Der Vollernter hebt den Baum mal kurz durch die Luft – es wirkt federleicht. Anschließend schneidet er den Stamm in Stücke. Foto: KS-Images.de/Karsten Schmalz

Der Borkenkäfer stellt eine große Gefahr für den Wald im Osten des Landkreises dar.

Steinheim - Die einen verbringen ihren Urlaub am Meer, andere gehen in die Berge. Jürgen Weis jedoch steht im Wald. An sich ja auch ganz nett – wäre dies nicht sein normaler Arbeitsplatz. Der Revierförster, aktuell eigentlich im Sommerurlaub, kann derzeit jedoch gar nicht anders. „Wir sind zwar nicht im Katastrophenmodus wie andernorts, aber im Krisenmodus“, erklärt er und fügt an: „Wir kämpfen an verschiedenen Fronten, da kann ich nicht Urlaub machen“. Da sei zum einen das Eschentriebsterben, zum anderen die Ahornrussrindenkrankheit – und dann noch der Borkenkäfer. Letzterer ist für den derzeitigen Ausnahmezustand im Hardtwald und Jürgen Weis’ verpatzten Urlaub verantwortlich.

„Borkenkäfer gibt es schon immer. Aber momentan nimmt die Population ein Ausmaß an, das nicht gesund ist. Wie bei Gift heißt es: Die Dosis ist entscheidend“, erklärt der Revierförster, dem wichtig ist zu erklären, warum derzeit im kompletten Waldgebiet im Kreis Fichten gefällt werden. „Wir machen das nicht aus Willkür, sondern um den Wald zu retten.“ Denn: Ist ein Baum einmal von Borkenkäfern befallen, dann ist ihm nicht mehr zu helfen. Er stirbt. „Um ein Übergreifen auf die umliegenden Bäume zu vermeiden, müssen wir ihn entfernen“, erklärt Weis.

Das Dramatische: Es sind keine Einzelfälle mehr wie in der Vergangenheit, die Jürgen Weis und sein Team umtreiben. Der letztjährige lange Sommer hat schlimme Auswirkungen. Das wird bei einem Waldbesuch ziemlich schnell deutlich. Die Forstwirte kämpfen mit aller Macht und großen Geräten gegen das Waldsterben, für das der Borkenkäfer verantwortlich ist. Verschiedene Borkenkäfer-Hotspots haben der Revierförster und sein Team beim Durchforsten in den vergangenen Tagen ausgemacht und in einer Karte vermerkt. Eine Kopie dieser Karte hat Marc Klunzinger von der Firma Kircher aus Spiegelberg-Nassach bekommen. Klunzinger ist Fahrer des Vollernters, der in diesem Jahr so stark gefragt ist wie nie. Denn: Das Spezialgerät, mit dem den Fichten und damit dem Borkenkäfer schnell zu Leibe rücken kann, ist enorm teuer. Für einzelne Gemeinden zu teuer.

„Deshalb engagieren wir diese Firma. Zum Glück konnten sie recht kurzfristig den Vollernter schicken, denn beim Borkenkäfer ist es wichtig, schnell zu reagieren. Innerhalb von sechs Wochen sollte man die Tiere finden, den Stamm aufarbeiten und abschaffen“, sagt Jürgen Weis, der mit seinem Team bereits im Mai die ein oder anderen befallenen Bäume abgeholzt hat. „Bei der Menge, die es jetzt aber zu entfernen gilt, ist das nicht mehr selbst zu bewältigen“, so der Revierförster. Nun muss also Marc Klunzinger ran.

Auf acht riesigen Reifen streift er am Donnerstag mit seinem Vollernter durch den Benninger Wald – immer auf der Suche nach den von Weis und seinen Mitarbeitern pink markierten Bäumen. Hat er einen gefunden, geht es ganz schnell. Kurz mit dem Gerät hingefahren, schnappt sich der Vorbau der Maschine einen Baum, fällt, dreht, entrindet und schneidet ihn innerhalb von ein paar Sekunden in Stücke. Zurück bleiben gehäutete Stämme, die im Anschluss an Waldwegen gesammelt werden. Weis und Co. protokollieren die Menge anschließend und rechnen die Festmeter aus, ehe die Stämme weiterverkauft werden. Viel Geld bekommt man derzeit jedoch nicht für den Festmeter – „die Lager sind überall voll“, sagt der Förster, dem dennoch nichts anderes übrig bleibt, als abzuholzen, will er den restlichen gesunden Bestand retten.

Ein bis zwei Wochen noch wird Marc Klunzinger mit dem Vollernter im Hardtwald unterwegs sein, bis alle Hotspots bearbeitet und die befallenen Bäume entsorgt sind. Der Förster rechnet mit rund 2000 Festmetern, die abgeholzt werden müssen. „Das Problem ist, dass wir momentan täglich davon überrascht werden, wie sich die Lage entwickelt. Das ist nicht toll. Aber wir müssen es nehmen, wie es kommt. So wie im Leben auch“, sagt Weis. An einer Stelle gingen er und sein Team am Donnerstag beispielsweise von drei befallenen Bäumen aus. Bei einer Begehung kurz bevor der Vollernter eintraf, waren es auf einmal 50. „Wir schauen jetzt noch einmal, ich gehe davon aus, dass wir am Ende so um die 70 Bäume an dieser Stelle fällen müssen“, erklärt Weis.

Klares Anzeichen für einen von Borkenkäfern besetzten Baum ist übrigens braunes Holzmehl, das sich am Fuße eines Baumes sammelt. „Sieht man das, weiß man, dass man nichts mehr machen kann“, erklärt der Profi. Dann hat sich der Käfer bereits eingenistet und Larven gelegt. Als einen seiner wichtigsten Mitarbeiter beim Finden der Patienten bezeichnet Weis übrigens den Specht. „Sitzt ein Specht an einem Baum und sucht, dann kann man ebenfalls davon ausgehen, dass hier der Borkenkäfer haust.“

Regnet es, hilft das den Bäumen. „Die letzten zwei Wochen mit rund 130 Litern Regen waren deshalb Balsam für den Wald“, sagt Jürgen Weis. Denn durch das Wasser steigen die Abwehrkräfte eines Baumes, er kann wieder Harz produzieren. Und dieses hilft gegen die Schädlinge. Ebenso wie die aktuelle Abholzaktion im Hardtwald – auch wenn sie Jürgen Weis im Herzen weh tut. Urlaub hin oder her.