Alkohol hatte erheblich zur Eskalation der Situation beigetragen. Foto: Archiv (dpa/Axel Heimken)

Ein 56-Jähriger und ein 23-Jähriger sind in einer Wohnung in Steinheim in Streit geraten. Nachdem die Zechkumpanen zunächst verbal ausfällig wurden, flogen schließlich auch die Fäuste – bis der Ältere plötzlich ein Springmesser zückte.

Steinheim - Was als ganz harmloses Treffen begonnen hatte, endete als eine gefährliche Körperverletzung. Eine Zechrunde im Mai des vergangenen Jahres in Steinheim war durch Alkohol- und Drogeneinfluss stark aus den Fugen geraten. Ein 56-Jähriger und ein 23-Jähriger waren dabei aneinandergeraten. Die Auseinandersetzung begann mit wechselseitigen Beleidigungen, eskalierte dann jedoch, wobei der Ältere der Kontrahenten zunächst mit einem Springmesser auf den jüngeren Mann losging, der seinerseits den Angreifer attackierte und ihn mit Tritten gegen den Kopf verletzte. Vor dem Amtsgerichts in Marbach mussten sich die beiden Streithähne am Donnerstag nun wegen gefährlicher Körperverletzung, aber auch wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz verantworten.

Normalerweise trinke er nicht so viel

Laut der Anklage war an dem Mai-Tag der Jüngere der Beiden gegen Mitternacht in die Wohnung eines Bekannten in Steinheim gekommen. Dort war bereits der Ältere gemeinsam mit Zechkumpanen beim Trinken. Die beiden Angeklagten gerieten zunächst verbal in Streit.

Plötzlich zog der 56-Jährige dann aber sein Springmesser und verletzte damit den 23-Jährigen an der Hüfte. Der wehrte den Angreifer mit Schlägen und Tritten ab, rang ihn zu Boden und trat mehrmals auf den Kopf des Älteren ein. „Es stimmt, was der Staatsanwalt vorgelesen hat“, so der gelernte Gipser, der vor 40 Jahren aus seiner Heimat Italien den Eltern nach Deutschland gefolgt war und seitdem hier lebt und arbeitet. „Der Junge hat mich und meine Familie beleidigt“, erzählte er. „Als Kalabrese bin ich da ausgeflippt“, räumte der 56-Jährige ohne Umschweife ein. Normalerweise trinke er auch nicht so viel wie an diesem Abend.

Missverständnis führt zu Streit

„Ich hatte ein Date mit meiner Freundin und erzählte den Jungs von der schönen Italienerin“, erläuterte der 23-Jährige seine Sicht. Da habe der Andere etwas falsch verstanden und gedacht, es gehe um seine Tochter. Ja, gab er zu, er habe ihn auch beleidigt und als er den Stich spürte und das viele Blut sah, war er geschockt. Der junge Mann, der bereits Erfahrungen mit Gerichten gesammelt hatte, räumte ein, den 56-Jährigen erst geschlagen zu haben, und als dieser bereits auf dem Boden lag, noch zweimal auf ihn eingetreten zu haben. Die Bilanz: Der junge Mann trug von der Fleischwunde eine Narbe davon, der Ältere erlitt Prellungen am Kopf.

Suchtberatung und Anti-Aggressionstraining

Der Bericht seiner Bewährungshelferin rettete den jungen Mann, der gerade eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger macht, vor einer härteren Strafe. Seit einer Verhandlung im Juli 2019 habe es bei ihm Klick gemacht; er kümmere sich um seine Angelegenheiten, sei in der Suchtberatung wegen des Alkohols und habe ein Anti-Aggressionstraining hinter sich. Seine Freundin habe ebenfalls einen positiven Einfluss auf ihn. Auf dieser Grundlage stellte das Gericht in Einklang mit der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen ihn mit der Auflage, 50 Stunden gemeinnützige Arbeit zu absolvieren, ein.

Springmesser war eine Überreaktion

Im Fall des 56-Jährigen war sich das Schöffengericht einig, dass der Jüngere diesen sehr wohl provoziert hatte, bevor die Sache eskalierte. Angesichts der körperlichen Überlegenheit des Jüngeren habe der Italiener keine Chance gehabt, sich mit Fäusten zu wehren. Mit dem Springmesser, das juristisch eine verbotene Waffe darstellt, „haben Sie allerdings überreagiert“, so die Richterin Ursula Ziegler-Göller. Das Gericht sah in dem Angriff keinen minder schweren Fall und verurteilte den 56-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten auf Bewährung. Darüber hinaus wird er einem Bewährungshelfer unterstellt und muss ein Anti-Aggressionstraining absolvieren. Die Staatsanwaltschaft hatte zehn Monate beantragt, verzichtete aber ebenso wie der Angeklagte auf das Einlegen von Rechtsmitteln.