenstück und könne jede und jeder aus dem Ensemble tanzen, sagt Isabelle Gatterburg aus Lisztas Team, „es ist persönlich und steht doch für den Prototyp Mensch“. Der zweite Teil folgt im Februar, der dritte im März als Koproduktion mit dem Studiengang Figurenspiel im Wilhelma-Theater.

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Am 3. Oktober darf Amir Shpilmans Livesinfonie „Circles“ mit vielen Chorsängern und mehr als einem Jahr Verspätung den Pariser Platz erobern. „Wir wollen den öffentlichen Raum als Ort der Begegnung und des Sozialen wieder in Besitz nehmen“, so Grohmann. An die Zeit, als digitale Projekte die Rampe durch die Lockdowns brachten, erinnert das „Tools“-Festival. Wegweisende Produktionen sind eingeladen. „Es geht um die Frage nach der Erweiterung der theatralen Räume“, erläutert Marie Bues, die fortan nicht mehr als Co-Intendantin, sondern als Hausregisseurin antritt. Als solche wird sie „Verfahren“, Kathrin Rögglas NSU-Prozessstück, im April inszenieren.

Ob Festivals, Gastspiele oder Nachbarschaftstheater: Dialog gibt in der Rampe den Ton an. „Wer hat das Recht auf Bühne?“, diese Frage, so Grohmann, ziehe sich durch. So soll ihr und Bues 2023 endender Vertrag mit einem schon jetzt transparent gemachten Transformationsprozess dazu anregen, über alternative Leitungsmodelle, Machtstrukturen und Öffnung im Sinne von Teilhabe und Diversität zu diskutieren.

Info

Wechsel
Das Theater Rampe startet in veränderter personeller Konstellation in die neue Saison: Marie Bues wird dann nicht mehr als Intendantin neben Martina Grohmann das Theater leiten. „Ich trete aus der direkten organisatorischen Leitung zurück, bleibe aber als Hausregisseurin dem Theater erhalten“, sagte sie auf der Rampe-Spielplankonferenz per Video zugeschaltet. Da Marie Bues bereits in der Vergangenheit oft auswärts Regie führte, ist die Konzentration der Theaterleitung auf Grohmann und Geschäftsführerin Franziska Stulle nur ein formaler Akt, „ein bescheidener Wechsel“, so Grohmann.

Abschied
Radikaler werden die Veränderungen 2023 ausfallen: Marie Bues und Martina Grohmann werden ihre dann auslaufenden Verträge nicht verlängern. Vor dem Hintergrund der Diskussion über Machtstrukturen im Theater soll der Wechsel als „transparentes Modell“ gestaltet werden, um im Sinn von Teilhabe und Diversität für mögliche Bewerbungen auch Menschen „außerhalb der Theaterblase zu erreichen“.