Foto: Werner Kuhnle

Fertig gekaufte Insektenhotels sind oft mangelhaft, aber Selbermachen ist gar nicht so schwer.

Steinheim - Immer mehr Menschen hängen in ihren Gärten oder auf ihren Balkonen sogenannte Insektenhotels auf. Besorgt von den Meldungen über das Insektensterben, wollen sie etwas Gutes tun und den bedrohten Tieren, allen voran den Wildbienen, eine Nist- und Überwinterungsmöglichkeit bieten.

Die Auswahl an solchen Insektenwohnungen ist groß. Auch Baumärkte und Discounter haben das Geschäft für sich entdeckt und bieten zahlreiche nett anzusehende Häuschen mit Füllmaterial wie Kiefernzapfen oder Holzwolle. Doch was für uns Menschen so hübsch aussieht, ist für die Insekten oft nutzlos und wird gar nicht angenommen. Besser ist es, ein Insektenhotel selber zu bauen – und das ist auch gar nicht so schwer, wenn man weiß, worauf man achten muss. Selbst Kinder können dabei mithelfen und freuen sich dann im kommenden Frühjahr umso mehr, wenn im Garten oder auf dem Balkon reger Flugbetrieb herrscht.

Der Steinheimer Reiner Meichelbeck hat schon vor einigen Jahren, bevor der Boom so richtig losging, solch ein Insektenhotel selber gebaut. „Insekten faszinieren mich einfach“, erklärt er. „Vor allem die Solitärbienen, die sind die ersten im Frühjahr und bestäuben Kirschbäume und andere Frühblüher.“ Denn anders als die Honigbienen können Wildbienen schon bei Temperaturen unter 12 Grad fliegen. Und sie leben auch nicht in Staaten, sondern meistens allein. Ihre Bestäubungsleistung steht denen der Honigbienen aber in nichts nach. Bis zu 5000 Blüten bestäubt eine Wildbiene täglich.

Doch die nützlichen Tiere, zu denen außer Hummeln beispielsweise auch die auffällige Gehörnte Mauerbiene oder die Rote Mauerbiene, das Insekt des Jahres 2019, gehören,sind gefährdet. Viele sind schon ausgestorben, und von den etwa 500 noch in Deutschland lebenden Arten steht mehr die Hälfte auf der Roten Liste gefährdeter Arten. Denn anders als die vom Imker umsorgten Honigbienen füttert die Wildbienen niemand, wenn es in der Landschaft keine Blüten mehr gibt. Und manche der nützlichen Insekten sind zudem so hochspezialisiert, dass sie auf eine bestimmte Pflanzenart angewiesen sind. Auch die Nistplätze für Wildbienen und andere Insekten werden immer rarer. Totholz wird entfernt, Reisighaufen werden weggeräumt oder gar nicht erst aufgehäuft und verblühte Stängel im Garten ausgerissen, damit alles „ordentlich“ aussieht. Insektenhotels können da helfen. Zumindest dann, wenn sie richtig gebaut sind.

„Wichtig ist, dass man trockenes, unbehandeltes Holz nimmt“, erklärt Reiner Meichelbeck. Das gilt sowohl für das Holz, das den hausartigen Rahmen bildet – ein Rechteck oder Quadrat mit einer Rückwand und einem Dach darüber – als auch für das Scheitholz, das man als Füllmaterial nehmen kann. Gut geeignet sind beispielsweise auch leere Bambusröhrchen oder Schilfrohr. Meichelbeck hat aber, obwohl manche das kritisch sehen, auch gute Erfahrungen mit Alu- oder Kunststoffröhrchen gemacht: „Es funktioniert fast alles, die Wildbienen sind da nicht so wählerisch“, hat er festgestellt. Wichtig sei aber, dass Löcher oder vielmehr Röhren mit einem Durchmesser zwischen drei und zehn Millimeter zur Verfügung gestellt werden. Und wenn man die selber bohre, beispielsweise in Scheitholz oder auch in Stein, müsse man darauf achten, dass die Bohrungen glatt seien. „Vorne muss man manchmal noch mit einer Feile oder ein wenig Schmirgelpapier entgraten“, erklärt der Insektenfreund. Dabei geht es nicht um Schönheit, sondern darum, dass sich die Tiere sonst ihre zarten Flügel verletzen können.

Die Röhren sollten auf der Rückseite geschlossen sein. „Die werden von hinten nach vorne belegt“, erklärt Reiner Meichelbeck. Sprich: Die Wildbiene legt dort ein Pollen-Nektar-Gemisch ab, darauf kommt ein Ei, dann wird das Ganze mit einer Querwand verschlossen, bevor sie sich an die nächste Zelle macht. So arbeitet sich die Wildbiene Stück für Stück zum „Eingang“ hin, der auch verschlossen wird. „Ab da bleibt alles sich selbst überlassen, bis die jungen Wildbienen im zeitigen Frühjahr schlüpfen“, weiß der Steinheimer. Als Zeitaufwand für das selbstgebaute Insektenhotel nennt er „etwa zwei bis drei Tage nach Feierabend.“ Der größte Aufwand sei dabei das Bohren der Löcher. Um die Larven oder die jungen Wildbienen vor hungrigen Vögeln zu schützen, hat er noch ein Hasengitter an der Vorderseite des Insektenhotels angebracht. „Aber selbst, wenn vorne mal was angenagt ist, gibt es hinten noch genügend andere“, meint er. „Und vorne sind sowieso nur die Männer“, ergänzt er mit einem Grinsen.

Keinen Erfolg hatte er dagegen mit den Kiefernzapfen in der oberen Etage. „Die waren eigentlich für die Falter gedacht, aber ich glaube, das wurde nicht angenommen, zumindest habe ich nichts gesehen.“ Dass dagegen die Wildbienen sich über das schöne Zuhause freuen, kann er jedes Jahr im März und April neu beobachten: „Das Treiben ist schon immens“, freut er sich.

Solch ein Insektenhotel kann man übrigens auch ohne weiteres auf dem Balkon anbringen. Denn anders als Honigbienen sind viele Wildbienen gar nicht in der Lage zu stechen – und die anderen stechen nur bei akuter Bedrohung, beispielsweise, wenn man sie in die Hand nimmt und drückt.

So funktioniert's

Material – das hat Reiner Meichelbeck verwendet: unbehandeltes trockenes Hartholz; trockenes Scheitholz; Alu- und Kunststoffröhrchen; Schilfrohr; Steine; Hasenstallgitter; Leim; Schrauben.  Ebenfalls denkbar sind: hohle Bambusstängel; getrocknete, eventuell ausgehöhlte Holunderstängel; Backsteine; Lehm oder Ton . . . Der Fantasie sind kaum Grenzen gesetzt!
Werkzeug Bohrmaschine mit Holz- und/oder Steinbohrern; Säge; Feile oder Schmirgelpapier zum Glätten der Bohrlöcher.
Worauf man achten muss Saubere, glatte Bohrungen (sonst droht Verletzungsgefahr für die Wildbienen!) Im rechten Winkel zur Faserrichtung bohren, damit sich keine Risse bilden, in die Feuchtigkeit eindringen kann (sonst droht Pilzbefall!). Bambusstängel intakt und sauber geschnitten. Länge jeweils 10 bis 15 Zentimeter, hinten immer geschlossen. Durchmesser der Öffnung 3 bis  10 Millimeter.
Anbringung Das fertige Insektenhotel sollte an einer geschützten Stelle hängen oder mit einem Dach gegen Nässe ausgestattet sein. Wildbienen lieben einen warmen, sonnigen Platz (Süden, Südosten oder Südwesten). Gut befestigen, das Insektenhotel soll nicht im Wind schwingen. sar