Im Innenhof des Schlosses Beilstein wollten 70 Männer und Frauen das Ensemble Tango Sí! hören. Foto: Avanti/Ralf Poller

Das Ensemble Tango Sí! begeisterte beim ersten Kulturibo-Konzert des Jahres das Beilsteiner Publikum. Die Sehnsucht nach Kultur war bei den Zuhörern groß.

Beilstein - Ein Frühsommerabend, der keine Wünsche offen lässt sowie das zauberhafte Ambiente des Innenhofes im Schloss Beilstein, bildeten die perfekte Kulisse für die erste Veranstaltung des Kulturvereins Oberes Bottwartal in diesem Jahr. Mit welcher Sehnsucht die Besucher auf kulturelle Angebote gewartet haben, zeigte sich darin, wie rasch das Kartenkontingent vergeben war.

Für immerhin 70 Gäste wurde der Innenhof bestuhlt, weitere Stühle standen für die Helfer bereit; eine Beschränkung, die dem Abstandsgebot von 1,50 Metern geschuldet ist. Dass sie bei der Vorbereitung durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen war und das Openair-Konzert „eine schwere Geburt war“, machte die Vorsitzende Monika Streicher bei der Begrüßung deutlich. Glücklicherweise jedoch hatten sich die gesetzlichen Corona-Auflagen bis zum Sonntag erheblich abgeschwächt: ohne Testpflicht kamen die Anwesenden in den Genuss, das Konzert mit dem Ensemble Tango Sí! aus Stuttgart live zu erleben.

Verein zeigt Mut und Risikobereitschaft

Die fünf Musiker nahmen dabei Astor Piazzolla – „den Begründer des Tango Nuevo, der „den Jazz mit geräuschhaften Elementen bestückt hat “ – in den Fokus. Dieses Jahr würde Piazzolla seinen 100.  Geburtstag feiern. Der mit 71 Jahren verstorbene Künstler habe zu Lebzeiten Morddrohungen bekommen, „weil manche Leute ihm vorgeworfen hatten, den heiligen Tango verändert zu haben“, sagt die Gründerin des Quintetts, Karin Eckstein. Ihr persönlicher Witz und der trockene Humor in der Moderation, gepaart mit dem Hintergrundwissen, setzen bei den Konzerten bezaubernde Akzente.

Dass mit den hervorragenden äußeren Bedingungen auch ein grandioser Musikgenuss den Abend krönte, kann durchaus als Genugtuung für den Verein verstanden werden, der mit seiner Entscheidung für das Konzert, Mut und die Risikobereitschaft gezeigt hat. Eigenschaften, für die sich Karin Eckstein, die einen Förderantrag für die Veranstaltung gestellt hatte, explizit bedankte.

Die Beine der Zuhörer zucken

Ihr authentisches Tango Argentino-Instrument, das Bandoneon, zauberte schließlich flugs die Hafenkneipen-Stimmung von Buenos Aires in den Innenhof. Gemeinsam ließ das Ensemble mit seinen prächtig ausgeführten, lustvoll gespielten Arrangements, die Beine der Zuhörenden zucken und offenbarte den Facettenreichtum dieser musikalischen Stilrichtung. Piazzolla-Klassiker wie der Libertango, die Stücke „Prepárense“ und „Revirado“ oder auch das „Concierto para quinteto“, ein elegantes Paradestück, das „der barocken Konzerttradition folgt“ und eine enorme instrumentale Vielseitigkeit zum Ausdruck brachte, boten die erquickliche Grundlage dafür, dass Eckstein und ihre Ensemblekollegen Christiane Holzenbecher (Violine), Israel Vázquez (Gitarre), Sarah Umiger (Klavier) und der Kontrabassist Florian Bony, ihr Können vor dem Publikum vollendet ausbreiteten.

Auch die „Aire de la zamba niña“ – ein anrührend melancholischer Dialog von Geige und Klavier – folgte dieser Intention: Aber auch das Umfeld des legendären Tango-Komponisten wurde erfolgreich beleuchtet. Etwa mit der Milonga „Nocturna“ von Julián Plaza, wo besonders auch das Klavier zur Hochform auflief oder mit Emilio Balcarces „La Bordona“. Bei Piazzollas „Zita“ allerdings spuckte der quirlige Bandwurm Karin Ecksteins geradezu Feuer. Gleichermaßen wie bei dessen musikalischer Version des Frühlings: Primavera porteña.